Kartoffeln – alte Mutterknollen, Keimhemmung mit Chlopropham, Keimhemmung mit 1,4-Sight

11. September 2018 – Hinweise der Landwirtschaftskammer NRW zum Pflanzenbau für diese Woche.

Pflanzknolle, die bis August im Boden überlebt hat. (Bildquelle: Patricia Lülsdorf)

Mutterknollen aussortieren: Aufgrund der trockenheißen Witterung der letzten Monate sind die Pflanzknollen im Boden häufig nicht verrottet. Normalerweise werden zu diesem späten Zeitpunkt nur noch vereinzelte und häufig angefaulte Pflanzknollen gefunden, die dann beim Roden aussortiert werden. In diesem Jahr sind, aufgrund der noch festen Konsistenz, die alten Pflanzknollen auf dem Roder aber nur schwer von den neuen Knollen zu unterscheiden und landen deswegen häufig mit im Lager. Diese alten Pflanzknollen sind aber nicht lagerfähig, fangen im Lager sehr schnell an zu faulen und infizieren das neue Erntegut. Eingelagerte Ware unbedingt kontrollieren und ggf. Pflanzknollen aussortieren.

Schalenbrand an einer Knolle (Bildquelle: Peters)

Keimhemmung mit Chlorpropham: Der als Wachstumsregler eingestufte Wirkstoff Chlorpropham (CIPC) unterdrückt die Zellteilung in den Augen und damit das Wachstum der Keime an den Knollen. Dafür ist eine bestimmte Wirkstoffkonzentration auf den Knollen erforderlich, sonst setzt die Keimbildung wieder ein. Wichtig ist, dass die Behandlung vor Beginn der Keimung erfolgt und das nur gesunde, schalenfeste, ausgereifte und trockene Kartoffeln, die möglichst frei von Erde sind, behandelt werden, ansonsten besteht die Gefahr von Schalenbrand. Bei bereits gekeimten Kartoffeln kann das Keimwachstum nach dem Einsatz von CIPC zwar verlangsamt werden, aber gleichzeitig steigt die Gefahr der Innenkeimung. Weitere Risikofaktoren für eine stärkere Innenkeimung sind ein zu hoher Erdanteil im Erntegut, ein sehr stark abgesetzter Kartoffelstapel und eine ungleichmäßige Luftverteilung im Lager.

Bewährt hat sich die Kombination aus Behandlungen bei Einlagerung und dem Heißnebelverfahren im Lager. Bei der ersten Behandlung müssen ausreichende Wirkstoffmengen ausgebracht werden, um die Initialwirkung zu erzeugen. Dabei ist eine unterschiedliche Verträglichkeit der Sorten zu beachten. Bei reinen Nebelapplikationen muss auf eine ausreichende Startmenge geachtet werden.

Innenkeimung an einer CIPC behandelten Kartoffelknolle (Bildquelle: Peters)

Mit CIPC behandelte Kartoffeln müssen im Direktverkauf gekennzeichnet werden.

Behandelte Kartoffeln getrennt von Pflanzkartoffeln lagern! Zur Vermeidung von Keimschäden Pflanzkartoffeln nicht wirkstoffhaltigen Nebel bzw. Ventilationsluft aussetzen und nicht in vernebelten Räumen oder gemeinsam mit behandelten Partien lagern.

Keimhemmung mit 1,4-Sight: Beim Wachstumsregler 1,4-Sight (Wirkstoff: 1,4 Dimethylnaphthalin 980 g/kg) handelt es sich um einen neuen Keimruheverlängerer. Die Anwendung ist im Heißnebel- (z.B. Swing- oder Elektrofog) und Kaltnebelverfahren möglich. Für eine gute Wirkung müssen die Knollen tro-cken sein. Der Wirkstoff wird in der Knolle abgebaut, das heißt, die Knollen können wieder auskeimen. Durch eine Behandlung wird die apikale Dominanz gebrochen. Allerdings ist in Deutschland die Behandlung von Pflanzgut nicht erlaubt.

  • Anwendungszeitpunkt: 1-7 Tage nachdem die Kartoffeln im Lager weitestgehend trocken sind.
  • Folgeanwendungen flexibel: Wiederbehandlung wenn Knollen erste Symptome zeigen: zwischen „aufgehellten Keimaugen“ und „weißem Keimpunkt“ (abhängig von Sorte, Lagerqualitäten/-system).
  • Aufwandmengen: 20 ml/t als Erstanwendung.
  • Danach bis zu 5x 10-20 ml je Folgeanwendung im Abstand von 28 Tagen.
  • Gesamt maximal 6 Behandlungen mit maximal jeweils 20 ml/t sind möglich.

Die volle Aufwandmenge von 120 ml/t ist aber nicht notwendig. In den Niederlanden werden Industriekartoffeln mit ca. 60-70 ml/t gesamt behandelt und sie sind dann bis etwa Juni keim-ruhig. Die benötigte Aufwandmenge ist abhängig von Sorte, Lagersystem und Lagerdauer.

Vorteile:

  • 1,4-Sight fördert die Produktion von keimruhefördernden Proteinen.
  • Der Stoffwechsel der Knollen wird reduziert, weniger Stärke in Zucker umgewandelt.
  • Der osmotische Druck wird aufrechterhalten, Gewichtsverluste und Druckstellen re-duziert.
  • Weniger Respiration (Atmung), weniger Erfrischungsbelüftungen (CO2) notwendig.
  • Weniger Masseverluste, stabilere Stapelhöhe.
  • Keine Veränderung von Geschmack, Kartoffel- und Backfarbe.
  • Kein negativer Effekt auf die Wundheilung und Reife im Lager.
  • Reduzierung von Innenkeimen.
  • Weniger faule Knollen, fungizide Wirkung.

Wartezeit: 30 Tage

  • Kennzeichnungspflicht: Keine Kennzeichnungspflicht „Nach der Einlagerung behandelt“
  • Rückstandsproblematik: Der Rückstandshöchstwert liegt bei 15 ppm. Für eine gute keimhemmende Wirkung sind mindestens 4,7 ppm nötig. 1,4 Dimethylnaphthalin kommt natürlich in Kartoffelknollen vor. Der natürliche Gehalt liegt zwischen 0,03 bis 0,1 ppm.

Kosten: 165-175 €/l

Auflagen unter anderem zum Wiederbetreten und Lüften gemäß Gebrauchsanweisung beachten.