Schon 2016 hatte der Landwirt mit 35 ha Grünland und 20 Mutterkühen seinen Führerschein abgeben müssen. Als er 2020 jedoch den Anruf eines Bekannten erhielt, der gesehen hatte, dass einige seiner Kühe ausgebrochen waren, im angrenzenden Bachlauf und nahe einer Bundesstraße umherliefen, bestieg der Mutterkuhhalter sofort seinen 40-km/h-Schlepper und fuhr zur 600 m entfernten Weide, um die Tiere einzufangen und den Elektrozaun zu reparieren. Am Abend vorher hatte er allerdings die erfolgreiche Strohernte mit einigen Freunden und ein paar Bier gefeiert und noch ordentlich Restalkohol im Blut, wie eine später entnommene Blutprobe zeigte.
Durch Notlage erlaubt?
An der Wiese angekommen, rief er seine Tiere, die daraufhin sogleich zurückkamen und eingezäunt werden konnten.
Also noch mal alles gut gegangen? Nicht ganz. Das Amtsgericht Brilon verurteilte den Landwirt wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 15 €. Zudem sollte er für weitere eineinhalb Jahre keinen neuen Führerschein machen dürfen. Das wollte der Landwirt so nicht hinnehmen und ging in Berufung. Schließlich habe er aus einer Notlage heraus gehandelt: Er hätte schnell zur Weide kommen müssen, um zu verhindern, dass die Tiere auf die Straße liefen. Da er davon ausgehen musste, dass der Elektrozaun möglicherweise zu reparieren sei, brauchte er Werkzeug, das er nur im Trecker transportieren konnte.
Andere Möglichkeiten
Das überzeugte allerdings auch die Richter des Landgerichts Arnsberg nicht. So sei es schon fraglich, ob die Tiere später überhaupt auf die Straße gelaufen wären. Viel wahrscheinlicher wäre es laut Richter, dass sie im und am Bach geblieben wären, um daraus Wasser zu trinken. Zudem hätte der Landwirt auch einfach per Handy die Polizei rufen oder zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Weide fahren können, was wegen des direkteren Weges auch nicht länger als die Treckerfahrt gedauert hätte.
Immerhin: Da er voll geständig und möglicherweise unter Alkoholeinfluss nicht in der Lage gewesen war, die Situation richtig einzuschätzen, verzichteten die Richter auf eine noch härtere Strafe (Az. 3 Ns 19/21).