Das hätte Franz Mustermann* nicht gedacht: Nach dem Blick auf die jüngste Schlachtschweineabrechnung hatte sich der Mäster über die endlich mal wieder ansehnliche Summe an Euro gefreut, die er für seine Tiere erhalten hat. Aber dann rief sein Berater an und wollte mit ihm über die Schlachtgewichte sprechen.
Zu viele zu schwer
Die Auswertung der Schlachtabrechnung zeigte nämlich ganz deutlich, dass Mustermanns Schweine vom jüngsten Verkaufstermin im Schnitt deutlich zu schwer waren. Das mittlere Schlachtgewicht (SG) der Lieferpartie betrug 103,5 kg. Ein großer Teil der Schweine fiel damit aus dem Optimalbereich der Autofom-Abrechnungsmaske.
Weil bei diesen Tieren beispielsweise die Schinken und der Lachs schwerer waren, als vom Schlachthof erwünscht, gab es dafür weniger Indexpunkte (IXP) und letztendlich auch weniger Erlös. Obwohl Franz Mustermann mehr „Fleisch“ abgeliefert hat, erhält er also weniger Geld.
Damit befindet sich der Mäster allerdings in „guter Gesellschaft“. Ein Blick in die Übersicht 1 zeigt, dass 18 % aller in die Auswertung des Rheinischen Erzeugerringes eingeflossenen Schlachtschweine mehr als 100 kg SG aufweisen und damit den Optimalbereich der Sortierung verlassen. Konkret waren es 9840 von insgesamt 54 618 ausgewerteten Tieren.
Viel Geld „verschenkt“
Bei im Mittel 104 kg Schlachtgewicht betrug das Autofom-Schinken-Gewicht dieser Gruppe im Schnitt 20,3 kg und das Lachsgewicht im Mittel 8,2 kg. Damit erreichten die schweren Tiere durchschnittlich 0,965 IXP/kg SG, während die Schweine zwischen 88 und 100 kg SG mit 1,014 IXP/kg SG deutlich besser bewertet wurden.
Das schlägt sich spürbar im Erlös nieder: Die Schweine im optimalen Gewichtsbereich erzielten in der Endabrechnung gut 3 Cent mehr als die Basisnotierung (umgerechnet +3,06 €/Tier). Für die Schwergewichte erlösten die Mäster 8,32 €/Tier weniger als die Notierung. Das sind mehr als 10 € je Tier Differenz zwischen den beiden Gruppen!
Deutlich wird der Unterschied auch an einem Beispiel: In Übersicht 2 sind zwei praxisübliche Schweine (Hybridsau x Piétraineber-Anpaarung) gegenüber gestellt.
Schweine A wiegt 97,9 kg SG. Tier B bringt 99,5 kg SG auf die Waage. Während das erste Schwein jedoch bei den Autofom-Teilstücken überall den erwünschten Bereich „trifft“, liegt Schwein B durch den zu schweren Schinken und Lachs außerhalb der Systemgrenzen.
Dadurch gibt es weniger Indexpunkte für diese beiden wichtigen Teilstücke und insgesamt weniger IXP für den gesamten Schlachtkörper. Daran ändern auch der etwas leichtere und magerere Bauch von Tier B und dessen schwerere Schulter nichts.
Den Schinken im Blick
Im Endeffekt erlöst der Landwirt für das Schwein B trotz 1,6 kg höherem Schlachtgewicht beim aktuellen Preisniveau (zu Redaktionsschluss wurden 2,33 €/IXP notiert) 9,79 € weniger als für Tier A. Das zeigt, wie wichtig die Einhaltung der Systemgrenzen bei der Autofom-Vermarktung ist. Fast 50 % der Indexpunkte werden hier vom Schinkengewicht beeinflusst.
Deshalb sollte die Schinkenausprägung bei der Sortierung zum Verkauf unbedingt berücksichtigt werden: Fleischbetonte Herkünfte (Piétrainvater) erreichen das optimale Schinkengewicht nämlich in der Regel eher als wachstumsbetonte Duroc-Nachkommen; weibliche Tiere zudem etwas schneller, als Börge.
Ziel der Vermarktung sollte es sein, möglichst mehr als 90 % der Verkaufsschweine in den optimalen Bereich der Abrechnungsmaske zu bringen, um zumindest den Basispreis zu erlösen. Dafür dürfen die Schweine nicht zu leicht sein (<88 kg SG, siehe Übersicht 1). Vor allem sollten sie aber nicht zu schwer werden, wie unser Beispiel in Übersicht 2 veranschaulicht: Zu schwere Schweine mit zu hohen Teilstückgewichten werden extrem abgestraft.
Dazu noch das Futter
Zum Erlösnachteil kommen noch die höheren Futterkosten. Schließlich haben die schweren Schweine sich ihre Kilos oberhalb des Optimalgewichtes ja mit zusätzlichen Endmastfutter angefressen. Und in den hinteren Mastabschnitten nehmen die Schweine zwar weiterhin gut zu. Die Futterverwertung wird aber zunehmend schlechter. Das hat unter anderem ein Düsser Exaktversuch aus dem Jahr 2019 gezeigt (veröffentlicht in Wochenblatt-Ausgabe 3/2019).
