Kartoffeln – Krautfäule, Olie-H gegen Blattläuse, Chlorophameinsatz

25. Juni 2019 - Hinweise der Landwirtschaftskammer NRW zum Pflanzenschutz für diese Woche

In Kartoffeln wurde erster Krautfäuleblattbefall festgestellt. (Bildquelle: Lülsdorf)

Im Kreis Kleve/Wesel und im Grenzgebiet zum Kreis Heinsberg/Viersen wurde auf zahlreichen Flächen erste Krautfäule gefunden. Zum Teil handelt es sich hier um Befallsnester mit Stängelphytophthora (über latent infiziertes Pflanzgut), aber auch um Flächen mit vereinzeltem Blattbefall. In einigen Fällen ist der Spritzstart zu spät und/oder nicht systemisch erfolgt. Zumeist sind es Frühkartoffeln, sogar unberegnete Flächen sind betroffen.
Im Rhein-Sieg-Kreis tritt auf einer Fläche mit künstlicher Inokulation ebenfalls Krautfäule auf. Das heißt, trotz der heißen Temperaturen kann sich die Krautfäule aktuell gut entwickeln und sporulieren.
Bei sporulierendem Blatt- oder Stängelbefall konsequent Stoppspritzungen durchführen, besonders vor Niederschlägen oder Beregnungsmaßnahmen. Bewährt haben sich Kombinationen aus cymoxanilhaltigen Mitteln (z. B. Carial Flex, Curzate M WG, Moximate 725 WG, Nautile, Proxanil, Reboot, Tanos, Video, Zetanil M) oder Infinito, Zorvec Enicade NZEB plus sporiziden Partner (z. B. Carneol, Frowncide, Nando 500 SC, Ohayo, Ranman Top, Shirlan, Terminus, Winby) in vollen Aufwandmengen. Die zweite Stoppspritzung muss im Abstand von spätestens drei bis vier Tagen erfolgen. Hierfür entweder wieder die cymoxanilhaltigen Mittel oder Infinito, plus sporiziden Partner oder alternativ z. B. Revus, Valbon, Valis M oder Presidium, jeweils plus sporiziden Partner einsetzen. Gegebenenfalls weitere Stoppspritzungen durchführen.Um mögliche Rückstände am Erntegut zu vermeiden, Proxanil und Infinito nur bis zur Blüte einsetzen.Es hat sich bewährt, größere Befallsnester mit Reglone in Tankmischung mit einem sporiziden Fungizid zu beseitigen.

Olie-H zugelassen in Pflanzkartoffeln: Olie-H mit dem Wirkstoff Paraffinöl hat eine Notfallzulassung gegen Blattläuse als Virusvektoren in Kartoffeln zur Pflanzguterzeugung für die Zeit vom 19. Juni bis zum 16. Oktober 2019 für 120 Tage erhalten. Es darf 8 x mit 6,25 l/ha für die Kultur bzw. je Jahr eingesetzt werden. Zwischen der ersten und zweiten Behandlung wird ein Abstand von drei Tagen, danach von mindestens sieben Tagen empfohlen. Anwendungsbestimmung NW607-1: 90 % - 50 m. Wartezeit: F.
Die zugelassene Menge wurde auf 84  000 l, ausreichend für etwa 1680 ha Pflanzkartoffeln bei acht Anwendungen begrenzt.

EU-Genehmigung für Chlorpropham nicht erneuert: Die Europäische Kommission hat entschieden, die Genehmigung für Chlorpropham als Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln nicht zu erneuern. Das Ende der Genehmigung von Chlorpropham wurde auf den 8. Juli 2019 festgesetzt.
In Deutschland enden die Zulassungen aller Pflanzenschutzmittel mit Chlorpropham ohnehin durch Zeitablauf am 31. Juli 2019. Deshalb ist kein Widerruf notwendig. Anschließend gilt eine Abverkaufsfrist bis zum 31. Januar 2020 und eine Aufbrauchfrist bis zum 8. Oktober 2020. Nach Ende der Aufbrauchfrist sind eventuelle Reste entsorgungspflichtig.

