Die 2013 "ausgewilderte" Wisentherde hat die Wälder des Fürstentums Sayn-Wittgenstein-Berleburg schon vor langer Zeit verlassen und schädigt seit Jahren die Buchenwälder der Schmallenberger Waldbauern. Vor einigen Monaten hatte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser als Kompromiss im Streit um die freilaufende Wisentherde ein 840 ha großes Gatter vorgeschlagen. Dieses Gatter soll vor allem im Staatswald rund um den Schmallenberger Ort Latrop entstehen, außerhalb der Wälder Bad Berleburgs. Das lehnen die Schmallenberger entschieden ab.
Darum suchen sie am kommenden Mittwoch das Gespräch mit Umweltministerin Ursula Heinen-Esser, um ihre Argumente vorzutragen.
Nachlassverwalter kritisiert Vermögensschäden durch die Wisentherde
Wesentliche Vertragsbestandteile seitens der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer (Gemäß Vertrag vom 08.04.2013 Grundeigentümer im Projektgebiet) werden aus Sicht der Bürger nicht mehr eingehalten und erfüllt, damit ist das Wisentprojekt aus Sicht der Schmallenberger gescheitert. "Die zugesagten und vertraglich vereinbarten Flächen, von etwa 4.300 ha, stehen nicht mehr zur Verfügung", begründete Ulrich Lutter, Vorsitzender der Dorfgemeinschaft Latrop, während einer Pressekonferenz am heutigen Freitag.
Mittlerweile kritisiert auch der für den Erbstreit der Fürstenfamilie eingesetzte Nachlassverwalter des Hauses Sayn-Wittgenstein die Schäden in den Wäldern. Er hat daher den Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren, vermögenbelastenden Schäden kommt. Auch Schadenersatzforderungen schließt der Nachlassverwalter nicht aus, wenn die Wisente nicht, wie vorgeschlagen, in einem festen Gatter eingefriedet werden.
Projektvertrag kündigen!
Die andauernden Rechtstreitigkeiten der Schmallenberger Waldbauern und bereits getroffene Gerichtsentscheidungen, unter anderem des Bundesgerichtshofes, sowie die Erbstreitigkeiten in Berleburg, veranlassen den Trägerverein nun, einen Schildbürgerstreich zu planen und die freilebend geplante Wisentherde auf dem Stadtgebiet der Nachbarkommune und des Nachbarkreises einzusperren, meint der Latroper Bürgervertreter Lutter.
Die Schmallenberger haben gemeinsam mit den örtlichen Landwirten und Waldbauern den Arnsberger Regierungspräsidenten aufgefordert, den Projektvertrag zu kündigen.
Rotwild soll dem Wisent weichen
Durch die Gatterhaltung sehen die Schmallenberger keine artgerechte Haltung mehr gegeben. Die Wisente müssten täglich gefüttert werden: Bei einem Futterbedarf von etwa 30 bis 60 kg Grünfutter pro Tier täglich ist das aufwendig und teuer. Die Herde werde weiter wachsen, sodass das Gehege schnell zu klein werde. Ungeachtet dessen sei die tragbare Wilddichte im Gatter von vornherein deutlich zu hoch.
Zudem soll Lutters Aussage zufolge heimisches Rotwild aus dem Einzäunungsgebiet vertrieben werden, um die ortsfremden Wisente anzusiedeln. "Der geplante Zaun werde den Lebensraum für Hirsche, Rehe und andere Tiere des Waldes erheblich verändern. Jahrhundertalte Wildwechsel würden unterbrochen", sagte Lutter.
Der Zaun soll von zwei angestellten Zaunwächtern beobachtet und kontrolliert werden. Der Bürgervertreter ist aber der Meinung, dass 18 km Zaun nicht dicht zu bekommen sind, weil beispielsweise herabstürzende Äste oder umstürzende Bäume das Gatter beschädigen könnten.
Wisente versus FFH-Gebiet
Ein der Hauptkritikpunkte sehen die Schmallenberger Bürger und Waldbesitzer in der Zerstörung des mehr als 800 ha großen FFH-Gebietes durch die Wisente. Das Schutzziel des europäischen FFH-Gebietes, die Erhaltung und Entwicklung naturnaher, kraut- und artenreicher Waldmeister-Buchenwälder, werde durch das eingegatterte Großwild massiv gefährdet.