Richtig verhalten bei Ansitzjagd

Durch zu intensive oder falsche Jagdausübung kann Wild und dessen soziales Gefüge beeinträchtigt und gestört werden. Indem Jäger einige grundsätzliche Aspekte beachten, lässt sich „Jagddruck“ vermeiden.

Manche Jäger glauben, das Wild habe einen inneren Kalender: In der Schonzeit steht vor allem das Rehwild tagsüber vertraut auf den freien Flächen und mit Beginn der Jagdzeit wird es regelrecht unsichtbar. Der Grund dafür sind aber die jagdlichen Aktivitäten der ansitzenden Jäger. Seit einigen Jahren gibt es aus diesem Grund die Forderung von Wildbiologen, Schalenwild effektiv nur an wenigen Tagen im Jahr auf möglichst revierübergreifenden Drückjagden störungsarm zu bejagen.

Der Nachteil von Drückjagden ist aber, dass sich das bejagte Wild bewegt, schlechtere Schüsse vorkommen, mehr Nachsuchen anfallen, die benötigten Hunde durch wehrhaftes oder angeschossenes Wild und den Straßenverkehr gefährdet werden, Jäger und Treiber einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt sind, das Wild durch Treiber und Hunde in Stress versetzt wird, die Wildbretqualität schlechter ist und dass es viel schwerer ist, das Wild – vor allem führende Muttertiere – korrekt anzusprechen.

Wichtig: Gute Vorbereitung

Durch richtiges Verhalten vor, während und nach der Ansitzjagd kann der Jäger viel selbst dazu beitragen, dass das Wild möglichst wenig gestört wird. Die Grundlage für eine störungsarme Ansitzjagd ist die planmäßige Anlage von Ansitzeinrichtungen und den Wegen dorthin („Pirschwege“). Möglichst unsichtbar, unhörbar und unriechbar Kommen und Gehen ist hier das Stichwort. Das setzt genaue Kenntnisse der Revierverhältnisse und Lebensgewohnheiten des Wildes voraus.

Aufgrund der vielen Äste gelangt hier kein Jäger unbemerkt zur Leiter des Hochsitzes. Der Pirschweg sollte frei von Ästen sowie Zapfen sein. (Bildquelle: Eickhoff)

Ansitzeinrichtungen sollten einen guten Überblick über Freiflächen, Schneisen im Wald und Wildwechsel bieten. Die Pirschwege zum Hochsitz sollten möglichst von viel begangenen Hauptwegen ausgehen, in guter Deckung verlaufen und möglichst kurz sein. Damit geräuschloses Gehen möglich ist, sollte der Pirschweg während der Jagdzeit frei von Bewuchs sowie Ästen oder Zapfen sein. Am besten gelingt dies, wenn bei der Anlage des Weges die Grassoden und andere Bodenauflagen bis auf den Rohboden weggehackt werden. Die regelmäßige Pflege kann dann einfach und effektiv beispielsweise mit einer Harke erfolgen. Wichtig ist, dass der Pirschweg erst 10 bis 20 m nach dem Hauptweg beginnt, damit er von Spaziergängern im Wald nicht entdeckt und benutzt wird.

Damit das Wild den Jäger auf dem Hin- und Rückweg nicht bemerkt, sollte die Ansitzleiter durch möglichst ganzjährige Baum- und Strauchdeckung eingewachsen und damit sichtgeschützt sein. Alternativ erfüllt diesen Zweck aufgestapeltes Astmaterial. Auch das Anbringen einer Sichtblende aus sogenannten Holzschwarten oder Schalbrettern an der Leiteraußenseite und vor dem Kanzelpodest hat sich bewährt.

Der Standort für eine Ansitzeinrichtung sollte mit Bedacht ausgewählt werden. Wichtig ist, dass das Wild den Jäger bereits auf dem Hin- und Rückweg nicht bemerkt, was in diesem Fall der natürliche Bewuchs gewährleistet. (Bildquelle: Eickhoff)