Im Gewichtsabschnitt oberhalb von 125 kg Lebend- bzw. 100 kg Schlachtgewicht sind demnach für 1 kg Zuwachs mindestens 3,3 bis 3,5 kg Futteraufwand zu kalkulieren (die niedrigeren Werte gelten für weibliche Schweine, die höheren für Börge). Werden die Schweine noch schwerer, steigt der Futteraufwand auf 3,8 bis 3,9 kg je kg Zuwachs (bei 140 kg Lebendgewicht).
Diese Zusammenhänge sind in Übersicht 3 eingeflossen, in welcher die Differenz aus den Erlösen sowie Futter- und Ferkelkosten bei verschiedenen Schlachtgewichten abgebildet ist.
Wie schwer verkaufen?
Die Erlöse verlaufen in einer Kurve und erreichen beim aktuellen Preisniveau ihren Höchstwert etwa bei 103 bis 105 kg SG. Das ist allerdings nicht das ökonomische Optimum, denn die Kosten steigen in den höheren Gewichtsabschnitten unter anderem aufgrund der schlechteren Futterverwertung immer weiter und „fressen“ die Vermarktungsspanne letztendlich auf.
Oberhalb eines Optimalbereichs zwischen etwa 94 und 98 kg SG wird die Erlösdifferenz zunächst geringer und später ab etwa 110 kg SG sogar negativ. Wer die Allgemeinkosten von 9 – 12 € pro Schwein für Tierarzt, Strom, Versicherung usw. in Ansatz bringt, erreicht sogar schon von 106 kg an rote Zahlen – wobei die Festkosten in dieser Rechnung sogar außen vor bleiben: Wenn die üblichen 25 € je Schwein für Lohnanspruch, Zinsen, Abschreibung usw. berücksichtigt werden, bleibt auch von den 30 € Erlösdifferenz im optimalen Gewichtsbereich kaum etwas übrig.
Bei der Kalkulation wurde übrigens mit einem mittleren Futterpreis von 38,50 €/dt gerechnet. Der aktuelle Tageseinkaufspreis liegt zwar etwa 3 – 4 €/dt darunter. Die meisten rheinischen Mäster haben sich jedoch bis zur Ernte mit Futter zu diesem Durchschnittskurs eingedeckt. Das muss jetzt erst einmal verfüttert werden, bevor mit eventuell günstigeren Preisen kalkuliert werden kann.
Unter den aktuellen Bedingungen sind die Landwirte also gut beraten, ihre Tiere nicht zu schwer werden zu lassen. Wie die Zahlen aus den Übersichten zeigen, geht sonst der Erlös zurück – vor allem, weil die Schinken und Lachse zu schwer werden. Da kommen schnell 10 € je Schwein zusammen.
Hinzu kommt das zusätzliche Futter: Jeden Tag fressen die schweren Schweine rund 3 kg Futter. Das sind 1,16 € pro Tag oder fast 10 € je Woche. Pro Schweine summiert sich der Unterschied damit auf rund 20 €.
Trotz höherer Vorkosten und etwas mehr Arbeitsaufwand kann es sich deshalb lohnen, die Schlachtschweine häufiger in kleineren Partien zu vermarkten. Dann erreichen mehr Tiere den Autofom-Optimalbereich und einen höheren Erlös je kg SG. Das sollte auch in Zeiten mit hohen Auszahlungspreisen nicht außer Acht gelassen werden.
Was bleibt festzuhalten?
Das aktuell hohe Preis- und Kostenniveau ist nämlich ein starker Hebel: Kleine Fehler aber auch Verbesserungen im Management zeigen schnell und spürbar Wirkung. Das betrifft den Erlös, wo jeder zusätzlich realisierte Indexpunkt aufgrund einer besseren Sortierung aktuell 2,33 € einbringt.
Das gilt aber auch für die Kostenseite, wo eine zusätzliche Woche Mast pro Schwein bei 3 kg Tagesverzehr schnell mit rund 10 € Futterkosten zu Buche schlägt.
Die Landwirte tun also gut daran, ihre Schlachtabrechnungen zeitnah und genau zu kontrollieren sowie ihr Verkaufsverhalten regelmäßig zu hinterfragen. Es gilt, das betriebsindividuell optimale Schlachtgewicht unter Erlös- und Kostengesichtspunkten auszuloten.
Das Optimalgewicht ist jedoch kein starrer Wert. Es variiert ja nach Genetik, Schweinepreisniveau und Abrechnungsmaske sowie Ferkel-, Futter- und sonstigen Kosten. Rechnen Sie einmal durch, wo das Optimum in Ihrem Fall zurzeit liegt. Es lohnt sich!
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* Name geändert
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