Kartoffeln – Situation Krautfäule, Alternaria und Spinnmilben

17. Juli 2018 – Hinweise der Landwirtschaftskammer NRW zum Pflanzenbau für diese Woche.

Der Krautfäuleinfektionsdruck ist zurzeit immer noch sehr niedrig. Der Spritzabstand von 14 Tagen kann, auf nicht beregneten Schlägen oder dort wo keine Niederschläge gefallen sind, beibehalten werden. Bislang ist die Krautfäule in NRW vielerorts gar nicht aufgetreten oder sie ist durch die Hitze eingetrocknet. Aber Obacht, sie kann, wie am Versuchsstandort in Niederkassel, überlebt haben und neu sporulieren (siehe Fotos), dann sofort Stoppspritzungen durchführen.

Am Versuchsstandort in Niederkassel hat die Krautfäule trotz der Hitze überlebt … (Bildquelle: Dr. Benker)

… und sporolierte am 11.Juli 2018 schon wieder. (Bildquelle: Dr. Benker)

Alternaria Dürrflecken nehmen zurzeit wegen der Hitze stark zu. (Bildquelle: Dr Benker)

Die warmen Temperaturen fördern das Auftreten von Alternaria solani. In späten Sorten es sinnvoll zweimal mit Signum 0,25 kg/ha im Abstand von vierzehn Tagen zu behandeln. Ergänzend sollten weiterhin mancozebhaltige Krautfäulefungizide eingesetzt werden. Befallsreduzierend wirken sich auch regelmäßige Gaben von Blattdüngern aus. Denn je gesünder der Blattapparat, desto weniger anfällig ist die Pflanzen gegenüber Schaderregern.

In anfälligen Sorten, wie z.B. Markies, auf Spinnmilben (Tetranychus urticae) achten. Anfang August 2017 wurden anfällige Kartoffelsorten massiv von Spinnmilben befallen. Teilweise starben die Blätter innerhalb von 14 Tagen ab, was deutliche Ertragsverluste zur Folge hatte.

Beginnender Spinnmilbenbefall zeigt sich auch auf der Oberseite der Kartoffelblätter. (Bildquelle: Dr. Benker)

Beim Anstechen der Kartoffelblätter sondern die Spinnmilben toxischen Speichel ab, der gelbe, später schwarzbraune Flecken hervorruft. Der Befall beginnt vom Rand des Bestandes her und breitet sich dann schnell und massiv aus.

Auf der Blattunterseite sind dann zahlreiche Spinnmilben, Eier und Gespinstfäden zu finden. Da die Symptome nur schwer von Alternaria, Virus- oder Mangelsymptomen unterscheidbar sind, wird ein Spinnmilbenbefall häufig nicht erkannt.

Die grüngelblichen Spinnentiere besitzen einen ovalen Körperbau mit zwei seitlich angeordneten, dunklen Flecken auf dem Rücken und sind etwa 0,5 mm lang. Im Freiland werden pro Vegetationsperiode etwa acht bis neun, im Extremfall bis zu 15 Generationen gebildet. Die Weibchen können ein Lebensalter von bis zu fünf Wochen, die Männchen bis zu drei Wochen erreichen.

Ein Spinmilbenbefall beginnt häufig vom Feldrand her. (Bildquelle: Dr. Benker)

Kartoffeln werden nur in sehr heißen und trockenen Jahren, wie z.B. 2017, 2015, 2013 und 2010, von Spinnmilben befallen, ansonsten ernähren sich Spinnmilben von Gemüse-, Obst- oder Zierpflanzenkulturen

Direkte Bekämpfungsmaßnahmen gibt es zurzeit nicht. Die Insektizide Mospilan SG und NeemAzal-T/S sollen eine gewisse Nebenwirkung gegen Spinnmilben aufweisen. Allerdings zeigte Mospilan SG in Kammerversuchen in 2017 trotz zweifacher Anwendung keine Wirkung.

Ergiebige Niederschläge können das Problem auch schnell lösen, sind aber zurzeit nicht in Sicht.

