Kartoffeln — Frostschäden, Blattläuse, Notfallzulassung

19. Mai 2020 - Hinweise der Landwirtschaftskammer NRW zum Pflanzenschutz für diese Woche.

Kartoffeln – Frostschäden: Die Eisheiligen haben ihrem Namen alle Ehre gemacht und Frost gebracht. Davon sind zahlreiche Kartoffelflächen in ganz NRW betroffen. Einzelne Bestände sind komplett runter gefroren, häufig sind nur die oberen Bereiche betroffen. Wobei nicht immer nachvollziehbar ist, warum einzelne Pflanzen verschont wurden oder nur einzelne Stängel betroffen sind. Oder wa­rum bei zwei nebeneinander liegenden Flächen die eine Schäden aufweist und die andere nicht. Selbst „frostschutzberegnete“ Flächen sind betroffen. Es besteht scheinbar ein Zusammenhang zwischen Pflanzengröße und Frostschaden. Große Pflanzen sind häufig stärker betroffen als kleinere. Überlagert wird das zusätzlich von der Lage, der Bodenfeuchte und den Frostschneisen innerhalb der Region. Es ist nicht auszuschließen, dass einzelne Pflanzen aufgrund ihrer Assimilationstätigkeit und Nährstoffversorgung eine höhere Frosttoleranz aufweisen.

Die Kartoffeln werden wieder austreiben, aber es wird dauern und das wird Ertragsverluste bedeuten. Wichtig ist es, nun die frostgeschädigten Bestände gegen Krautfäule zu schützen, auch wenn es eigentlich noch zu früh für eine Kraut­behandlung ist oder die Pflanzen noch zu klein sind. Bevorzugt systemische (z. B. Ridomil Gold MZ, Zorvec Enicade + Manzate) oder lokalsystemische Fungizide (z. B. Curzate M WG, Moximate 725 WG, Video) auf Mancozeb-Basis einsetzen oder Mancozeb-haltige Mittel dazu mischen. Hierdurch wird die Pflanze von innen geschützt, der enthaltene Mangananteil fördert zusätzlich die Pflanzengesundheit. Um die geschädigten Bestände wieder „aufzupäppeln“, sollten Blattdünger zur Regeneration des Blattapparates eingesetzt werden (Dünge-VO beachten). Die zuvor genannten Behandlungen sind nicht erforderlich beim sogenannten „Kältegelb“, ein Symptom, das z. B. in der Sorte Solist auftreten kann. Dort, wo Niederschläge fallen oder beregnet wird und Nährstoffe ausreichend zur Verfügung stehen, verwächst sich der Kälteschaden, sobald die Temperaturen wieder ansteigen.

Links: Frostschaden: Zuerst welken die Blätter, dann werden sie schwarz und sterben ab. Rechts: Frostschaden nach zwei Tagen. (Bildquelle: Dr. Benker)

Links: „Frischer“ Frostschaden im Kreis Borken. Rechts: Frostschaden im Kreis Kleve/Wesel. Die Kartoffeln werden wieder austreiben, aber das wird dauern und Ertragsverluste bedeuten. (Bildquelle: Napp, Kanders)

Kartoffeln – Blattläuse bekämpfen: In Kartoffeln wurden erste Blattläuse gefunden. Pflanzkartoffeln sofort beim ersten Auftreten behandeln. In Konsumkartoffeln können Nützlinge, wie z. B. die Marienkäfer und ihre Larven, einen niedrigen Blattlausbefall gut dezimieren. Bei Überschreiten der Schadschwelle von max. 500 Blattläusen auf 100 Fiederblättern muss eine chemische Bekämpfung erfolgen, um eine Honigtaubildung zu vermeiden. Bienen befliegen Kartoffeln normalerweise nicht, aber Honig­tau kann sie anlocken.
Zur Resistenzvermeidung wird empfohlen, bevorzugt spezifisch gegen Blattläuse wirkende Mittel, wie z. B. Movento OD 150 (B1) oder Teppeki (B2) einzusetzen. Beim gemein­samen Auftreten von Blattläusen und Kartoffelkäfern, z. B. Biscaya (B4, nur noch 2020 möglich) oder Mospilan SG (B4) nutzen. Wenn keine Resistenzen gegen Pyrethroide bekannt sind, lassen sich Behandlungen mit z. B. Kaiso Sorbie, Karate Zeon oder Lamdex Forte (alle B4) durch­führen. Nur bei Temperaturen bis 25 °C einsetzen, bei höheren Temperaturen fällt die Wirkung stark ab. Das Mittel Pirimor (B4) wirkt gut bei höheren Temperaturen, allerdings nicht gegen die Kreuzdorn- und Faulbaumlaus. Tank­mischungen mit mehreren Insektiziden werden als bienengefährlich (B1) eingestuft. Bienenschutzauflagen beachten.
Befinden sich viele Nützlinge auf der Fläche, bevorzugt nützlingsschonende Insektizide einsetzen, wie z. B. Teppeki (neutral auf Marien­käfer, Schlupfwespe, Florfliege). Teppeki kann auch bei höheren Temperaturen zum Einsatz kommen, allerdings kann die Wirkung zeitlich verzögert sein, wenn aufgrund von Hitze und Trockenheit kein Stoffwechsel stattfindet.
Die Kartoffelberatung NRW empfiehlt, wenn keine Einschränkungen durch die kartoffelverarbeitende Industrie bestehen, weiterhin einen frühen, einmaligen Einsatz von Teppeki in Speise-, Verarbeitungs- oder Pflanzkartoffeln – aber ohne den Zusatz von Öl oder sonstigen Additiven.

Kartoffeln – Notfallzulassung für Quickdown in Pflanzkartoffeln: Für Quickdown (Wirkstoff: Pyraflufen­ethyl) wurde eine Notfallzulassung zur Sikkation von Pflanzkartoffeln vom 1. Juni bis zum 28. September für 120 Tage erteilt. Die zugelassene Menge ist auf 32  000 l begrenzt und reicht für 20  000 ha Saat-/Pflanzkartoffelbestände aus. Quickdown darf zweimal mit 0,8 l/ha (+2 l/ha Toil) im Abstand von mindestens 4 Tagen bis 14 Tage vor der Ernte eingesetzt werden. Aktuelle Anwendungsbestimmungen unbedingt beachten.
Aus phytosanitären Gründen (z. B. Quarantänebakteriosen, Viren, Kraut- und Nassfäuleerreger) ist Krautschlagen zur Pflanzkartoffelproduktion nicht zu empfehlen.