Chloropham – Kartoffellager reinigen: Als Folge der Nichtgenehmigung von Chlorpropham werden im Nachgang die Rückstandshöchstgehalte (RHG) abgesenkt werden. Die regulären Arbeiten werden im Jahr 2020 beginnen; Vorarbeiten sind bereits angelaufen. Nach dem jetzigen Stand befindet sich in Lagerhäusern, in denen Chlorpropham angewendet wurde, genügend Wirkstoff, um auch Jahre später darin eingelagerte Waren zu kontaminieren. Die Einhaltung der RHG setzt eine ausreichende Reinigung der Lagerhäuser voraus. Es reicht nicht aus, die liegen gebliebenen Knollen zu entfernen und den Boden zu kehren. Darüber hinaus müssen noch mindestens gereinigt werden:

  • der Technikkorridor,
  • der Raum, in dem sich die Ventilatoren für das Vernebeln, einschließlich der Nebelgeräte, befinden,
  • die unterirdischen Kanäle.

Die Verwendung von Chemikalien wird nicht empfohlen, da dadurch Chlorpropham zu toxischen Metaboliten zersetzt werden kann. An der Beschreibung entsprechender Prozeduren wird vonseiten der Wirtschaft gearbeitet.

Die Hersteller der entsprechenden Mittel sind gefragt, den Lagerhaltern weitergehende Informationen zur Entfernung von Chlorpropham-Resten zu geben, insbesondere zur Entfernung von den Böden und Wänden der Läger.

Folgende Pflanzenschutzmittel sind betroffen: Neo-Stop Starter, Neonet Start, Gro-Stop Ready, Polder Hot Fog, MitoFog HN, Polder Basic, Kartoffel-Keimstopp, Polder Dust Neo-Stop L300, NeoNet 300 HN, Polder ULTRA 600, MitoFog 600, Gro-Stop Electro, Gro-Stop Basis, CIPC 300 EC, Keimstop 300 EC, Gro-Stop 1 % DP, Kartoffelschutz Tixit Neu, Neo-Stop, Neonet Dust, Neo-Stop L500, Gro-Stop Fog.

Erfahrungen und Beratungsempfehlungen: Nach den Erfahrungen des Experten Dr. Rolf Peters werden die Lagerhäuser durch den Verzicht von Chlorpropham nicht automatisch rückstandsfrei. Der Wirkstoff kann sehr schnell und sehr intensiv in viele Baustoffe eindringen und ist dort auch noch nach Jahrzehnten nach der letzten Anwendung nachweisbar. In Beton kann Chlorpropham bis zu 4 cm eindringen. Besonders kritisch ist dabei die Eigenschaft vom Chlorpropham bei Raumtemperatur in gewissen Mengen von der festen in die gasförmige Phase zu wechseln. So bleibt ein Teil des Wirkstoffs mobil und schlägt sich bei sinkenden Temperaturen wieder als kristalliner Belag nieder. Weitere unkalkulierbare Kontaminationsmöglichkeiten sind Staub und Abrieb von Betonböden.
Selbst nach intensiver Reinigung bleiben unsichtbare Rückstände beispielsweise im Holz der Großkisten oder im Beton des Fußbodens. Dafür gibt es aktuell keine wirkungsvollen Reinigungsmöglichkeiten. Ob z. B. ein Versiegeln des Fußbodens oder eine neue, dünne Sprühschaumschicht Kontaminationsquellen nachhaltig beseitigen können, ist bislang unklar.
Deswegen empfiehlt die LWK NRW, sich nicht durch die aktuell günstigen Abverkaufspreise verleiten zu lassen und sich übermäßig mit Chlorpropham-haltigen Mittel einzudecken. Aktuell gilt ein Rückstandshöchstwert für Kartoffeln von 10 mg/kg und die Nachweisgrenze liegt bei 0,01 mg/kg. Der zukünftige temporäre Rückstandshöchstwert wird irgendwo dazwischenliegen, aber wahrscheinlich mehr in Richtung der Nachweisgrenze.
In alten Lagerhäusern, in denen sich sowieso schon vermehrt Rückstände angereichert haben, die auch mit der gründlichsten Reinigung nicht mehr zu entfernen sind, kann Chlorpropham durchaus bis zum Ende der Aufbrauchfrist eingesetzt werden. Aber in relativ neuen Lagerhäusern empfiehlt es sich, schon zur Lagersaison 2019 kein Chlorpropham mehr einzusetzen.