Kartoffeln – neues Keimhemmungsmittel 1,4-Sight zugelassen

Der Wachstumsregler 1,4-Sight (Wirkstoff: 1,4 Dimethylnaphthalin 980 g/kg) wurde als neues Keimhemmungsmittel in Kartoffeln bis zum 30.06.2025 zugelassen. Zulassungsinhaber ist die Firma Dormfresh, vertrieben wird das Mittel in Deutschland über die Firma Belchim.

Hierbei handelt es sich um einen neuen Wirkmechanismus als aktiver Keimruheverlängerer. 1,4 Dimethylnaphthalin ist ein in der Kartoffelknolle natürlich vorkommender Wirkstoff, der im Vergleich zu Chlorpropham nicht die Keime abbrennt, sondern verschiedene physiologische Prozesse in der Knolle beeinflusst (siehe folgende Abbildung).

Der Vorgang ist reversibel, d.h. der Wirkstoff wird in der Knolle abgebaut. Etwa 7 Tage nach der Anwendung beginnt langsam der Zerfall der Keimruhe fördernden Proteine. Rückschritte durch alle oben genannten Stadien, wobei jedes Stadium ca. 4 bis 6 Wochen dauert. Wenn der Gehalt unter einen bestimmten Wert sinkt, sortenabhängig ca. 1 ppm, können die Knollen wieder auskeimen. Durch eine Behandlung wird die apikale Dominanz gebrochen. Allerdings ist in Deutschland die Behandlung von Pflanzgut nicht erlaubt.Es handelt sich um ein Mittel mit einem sichtbaren Nebel, der sich gut verteilt und nicht geruchsneutral ist. Der Wirkstoff hat lipophile Eigenschaften und wird deswegen fast ausschließlich in der Schale gefunden. Deswegen müssen für eine gute Wirkung die Knollen trocken sein. Die Anwendung ist im Heißnebel- (z.B. Swing- oder Elektrofog) und Kaltnebelverfahren möglich.

Anwendungszeitpunkt:

  • 1-7 Tage nachdem die Kartoffeln im Lager weitestgehend trocken sind
  • Folgeanwendungen flexibel: Wiederbehandlung wenn Knollen erste Symptome zeigen: zwischen „aufgehellten Keimaugen“ und „weißem Keimpunkt“ (abhängig von Sorte, Lagerqualitäten/-system)

Aufwandmengen:

  • 20 ml/t als Erstanwendung
  • Danach bis zu 5x 10-20 ml je Folgeanwendung im Abstand von 28 Tagen
  • Gesamt maximal 6 Behandlungen mit maximal jeweils 20 ml/t sind möglich

Die volle Aufwandmenge von 120 ml/t ist aber nicht notwendig. In den Niederlanden werden Industriekartoffeln mit ca. 60-70 ml/t gesamt behandelt und sie sind dann bis etwa Juni keimruhig. Die benötigte Aufwandmenge ist abhängig von Sorte, Lagersystem und Lagerdauer.

Vorteile:

  • 1,4-Sight fördert die Produktion von keimruhefördernden Proteinen.
  • Der Stoffwechsel der Knollen wird reduziert, weniger Stärke in Zucker umgewandelt.
  • Der osmotische Druck wird aufrechterhalten, Gewichtsverluste und Druckstellen reduziert.
  • Weniger Respiration (Atmung), weniger Erfrischungsbelüftungen (CO2) notwendig.
  • Weniger Masseverluste, stabilere Stapelhöhe.
  • Keine Veränderung von Geschmack, Kartoffel- und Backfarbe.
  • Kein negativer Effekt auf die Wundheilung und Reife im Lager.
  • Reduzierung von Innenkeimen.
  • Weniger faule Knollen, fungizide Wirkung.

Wartezeit: 30 Tage

Kennzeichnungspflicht:

  • Keine Kennzeichnungspflicht „Nach der Einlagerung behandelt“

Rückstandsproblematik:

  • 1,4 Dimethylnaphthalin kommt natürlich in Kartoffelknollen vor. Der natürliche Gehalt liegt zwischen 0,03 bis 0,1 ppm.
  • Der Rückstandshöchstwert liegt bei 15 ppm. Für eine gute keimhemmende Wirkung sind mindestens 4,7 ppm nötig.
  • Der Wirkstoff wird in den Knollen abgebaut.

Kosten: 165-175 €/l

Auflagen u.a. zum Wiederbetreten und Lüften gemäß Gebrauchsanweisung beachten