Mit einem Paukenschlag läutete Deutschlands Nummer eins unter den Discountern Ende Juni eine neue Ära ein – knapp vier Monate später ist Aldi in der Realität angekommen. Im Alleingang wollte Aldi einen „Haltungswechsel“ zu mehr Tierwohl durchziehen. Das erklärte Ziel: Ab 2030 nur noch Frischfleisch der Haltungsform 3 und 4 in den Aldi-Theken. Ein Stufenplan sollte ausreichen als Anreiz für den Umbau der Höfe zu Außenklima, Auslauf oder Bio. Den Kunden versprach der Discounter „hochwertige Produkte zum günstigen Aldi-Preis“.
In der Realität angekommen
Jetzt ist der Discounter in der Realität angekommen und rudert angesichts von Genehmigungsproblemen beim Stallbau und preisbewussten Verbrauchern zurück. Stattdessen nimmt er die Politik in die Pflicht. In einem Positionspapier stellt Aldi klare Forderungen:
- zügig einen klaren rechtlichen Rahmen für die Transformation der Landwirtschaft vorlegen;
- finanzielle Perspektiven für Landwirte schaffen;
- Baurecht für Tierwohl-Ställe vereinfachen;
- verpflichtendes Haltungskennzeichen voranbringen;
- Errungenschaften der Initiative Tierwohl fortführen;
- Öko-Landbau fördern.
Neu in der Aldi-Strategie
Der Discounter setzt beim Haltungswechsel auf deutsche Ware und darauf, das ganze Tier zu vermarkten. Das ist bei Tierwohl umso wichtiger, da nur ein Viertel des Schweins als Frischfleisch verkauft wird. Allein damit kann der notwendige Tierwohl-Bonus nicht erwirtschaftet werden. Daher plant der Discounter, künftig mehr Teile der Schlachtkörper in Wurst-Eigenmarken oder in der Tiernahrung zu verwerten.
Der Staat muss helfen
Aldi sieht seinen Part beim Haltungswechsel in Abnahmeversprechen, langfristigen Vertragsbeziehungen und Finanzierung der Initiative Tierwohl. Von deutlich höheren Preisen in der Fleischtheke ist keine Rede. Ganz im Gegenteil: Das Unternehmen befürchtet einen Nachfragerückgang.
Die Kosten des Haltungswechsels reicht der Discounter elegant an die Politik weiter. Diese müsse für verlässliche Perspektiven für die gesamte Kette sorgen. Falls eine Abgabe erhoben wird, sollen alle Absatzkanäle, auch die Gastronomie, belastet werden.
Konkret fordert Aldi von der Bundesregierung finanzielle Planungssicherheit für umbauwillige Tierhalter in Form von einheitlichen und langfristigen Verträgen für jeden Betrieb. Als Finanzquelle sollen EU-Mittel aus der Gemeinsamen Agrarpolitik zielgerichtet für die Umstellung der Tierhaltung genutzt werden.
Fazit
Vollmundige Ankündigungen reichen nicht, um den Umbau der Tierhaltung zu stemmen. Jetzt appelliert Aldi an die Politik. So kurz kann der Weg von einer reinen Marktlösung zu einem Staatsmodell sein.
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