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Pflanzenschutzeinsatz offen legen

Etwa 300 Landwirte in NRW sollen ihre Aufzeichnungen zum Pflanzenschutzmitteleinsatz offen legen. Worum es geht, eklärt Dr. Ellen Richter, Leiterin des Pflanzenschutzdienstes der LWK NRW.

Frau Dr. Richter, Sie haben ­einige Hundert Landwirte in NRW angeschrieben, warum?

Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung hat 2018 und 2019 mit dem Umweltbundesamt Kleingewässer auf Vorkommen und ökologische Folgen von Pflanzenschutzmitteln untersucht, das ­sogenannte „Kleingewässer Monitoring“. An mehr als 100 Probe­stellen in Deutschland wurde die Konzentration von Pflanzenschutzmitteln in mittleren und kleinen Fließgewässern nach Starkregen­ereignissen erfasst. Bei diesem Kleingewässer Monitoring hat der Naturschutzbund (NABU) Deutschland die Landwirtschaftskammer NRW am 10. November 2021 aufgefordert, die Aufzeichnungen der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln von Landwirten aus sieben Regionen zu übermitteln, in denen die Messstellen lagen. In drei Regionen werden Aufzeichnungen aus dem Jahr 2018, in den weiteren vier Regionen aus 2019 angefordert. Dabei handelt es sich um Aufzeichnungen zur Bewirtschaftung von über 700 Feldblöcken mit mehr als 1330 Teilschlägen.

Dr. Ellen Richter, Leiterin Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer NRW

Die geben Sie einfach so ­heraus?

Das müssen wir. Der Pflanzenschutzdienst des Direktors der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als Landesbeauftragter ist nach geltender Rechtsprechung und gemäß der EU-Verordnung EG 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln verpflichtet, auf solche Anfragen hin Aufzeichnungen über Pflanzenschutz-Anwendungen als Umweltinformationen weiterzugeben. Dies gilt auch dann, wenn die Aufzeichnungen erst beim Anwender oder Betriebs­inhaber einzuholen sind.

Wie viele Landwirte in NRW sind betroffen?

Zuerst galt es auch bei uns zu klären, wie so ein Verfahren ablaufen kann und wie wir die Daten ermitteln. Betroffen sind die Landwirte, die in den Jahren 2018 und 2019 in den betroffenen Gebieten Flächen bewirtschaftet haben. Etwa 300 Landwirte werden in den kommenden Tagen Post vom Pflanzenschutzdienst bekommen.

Was wird in den Schreiben genau abgefragt?

Angefordert werden die Aufzeichnungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln aus den Jahren 2018 und 2019 für Flächen im ­Bereich der betroffenen Klein­gewässer.

Wer bekommt die Antworten?

Die uns eingereichten Aufzeichnungen werden von uns ano­nymisiert an den NABU Deutschland weitergeleitet. Da der Hintergrund für die Anfrage das Kleingewässer-Monitoring des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung ist, ist anzunehmen, dass die Daten zur Auswertung dorthin weitergegeben werden.

Müssen die Landwirte Ihre Fragen beantworten?

Die Aufzeichnungspflicht für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist ungeachtet der Anfrage richtig und vollständig zu führen und für die Dauer von mindestens drei Jahren bereitzuhalten. Sie antworten, wie bei einer normalen Fachrechtskontrolle. Sollte etwas unklar sein, stehen wir für Fragen gerne zur Verfügung.

Was passiert, wenn Landwirte trotzdem nicht antworten?

Dann muss diese Nicht-Beachtung der Auskunftspflicht als Ordnungswidrigkeit bewertet und geahndet werden. Nach dem Pflanzenschutzgesetz ist jeder Betrieb verpflichtet, der zuständigen Behörde auf Verlangen rechtzeitig und vollständig Auskunft zu erteilen.

Was sollten Landwirte tun, wenn sie meinen, dass sie nicht zur Zielgruppe gehören?

Das Pflanzenschutzgesetz sieht hier den Zugriff über die Daten aus der Förderung vor. Die Bewirtschafter der betroffenen Flächen werden anhand der Daten aus den eingereichten Flächenanträgen der Jahre 2018 und 2019 ermittelt. Somit sind die Daten für jeden Angeschriebenen einfach abzugleichen. Bei einem Wechsel des Bewirtschafters ist uns dies mitzuteilen.

Können Landwirte Rechts­mittel dagegen einlegen?

Rechtsmittel gegen das Auskunftsersuchen des Pflanzenschutzdienstes können beim jeweils zuständigen Verwaltungsgericht eingelegt werden. Aufgrund der aktuellen Gerichtsurteile aus Baden-Württemberg zur Herausgabe von Aufzeichnungsunterlagen aus dem Sommer 2021 sind die Erfolgschancen vermutlich relativ gering.

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