Basisrenten

Steuersparen ist ein Köder bei Rürup

Basisrenten nach dem Rürup-Prinzip für die Altersvorsorge locken mit Steuervorteilen. Doch die Verträge haben Tücken. Diese Familie hatte ein Angebot für ihre 23-jährige Tochter.

Die Werbetrommel für die Basis­rente nach dem Rürup-Prinzip wird kräftig gerührt. Auch Wochenblatt-Lesern flattern Angebote ins Haus. Landwirts­familie N. bekam neulich ein Angebot zur Altersvorsorge für ihre 23-jährige Tochter L.. Im Angbot wurde sehr verlockend mit Steuervorteilen geworben. Was die wenigsten wissen: Die Verträge haben Tücken. Einmal drin, kommt der Versicherte nicht mehr raus. Es sei denn, er kann dem Versicherer eine fehlerhafte Belehrung nachweisen.

Steuern sind später fällig

„Es klang nicht schlecht, was der Vertreter sagte“, erinnert sich Vater N. Vor allem die Aussage, dass die Beiträge steuerlich absetzbar seien, tat es ihm an. „Das ist ­tückisch“, warnt Andreas Mayer, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Mayer & Mayer Rechtsanwälte, Freiburg, und erläutert: „Der Versicherte vermeidet keine Steuern. Sondern es findet eine Steuerverschiebung statt. Der Versicherte muss nämlich später seine Rentenbezüge versteuern.“

Das war Vater und Tochter so nicht klar. Sie dachten, es wäre ein attrak­tives und kostengünstiges Angebot für die ausgelernte Hotelfachfrau zur Altersvorsorge. Anwalt Mayer erläutert die Masche dahinter: „Basisrenten wurden regelmäßig durch den Vertrieb mit dem Argument ,Steuersparen‘ beworben, um damit die Altersvorsorge durch den Abschluss einer privaten Rentenversicherung zusätzlich schmackhaft zu machen.“

Das Kapital steckt fest

Genauso wenig deutlich wird in den Verkaufsgesprächen vermittelt, dass Basisrentenverträge weder vererblich, noch übertragbar, beleihbar, veräußerbar oder überhaupt kapitalisierbar sind. „Einmal abgeschlossen, steckt das Kapital darin fest“, bringt Mayer es auf den Punkt. Anders als bei anderen Verträgen gibt es keinen Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes und auch kein Kapitalwahlrecht bei Rentenbeginn.

Vertrag widerrufen

„Was kann ich tun, wenn ich dringend Geld brauche, es aber im Vertrag feststeckt, und ich nicht kündigen kann“, fragt sich die 23-Jährige. Fachanwalt Mayer hört die Frage öfter und hat eine Antwort: „Bei sehr vielen Verträgen und bei allen Anbietern sind zahlreiche Fehler im Rahmen des Vertragsabschlusses vorgekommen, die als Begründung für die Rückabwicklung herangezogen werden können.“ Das Mittel zum Ausstieg aus Rürup-Verträgen heißt demnach Widerruf des Versicherungsvertrages, wenn etwa die bei Abschluss erteilten Informationen unvollständig oder fehlerhaft waren oder die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß war.

Das gilt für jede Vertragsgestaltung für Renten- und Lebensversicherungsverträge, egal, ob steuerlich gefördert („Riester“ oder „Rürup“) oder mit Zusatzversicherungen. Das Widerspruchs- bzw. Widerrufsrecht besteht in der Regel „ewig“.

Wieder flüssig sein

„Selbst wenn die Verträge bereits lange gekündigt oder beitragsfrei gestellt sind oder vor langer Zeit abge­schlossen wurden, kann eine Rückabwicklung erfolgen“, betont Mayer und nennt gleichzeitig den Vorteil für den Versicherungsnehmer: „Ist der Vertrag erst mal aufgelöst, gewinnt der Rürup-Sparer mit dem Kapital neue Liquidität und neue Anlagemöglichkeiten für sich. In der Regel kann zusätzlich zum ,Rückkaufswert‘ die Rückzahlung der Abschluss- und Vertriebskosten sowie der Verwaltungs­kosten verlangt werden – zur Not vor Gerich (siehe Kasten). Soweit wollen Vater und Tochter es nicht kommen lassen. Sie haben sich gegen die Basisrente entschieden.

Vom Grundsatz her sind alle Rürup-Verträge – herkömmliche und auch fondsgebundene Verträge – potenziell rückabwickelbar. (Bildquelle: kamiphotos/stock.adobe.com)

Allianz muss Rürup-Rente rückabwickeln: Die Allianz Lebensversicherung kassierte vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart eine empfindliche Niederlage und muss eine im Jahr 2009 bei ihr geschlossene Basisrente beenden. Das Pikante: Nach den Vertragsbedingungen war dieser Vertrag eigentlich nicht durch Kündigung auflösbar. Für den Kläger, der seinen Vertrag aufgrund fehlerhafter Informationen widerrufen wollte, sah es nicht gut aus. Denn das OLG Stuttgart war zunächst der Ansicht, dass die erteilten Informationen und Belehrungen noch als ordnungsgemäß und ausreichend anzusehen sind.Patrick Lau, Rechtsanwalt für Bank-und Kapitalmarktrecht sowie Ver­sicherungsrecht, Mayer & Mayer Rechtsanwälte, Freiburg, war vor Gericht anderer Ansicht und legte dar, dass die durch die Allianz Lebensversicherung erteilten Informationen als unvollständig und die Belehrung als fehlerhaft anzusehen sind. Und damit der erklärte Widerruf des Versicherungsnehmers wirksam ist. Seiner Argu­mentation schloss sich das OLG Stuttgart an. Damit ist die Allianz verpflichtet, den Vertrag zu beenden und den nicht um Abschluss- und Vertriebskosten geschmälerten Rückkaufswert des Vertrags einschließlich der Überschussanteile auszuzahlen.
„Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Allianz hiergegen Revision zum Bundesgerichtshof einlegte“, ergänzt Lau. Gleichwohl habe die Allianz jedoch wenige Tage nach Erlass des Urteils den ausgeurteilten Betrag von etwas mehr als 80   000 € nebst Zinsen ohne jeden Vorbehalt und ohne Sicherheitsleistung des Versicherungsnehmers bereits ausbezahlt.
Nach dieser Niederlage habe die Allianz nach Informationen von der Kanzlei Mayer & Mayer zudem in ­einem weiteren ähnlichen Verfahren vor dem OLG Hamm eine weitere Niederlage durch einen Vergleich abgewendet. „Die Allianz bot in unserem Verfahren an, den nach den Bedingungen nicht auflösbaren Vertrag nun doch zu beenden und den Rückkaufswert an die Versicherungs­nehmerin auszu­zahlen“, berichtet Lau über die ­Einigung vor dem OLG Hamm.

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