Kartoffeln – Spinnmillbenbefall nimmt zu

30. Juli 2019 - Hinweise der Landwirtschaftskammer NRW zum Pflanzenschutz für diese Woche.

Aktuell treten in anfälligen Sorten wie Markies, Si­nora und Venezia zunehmend Spinnmilben auf. Beim Anstechen der Kartoffelblätter sondern die Spinnmilben toxischen Speichel ab, der gelbe, später schwarzbraune Flecken hervorruft. Der Befall beginnt vom Rand des Bestandes her oder von den Fahrgassen aus und breitet sich dann schnell aus. Auf der Blattunterseite sind dann zahlreiche Spinnmilben, Eier und Gespinstfäden zu finden. Da die Symptome nur schwer von Alternaria, Virus- oder Mangelsymptomen unterscheidbar sind, wird ein Spinnmilbenbefall häufig nicht sofort erkannt. Ein stark befallener Bestand kann innerhalb von zwei bis drei Wochen absterben.

Die grüngelblichen Spinnentiere besitzen einen ovalen Körperbau mit zwei seitlich angeordneten, dunklen Flecken auf dem Rücken und sind etwa 0,5 mm lang. Im Freiland werden pro Vegetationsperiode etwa acht bis neun, im Extremfall bis zu 15 Generationen gebildet. Die Weibchen können ein Lebensalter von bis zu fünf Wochen, die Männchen bis zu drei Wochen erreichen. Kartoffeln werden in heißen und trockenen Jahren von Spinnmilben befallen, ansonsten ernähren sich Spinnmilben von Gemüse, Obst oder Zierpflanzenkulturen.

Ein Spinnmilbenbefall beginnt häufig vom Rand her oder von den Fahrgassen aus. (Bildquelle: Dr. Benker)

Bekämpfungsmaßnahmen: Das Insektizid Spruzit neu ist in Kartoffeln gegen Kartoffelkäfer zweimal mit 8 l/ha in maximal 1200 l/ha Wasser im Abstand von sieben Tagen zugelassen. Gegen Kartoffelkäfer wird es aus Resistenzgründen nur noch eingeschränkt empfohlen. Aber es weist auch eine Nebenwirkung gegen Spinnmilben auf. In Obst- und Gemüsekulturen hat es sogar eine Zulassung gegen Spinnmilben. Die Wartezeit beträgt drei Tage.

Auch die Mittel Mospilan SG/Danjiri und Neem­Azal-T/S weisen eine Nebenwirkung gegen Spinnmilben auf. Mospilan SG darf gegen Blattläuse mit 250 g/ha (Wartezeit: 14 Tage) und gegen Kartoffelkäfer mit 125 g/ha einmal pro Kultur und Jahr eingesetzt werden. Falls ein zweites Mal nachbehandelt werden muss, kann Danjiri nachgelegt werden.

Aktuell neu zugelassen zur Bekämpfung von Spinnmilben, Blattläusen und weißen Fliegen in Ackerbaukulturen sind die Mittel Eradicoat und Kantaro (Maltodextrin 573,89 g/l, B2, keine Wartezeit) ab Befallsbeginn 20x mit 37,5 l/ha im Abstand von drei Tagen. Bei Kantaro handelt es sich um die Unterzulassung vom Eradicoat, es ist also das gleiche Mittel. Die Unterschiede sind, dass Kantaro im 200-l-Gebinde und Eradicoat im 10-l-Gebinde (ab Kalenderwoche 31) verkauft werden. Das Großgebinde von Kantaro wird preislich günstiger sein als das Kleingebinde vom Eradicoat.

Der Wirkstoff Maltodextrin ist ein Mehrfachzucker auf Basis von Glucose. Er umschließt den Zielschädling, dadurch werden die Atemöffnungen (Stigmen) an der Körperoberfläche blockiert. Zusätzlich werden die Gliedmaßen der Schädlinge durch Verklebung gelähmt. Eradicoat/Kantaro besitzen als Kontaktmittel eine rein physikalische Wirkung. Daher ist für die Erlangung einer guten Wirksamkeit eine vollflächige Benetzung des Schädlings sowie eine schnelle Antrocknung des Spritzbelages auf dem Schädling wichtig. Für eine bestmögliche Bekämpfung müssen die Mittel innerhalb von einer Stunde auf der Oberfläche der Schädlinge antrocknen. Nur so werden die Atemöffnungen wirksam verschlossen. Dies erfordert eine Umgebungstemperatur von mindestens 20 °C und eine geringe relative Luftfeuchte (früher Nachmittag).

Die Bienenauflagen NB6621 und NB506 sind zu beachten:

Da für den Einsatz gegen Spinnmilben in Kartoffeln bislang keine Versuchsergebnisse vorliegen, empfiehlt die Firma Certis Kantaro/Eradicoat versuchsweise zweimal mit 25 l/ha im Abstand von fünf Tagen auszubringen. Zur Bekämpfung von Spinnmilben muss die Wassermenge hoch sein, deswegen werden 1000 l/ha Wasser empfohlen. Falls aus technischen Gründen diese Wassermenge nicht ausbringbar ist, können alternativ zweimal 12,5 l/ha Mittel in 500 l/ha Wasser appliziert werden. Das heißt, die Fläche wird hintereinander zweimal überfahren. Die Überfahrten möglichst in abwechselnder Richtung, um die Benetzung zu verbessern. Der Preis für 25 l/ha beträgt etwa 100 €. Wobei eine zweite Applikation nach fünf Tagen empfohlen wird. Allerdings sind bei einem beginnenden Spinnmilbenbefall Randbehandlungen ausreichend.

Die Wirkung von Kantaro/Eradicoat mit 25 l/ha kann versuchsweise durch die Zumischung des Additivs Karibu mit 0,3 l/ha bzw. 0,15 l/ha bei zwei Überfahrten erhöht werden. Auch hierzu liegen keine Versuchsergebnisse für Kartoffeln vor. Ebenfalls gibt es keine Erkenntnisse zur Mischbarkeit mit anderen Pflanzenschutzmitteln.

Ein weiterer Ansatz zur Spinnmilbenbekämpfung, der zurzeit versuchsweise in der Praxis verfolgt wird, ist der Einsatz von Raubmilben.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, auch weil einfach Versuchserfahrungen fehlen, dass aktuell bei der Spinnmilbenbekämpfung keine Wunder zu erwarten sind. Wichtig sind das frühzeitige Erkennen des Erregers und die sofortige Behandlung bei beginnendem Befall. Ergiebige Niederschläge könnten das Problem auch schnell lösen.