Offene Ansitzleitern verraten einen Jäger eher als geschlossene Kanzeln. Dafür bieten sie eine bessere Rundumsicht und leise Geräusche sind besser zu hören. Auf jeden Fall sollte eine Ansitzeinrichtung ein Dach haben, weil der im Schatten sitzende Jäger vom Wild nicht so schnell erkannt wird. An Kanzeln angebrachte Mondblenden haben den gleichen Effekt des Nachts. Hat der Hochsitz verschließbare Fensterläden, sollten diese während der Jagdzeit immer aufstehen. Denn die aufmerksamen Wildtiere bemerken schnell, dass bei geschlossenen Läden keine Gefahr droht und bei offenen Läden die Flächen gemieden werden sollten.Um störungsarm zu jagen, ist es wichtig, möglichst nur dann anzusitzen, wenn das Wild seine Aktivitätsphase im Jahres- und Tagesverlauf hat, das Wetter erfolgversprechend ist, der Wind am Ansitzplatz passt und vor allem der Jäger die nötige Zeit hat, nicht zu spät den Ansitz zu beginnen und zu früh zu beenden. Ein wichtiges Stichwort ist hier die Intervalljagd. So sollte zum Beispiel Rehwild intensiv zum Beginn der Jagdzeit im Mai, in der Paarungszeit („Blattzeit“) Mitte Juli bis Mitte August und im September bejagt werden. Im Juni, nach der Brunft und in den Monaten vor Weihnachten kann Rehwild durch ein Minimum an Aktivität, hohe Vegetation und kürzere Tageszeit regelrecht unsichtbar werden.

„Ansitzwetter“ nach Regen

Erfolgversprechendes Ansitzwetter ist zum Beispiel bei Windstille, klarer Sicht sowie nach Regen und Gewittern. Die Windrichtung am Ansitzplatz ist ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche und störungsarme Jagd. Deshalb ist der Ansitzplatz immer so zu wählen, dass der Wind nicht auf die Äsungsfläche, in den Einstand und auf den Wildwechsel zieht. Das Problem ist, dass sich der Wind an Waldkanten, Bodensenken und Bachtälern drehen und völlig unvorhersehbar verändern kann.

Um hier mehr Klarheit für die Jagdplanung zu bekommen, sollte der Jäger im Laufe der Zeit bei verschiedenen Windrichtungen seine Hochsitze begehen, die tatsächlich örtliche Zugrichtung feststellen und dokumentieren. Noch komplizierter wird es, wenn man bedenkt, dass der Wind während des Ansitzes seine Richtung verändern kann oder meistens zur Dämmerung hin küselt, sich also ständig dreht. Dann muss der Jäger den Ansitz abbrechen, weil das Wild ihn dann sowieso bemerkt und er nur stören würde.

Entscheidend für die Störwirkung des Windes ist, dass das Wild die Individualwitterung des Jägers nicht mit der Jagdausübung in Verbindung bringt. Menschliche Witterung ist der ständige Begleiter der Wildtiere in unserer Kulturlandschaft. Deshalb ist es extrem wichtig, so zu jagen, dass der Jäger alles beachtet, um die Verbindung mit der Jagd nicht herzustellen. Beginnt er seinen Ansitz erst, wenn das Wild schon anwechselt oder bereits auf der Äsungsfläche steht, ist die Gefahr der Störung sehr groß.

Das Gleiche gilt für die Beendigung des Ansitzes. Steht das Wild noch auf der Äsungsfläche oder sieht der Jäger Wild beim Zurückpirschen, muss er sich die Zeit nehmen und so lange warten, bis ihn das Wild nicht mehr bemerken kann.

Vor und nach dem Schuss

Auch durch richtiges Verhalten vor und nach dem Schuss kann der Jäger wesentlich zur Senkung des Jagddrucks beitragen. Jäger auf dem Ansitz und eventuelle Begleiter sollten sich nur langsam bewegen, dunkle Kleidung tragen, die die hellen Körperstellen bedeckt, nicht reden, nicht telefonieren und ständig die Umgebung beobachten. Sogenannte Kipplaufwaffen haben auf der Ansitzjagd den Vorteil, dass sie sich lautlos laden und entladen lassen. Grundsätzlich sollte nicht in größere Rudel oder Sprünge geschossen werden. Am besten ist es, Einzelstücke oder kleine Familienverbände zu erlegen. Das klappt vor allem zu Beginn der Jagdzeit.

Nach dem Erlegen muss der Jäger mindestens 10 bis 15 Minuten regungslos auf dem Ansitz verbleiben, damit das Wild Schießen und Jäger nicht in Verbindung bringt. Die Erfahrungen auf Truppenübungsplätzen zeigen, dass nicht das Schießen das Wild stört, sondern alles, was der Jäger davor und danach tut. Häufig ist Wild beim Anwechseln oder verhofft im Bestand und beobachtet die Umgebung nach dem Schuss, ohne dass der Jäger das bemerkt.

Wird geschossenes Wild geborgen, sollte dies möglichst nicht am Ort des Erlegens aufgebrochen werden. Die Witterung von Blut macht anderes Wild misstrauisch. Am besten ist es, das erlegte Stück erst in der Wildkammer aufzubrechen.Es gibt viele Reviere, die nach diesen Richtlinien jagen und einen tagaktiven Wildbestand haben, der seinem natürlichen Lebensrhythmus nachkommen kann, und bei denen deshalb Wildschäden seltener vorkommen.

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