Mit den größer gewordenen Würfen steigt auch die für ein optimales Wachstum der Ferkel benötigte Milchmenge. Nach der Faustzahl „4,1 kg Sauenmilch ergeben 1 kg Gewichtszuwachs beim Ferkel“ müssten die Sauen in großen Würfen häufig 12 l und mehr Milch am Tag liefern. Das ist eine hohe Messlatte und große Herausforderung für den Landwirt, denn so viel Milch erfordert eine extrem gute Futteraufnahme.
Nach den Empfehlungen im aktuellen „Rechenmeister für eine effizientere Schweinefütterung“ der Landwirtschaftskammer NRW müsste eine 225 kg schwere Sau mit 12 bis 13 Saugferkeln dafür täglich 7 kg Laktationsfutter mit 13,2 MJ ME/kg fressen. Das schaffen etliche Sauen aufgrund verschiedener Einflussfaktoren nicht.
Schlüsselrolle für Leptin
Hierbei spielt der Stoffwechsel der Tiere, insbesondere das Hormon Leptin, eine wichtige Rolle. Dieses wird in den Fettzellen (Adipozyten) gebildet. Das auch als „Sättigungshormon“ bezeichnete Leptin ist im Zusammenspiel mit weiteren körpereigenen Drüsen und den von ihnen gebildeten Wirkstoffen auch an der Steuerung der Nahrungsaufnahme beteiligt. Es beeinflusst unter anderem den Appetit und damit die Futteraufnahme bis zur Sättigung.
Wie viel die säugenden Sauen zu fressen vermögen, hängt entscheidend von der Fütterungsintensität in der vorausgehenden Trächtigkeit ab. Ihr Appetit wird gebremst, wenn sie in der Tragezeit zu üppig gefüttert wurden und zu viel Körperfett angesetzt haben.
Das durch die Fettzellen überreichlich gebildete Sättigungshormon Leptin führt dann nämlich zur Minderung der Fresslust. In der Wissenschaft spricht man von einem „homöorethischen Regulationsmechanismus“ der Futteraufnahme in der Säugezeit. Das ist eine gefährliche Spirale: Bei laktierenden Sauen führt die phasenweise defizitäre Versorgung mit Energie und Nährstoffen aufgrund der zu geringen Futteraufnahme zu unerwünscht hohen Substanz- und Konditionsverlusten (Fett und Proteine).
Die Milchleistung bricht ein und die abgesäugten Sauen starten unter schlechten Vorzeichen in den Folgewurf. Letztlich sinkt dadurch sogar die Lebensleistung der Sauen.
Hitze vermeiden
Ein anderer Punkt ist das Klima im Abferkelstall. Säugende Sauen mögen keine hohen Temperaturen. Ist es in ihrem Aufenthaltsbereich zu heiß, fressen die Tiere weniger und die beschriebene Abwärtsspirale setzt sich in Gang.
Jede Erhöhung der Temperatur über den Wohlfühlbereich der laktierenden Sauen (18 bis 21 °C) hinaus reduziert ihre Futteraufnahme um 3,5 % je 1 °C. Das verringert die Milchleistung, wobei diese um 2,4 % pro 1 °C Temperaturerhöhung zurückgeht.
Die Tiere versuchen indessen, die fehlende Futterenergie durch Einschmelzen von Körperreserven auszugleichen: Sie mobilisieren während der Laktation Körperfett und Protein.
Das lässt sich nicht ganz verhindern, sollte aber im Rahmen bleiben. Toleriert werden bei Erstlingssauen etwa 10 kg Substanzverlust und bei Altsauen höchstens 20 kg (siehe Übersicht). Ansonsten steigt die Gefahr ungewollter frühzeitiger Abgänge.
Futter langsam steigern
Wichtig ist, dass die täglichen Futtermengen nach dem Abferkeln an das individuelle Aufnahmevermögen angepasst werden. Insgesamt nehmen die laktierenden Sauen heute zwar dank des züchterischen Fortschritts mehr Futter auf. Trotzdem gibt es vor allem bei Jungsauen weiterhin Grenzen.
