Rehwildbejagung im April?

Nach dem Erlass des NRW-Umweltministeriums haben einige Untere Jagdbehörden reagiert und per Allgemeinverfügung die Schonzeit für Schmalrehe und Rehböcke im April aufgehoben. Doch bei der Jagd ist Umsicht gefragt.

Damit angesichts der enormen Schäden in den Wäldern von NRW die Wiederbewaldung gelingt, hatte das Umweltministerium in Düsseldorf Ende Januar dieses Jahres in einem Erlass die Unteren Jagdbehörden aufgefordert, die Schonzeit für sogenannte Schmalrehe (weibliches Rehwild im zweiten Lebensjahr) und Rehböcke für Gebiete oder einzelne Jagdbezirke mit hohen Kalamitätsschäden auf fünf Jahre befristet wie folgt aufzuheben:

  • vom 1. bis 30. April in Niederungsgebieten unter 450 m Höhenlage,
  • vom 15. bis 30. April in Mittelgebirgsgebieten über 450 m Höhenlage.

Sensible Zeit

Da es bei der Rehwildbejagung im April keine praktischen Erfahrungswerte gibt und es sich um eine für die Biologie des Rehwildes sensible Zeit handelt, müssen Jäger dabei einige Aspekte beachten.

Am 1. April wird aus einem Bockkitz ein Jährling, aus einem Rickenkitz ein Schmalreh und aus einem Schmalreh eine Ricke.

Die Ricken haben nach dem Ende der Eiruhe um Weihnachten im April fast vollständig entwickelte Kitze in der „Tracht“ (Gebärmutter) und stehen kurz vor dem „Setzen“, sprich der Geburt des Kitzes, oder haben vielleicht sogar schon gesetzt.

Die Nahrungsumstellung von faserreicher Winteräsung zu energiereicher Äsung auf den im Wachstum befindlichen Wiesen und Äckern sowie im Laufe des Monats auch zu Knospen und Blättern der Bäume und Sträucher hat umfangreiche Veränderungen in den Organen der Wiederkäuer zur Folge. In dieser Zeit benötigt das Rehwildeigentlich Ruhe, um sich da­rauf einzustellen. Die Bejagung sollte sich also ausschließlich auf die frisch angelegten Forstkulturen beschränken. Die in Baumschulen aufgezogenen und mit Mineraldünger versorgten jungen Bäume sind für das Rehwild sehr schmackhaft und werden gerne geäst. Eine punktuelle Bejagung an Wiederbewaldungsflächen hat einen erwünschten Vergrämungseffekt.

Die Bejagung auf frisch begrünten Wiesen und Wintergetreideschlägen hätte hingegen den unerwünschten Effekt, dass das Rehwild in den Wald zurückgedrängt und umso mehr auf frisch angelegten Forstkulturen äsen würde.

Große Verwechslungsgefahr

Das Schlimmste, was einem Rehwildjäger im April und Mai bei der Bejagung von Rehwild passieren kann, ist, dass er eine Ricke mit frisch gesetzten Kitzen mit einem Schmalreh verwechselt. Ab Mitte April können bereits erste Kitze geboren sein. Die einzige Möglichkeit, um eine Ricke, die frisch gesetzt hat, von einem Schmalreh zu unterscheiden, ist der Blick bei gutem Licht und naher Entfernung von hinten zwischen die Hinterläufe, um das Gesäuge – in der Jägersprache die „Spinne“ – zu erkennen. In den ersten Tagen nach dem Setzen ist diese noch sehr klein und unauffällig, weil der Milcheinschuss nach der Biestmilch erst mit dem Säugen der Kitze beginnt. Die Spinne wird im Verlauf der ersten Wochen immer größer und ist erst dann gut zu erkennen.

In den ersten 10 bis 14 Lebens­tagen wird das Kitz von der Ricke abgelegt. Somit hilft die Abwesenheit der Kitze nicht, eine Ricke von einem Schmalreh zu unterscheiden. Auch in den Wochen danach werden die Kitze häufig noch abgelegt und erschweren so das korrekte Ansprechen führender Ricken.

Der Haarwechsel beim Rehwild ist ein Hilfsmittel, um Ricke und Schmalreh zu unterscheiden. Im April beginnt am Hals („Träger“) des Rehwildes der Wechsel von grauem Winterhaar zum roten Sommerhaar. Die Schmalrehe verfärben in der Regel vor den Ricken. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Gerade junge Ricken, die in der Regel als Erste setzen, können auch schon im April mit dem Verfärben beginnen.