Eine eigene Photovoltaik (PV)-Dachanlage zu betreiben, rechnet sich in den allermeisten Fällen. Hohe Strombezugspreise, die zumindest gefühlte Gefahr eines Blackouts, aber auch die verbesserten Förderbedingungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2023 haben dafür gesorgt, dass eigener Sonnenstrom wieder interessanter geworden ist. Also schnell ran ans Dach und rauf mit einer PV-Anlage?
Vorlauf: mehrere Monate
Ganz so einfach ist es nicht. Zum einen sind die Wartezeiten lang: Allein die Erstellung eines Angebotes kann Wochen dauern und zwischen Auftragsvergaben und Installation vergehen dann oft noch einmal schnell neun bis zwölf Monate. Damit die Anlage passend auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtet ist und vor allem auch sicher und zuverlässig läuft, gilt es zudem einiges zu beachten. „Das fängt bei der Auswahl der individuell richtigen Anlagengröße an und geht bei der Entscheidung für oder gegen einen Batteriespeicher weiter“, sagt André Hannemann, Sachverständiger für Photovoltaik aus Everswinkel. Ganz wichtig, so der Experte, sind aber auch die richtige Abstimmung der Anlagenkomponenten (Wie müssen zum Beispiel Wechselrichter und Kabel ausgelegt sein?), die Statik des Daches und nicht zuletzt die handwerklich korrekte Ausführung des Bauvorhabens. „Viele Menschen nehmen viel Geld in die Hand, ohne genau zu wissen, was sie eigentlich brauchen“, warnt er und empfiehlt, sich im Zweifelsfall an einen unabhängigen Berater zu wenden. Doch schon bei der ersten, eigenen Planung gibt es viel zu beachten.
Dach: Ausrichtung, Lage und Genehmigung
Wie viel Strom eine PV-Anlage produzieren kann, hängt neben der installierten Leistung vom Standort, von der Ausrichtung des Daches und der Dachneigung ab. In NRW liegt der Anlagenertrag etwa zwischen 850 und gut 1000 kWh je installiertem kWp. Sie ist im Sauerland am niedrigsten und am Niederrhein am höchsten. Kilowattpeak (kWp) gibt dabei die unter standardisierten Laborbedingungen maximal erzielbare Leistung (Nennleistung) der Anlage an.
Dach: Neigung
Die nach den regionalen Begebenheiten höchste Anlagenleistung je kWp erzielen nach Süden ausgerichtete Dächer mit einer Neigung von 30 Grad. Nach Osten oder Westen ausgerichtete Anlagen sind zwar keine Ertragsspitzenreiter, haben aber oft den Vorteil, dass hier mehr Strom dann anfällt, wenn er in Haushalt oder Betrieb gebraucht wird. So können Betreiber auch ohne Installation eines Batteriespeichers mehr eigenen PV-Strom nutzen.
Je nach Dachneigung benötigt jedes installierte kWp zwischen 5 und 7 m2 Dachfläche. Die installierte Leistung in kWp multipliziert mit dem örtlichen Stromertrag je kWp ergibt den durchschnittlichen jährlichen Stromertrag. Rund 80 % des Stromertrages fällt dabei in den Monaten März bis September an.
Beschattung
Bei der Planung sollte der Blick auch auf eine mögliche Beschattung durch Gebäude oder Bäume im Jahresverlauf fallen. Diese kann einen bedeutenden Einfluss auf die Anlagenleistung haben. Liegt nur ein Modul innerhalb eines Strings im Schatten, sinkt die Gesamtleistung des Strings überproportional. Eventuell kann es deshalb ertragreicher sein, auf die Installation eines Moduls zu verzichten. Schließlich ist nicht die installierte Leistung, sondern der Stromertrag entscheidend.
In der Regel sind PV-Dachanlagen genehmigungsfrei. Allerdings müssen sie die vom jeweiligen Bundesland festgelegten baurechtlichen Bestimmungen erfüllen. Für den Bau einer PV-Anlage auf einem Denkmal braucht es in NRW grundsätzlich eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis. Sofern die Anlage keine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals darstellt, besteht allerdings grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis. Weitere Vorgaben kann jede Kommune in ihren regionalen Bebauungsplänen machen.
Möchten Sie prüfen, ob Ihre Dachfläche für Photovoltaik geeignet ist? Die Internetseite des Energieatlas NRW hilft.
Anlagengröße und Wirtschaftlichkeit
Mit Blick auf den Klimawandel müsste jede PV-Anlage so groß sein wie es das Dach eben hergibt. Ein Blick in den eigenen Geldbeutel kann zu einem anderen Ergebnis führen. PV-Strom lässt sich heute für unter 10 Cent/kWh produzieren – je größer die Anlage, desto günstiger. Eigenverbrauch rechnet sich also. Um eine geeignete Anlagengröße zu finden, müssen aber auch die Produktionskosten und die Erlöse für den eingespeisten Überschuss-Strom eingerechnet werden.
Folgende Faktoren haben Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit:
- der Anlagenpreis je kWp. Bei Anlagen bis 10 kWp liegt er heute etwa bei 1750 €/kWp. Mit zunehmender Anlagengröße sinkt er tendenziell.
- die Höhe und der Zeitpunkt des eigenen Stromverbrauchs (Lastgang) aktuell, aber auch in Zukunft: Ist etwa die Anschaffung eines Elektroautos oder einer Wärmepumpe geplant?
- der persönliche Strombezugspreis sowie die angenommene Entwicklung;
- die Höhe der EEG-Einspeisevergütung.
Förderung
Jeder muss individuell für sich abschätzen, rechnen und entscheiden. Tendenziell gilt: Kleine Anlagen, die nur auf den eigenen (Haushalts-)Stromverbrauch ausgelegt sind, sind in der Regel weniger wirtschaftlich als größere und Eigenverbrauchsanlagen sind wirtschaftlicher als Anlagen zur Volleinspeisung.
Gefördert werden PV-Anlagen in erster Linie über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Bei einer Inbetriebnahme bis Januar 2024 erhalten Anlagen zur Eigenversorgung bis 10 kWp für die Einspeisung von Überschussstrom eine Vergütung von 8,2 Cent/kWh, Anlagen bis 40 kWp 7,1 Cent/kWh und größere Anlagen 5,8 Cent/kWh. Dabei wird immer von unten angerechnet. Ein Beispiel: Eine 15-kWp-Anlage erhält danach für die ersten 10 kWp 8,2 Cent/kWh und für die verbleibenden 5 kWp 7,1 Cent/kWh also im Schnitt 7,8 Cent/kWh.
Anlagen zur Volleinspeisung erhalten für die ersten 10 kWp 13 Cent/kWh, bis 100 kWp dann 10,9 Cent/kWh. Die EEG-Einspeisevergütung wird für das Jahr der Inbetriebnahme sowie weitere 20 Jahre gezahlt.
Einen Überblick über mögliche Förderprogramme etwa zinsgünstige Darlehen der KfW-Bank gibt der FörderNavi der Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate.
Angebot, Auftrag und Ausführung
Ein Angebot für eine neue PV-Anlage zu bekommen, ist zurzeit nicht einfach. Wartezeiten von der Anfrage bis zur Erstellung eines Angebotes von acht bis zwölf Wochen sind keine Seltenheit. Manche Firmen lehnen die Angebotserstellung für Neukunden im Moment sogar komplett ab. Insbesondere bei Firmen, die proaktiv, manchmal auch telefonisch auf Hauseigentümer zugehen, rät PV-Experte André Hannemann jedoch zur Vorsicht. „Leider sind aufgrund des Booms auch unseriöse Firmen unterwegs“, warnt er.
Wissen sollten Bauherren auch, dass jeder, unabhängig von seiner Ausbildung, PV-Anlagen installieren darf. Allein für den elektrischen Anschluss ist ein ausgebildeter Elektro-Fachmann erforderlich. Deshalb:
- Wenn eben möglich, lassen Sie sich von zwei besser drei Firmen ein Angebot erstellen. Vergleichen Sie diese kritisch.
- Das Angebot sollte den Absprachen entsprechen und die Komponenten der PV-Anlage genau beschreiben. Dazu gehören die Datenblättern der Hersteller sowie Angaben zu den Garantiebedingungen. Ausgewiesen sein sollten sämtliche Montage- und Fahrtkosten sowie die Zahlungs-, Liefer- und Geschäftsbedingungen. Abschlagszahlungen bereits nach Vertragsabschluss und Anlieferung der Bauteile sind üblich. Sie sollten aber im Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen.
- Vorteilhaft kann es sein, regional bekannte Firmen zu bevorzugen und Freunde oder Bekannte nach ihren Erfahrungen zu fragen. Die Firmen sollten zertifiziert (zum Beispiel TÜV- oder Dekra) sein und zudem Schulungen durch ihre Herstellerfirmen nachweisen können. Prüfen Sie gerade bei unbekannten Firmen, ob alle Angaben zu Firmensitz, Filialen und Mitarbeitern stimmen. Erfolgen die Arbeiten durch eigenes Personal oder durch ein Subunternehmen? Wenn ja, durch welches?
- Vertrauen ist wichtig. Doch manchmal ist Kontrolle besser. Das kann für das Angebot genauso wie für den Bau und die Bauabnahme gelten: Stimmt die Wirtschaftlichkeitsberechnung? Passen die Anlagenbauteile (Module, Wechselrichter, Auslegung der Kabel usw.) zusammen? Erfolgt der Aufbau fachgerecht und nach den Vorgaben der Systemstatik? Da viele dieser Dinge für Laien schwer bis gar nicht zu beurteilen sind, kann es sinnvoll sein, dass ein neutraler Fachmann den Aufbau begutachtet. Der Installateur nimmt dann die Anlage in Betrieb und dokumentiert dies. Zur Dokumentation gehören die Datenblätter, Garantien, Seriennummern der PV-Module und Wechselrichter, ein Schalt- und Stringplan sowie die Ergebnisse der Sicht- und messtechnischen Überprüfung zur Inbetriebnahme und Hinweise zum Betrieb und der Wartung.
- Achten Sie auch auf den Standort der Wechselrichter. Sie hängen am besten sauber, wettergeschützt und gut erreichbar.
- Für den Arbeitsschutz haftet nicht nur die Installationsfirma, sondern auch der Bauherr.
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