Die Jungsauen sollten verhaltener angefüttert werden als Altsauen, sodass am elften Tag nach der Geburt rund 6,5 kg/Sau erreicht werden. Anschließend empfiehlt sich eine Sattfütterung mit täglicher Verzehrskontrolle.
Auf die Futteraufnahme säugender Sauen wirkt neben zu hohen Umgebungstemperaturen auch die „Extrawärme“ aus dem Stoffwechsel der Tiere selbst. Das gilt insbesondere für die Verdauung der Eiweißfuttermittel. Bei der Abbaustufe von der umsetzbaren Energie (ME) zur Nettoenergie (NE) wird nicht verwertbare Energie frei.
Dann fällt es den Tieren – insbesondere im Hochsommer – sehr schwer, diese Extrawärme aus dem Körper abzuführen, denn Schweine können nicht schwitzen. Die Wärmeabgabe geschieht über die Atemwege und wird durch das Hecheln gesteigert. Dabei leisten die Sauen Muskelarbeit und der pH-Wert steigt über 7,45. Der Körper wird also entsäuert. Man sprich von einer respiratorischen Alkalose.
Ziel sollte es sein, den Säure-Basen-Haushalt im Gleichgewicht zu halten und einen Rohproteinüberschuss sowie „Luxuskonsum“ an Eiweiß in der Ration zu vermeiden. Über gute Erfahrungen hierbei berichten unter anderem erfolgreiche Sauenhalter aus dem Rheinland. Sie setzen auf ein Säugefutter mit beispielsweise 84,5 % Futtergetreide (60 % Weizen; 22,5 % Gerste), 9 % HP-Sojaextraktionsschrot (46 % Rohprotein), 1,5 % Pflanzenöl, 4,5 % Mineralstoff- und Vitaminfutter sowie der Zulage von sechs essenziellen freien Aminosäuren und 0,5 % Säure-Mix.
Unterstützend können noch spezielle, von einigen Unternehmen angebotene „Drinks“ eingesetzt werden, welche – über das Tränkwasser verabreicht – die Futteraufnahme und -verwertung der säugenden Sauen verbessern sollen. In der Praxis werden mit den oben genannten Rationen tägliche Verzehrsleistungen von durchschnittlich 7 kg je Sau erzielt, die hohe Milchleistungen ermöglichen.
Praxistipps
Für eine hohe Futteraufnahme in der Säugezeit sind unter anderem folgende Punkte wichtig:
- Bei der Rationsgestaltung ist auf eine ausgeglichene Futterzusammensetzung zu achten. Bewährt haben sich besonders schmackhafte Futterkomponenten und saure Rationen. Der Rohfettgehalt kann bis auf 5 % erhöht werden.
- Gut sind kurze Fütterungsintervalle mit kleinen Portionen, mehrere Mahlzeiten am Tag und stets frisches Futter.
- Pellets werden von den Sauen häufig besser gefressen als mehlförmiges Futter.
- Feuchtes Futter sorgt für einen um bis zu 10 % höheren Verzehr gegenüber Trockenfutter.
- Die Futteraufnahme im Abferkelstall erhöht sich bei einer Beleuchtungsdauer von 16 Stunden und mehr.
- Eine zu geringe Partikelgröße kann Magengeschwüren Vorschub leisten. Die empfohlene Korngröße liegt bei 800 bis 900 Mikrometern.
- Mykotoxine wie Zearalenon und Deoxynivalenol (DON) sind im Auge zu behalten: Die Pilzgifte verringern die Futteraufnahme und können Fruchtbarkeitsstörungen verursachen.
- Überhöhte Gehalte an Calcium und Phosphor können das Futter ungenießbar machen.
- Den Sauen muss ständig reichlich hygienisch einwandfreies Wasser zur Verfügung stehen. Pro kg Futter sind 5 bis 8 l zu veranschlagen. An heißen Tagen mit maximalen Temperaturen über 30 °C nehmen Sauen bis zu 50 l Wasser und mehr auf.
- Die Tröge sind sauber zu halten (Hygiene).
- Die Temperatur im Abferkelstall sollte möglichst im Wohlfühlbereich zwischen 18 und 21 °C liegen.
- Eine gute allgemeine Tiergesundheit fördert den Futterverzehr der Sauen.
Lesen Sie mehr: