Raufutterversorgung von Pferden: Alternativen bei knappen Heu

Wie lässt sich die Raufutterversorgung von Pferden bei knappen Heuvorräten sicherstellen? Prof. Dr. Ingrid Vervuert und Franziska Bockisch, Institut für Tier­ernährung der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig, zeigen Alternativen auf.

Auf dem Grünland sieht es vielerorts wie im Vorjahr aus. Wo die Niederschläge ausgeblieben sind, ließ erneut bereits der zweite Grasschnitt zu wünschen übrig. Doch was können Pferdehalter tun, wenn Versorgungsengpässe bei Heu oder Heulage drohen?

Im Allgemeinen gilt, dass Pferde bzw. Ponys täglich eine Mindestmenge an Raufutter von rund 1,5 kg Trockensubstanz pro 100 kg Körpermasse erhalten sollten. Bei Heu sind dies 1,7 kg pro 100 kg Körpermasse, bei feuchteren Heulagen rund 2 kg pro 100 kg Körpermasse. Stehen diese täglichen Mindestmengen an Heu oder Heulage aufgrund extremer Witterungsbedingungen nicht zur Verfügung, muss ein Teil des Heus durch weitere rohfaserreiche Futtermittel ergänzt werden.

Getreidestroh als Ersatz

Bei übergewichtigen Pferden und Ponys kann ein Teil des Heus oder der Heulage durch Getreidestroh ersetzt werden. Dieses bietet ebenso wie Heu oder Heulagen ausreichend Beschäftigung mit der Futteraufnahme. Zudem fressen viele Pferde und Ponys gerne Stroh. Der tägliche Strohanteil kann bis zu 30 bis 40% des Raufutters abdecken, sodass zum Beispiel eine Kombination aus 1 kg Heu (oder 1,2 kg Heulage) pro 100 kg Körpermasse und 0,5 kg Stroh pro 100 kg Körpermasse, insbesondere bei leichtfuttrigen Pferden und Ponys, zu empfehlen sind. Durch den höheren Verholzungsgrad werden den Darmbakterien durch das Stroh aber weniger nutzbare, das heißt fermentierbare, Substrate wie Zellulose zur Verfügung gestellt, sodass es zu Verstopfungskoliken kommen kann. Deshalb sollten Pferde und Ponys langsam an Stroh gewöhnt werden, um das ­Risiko einer solchen Kolik zu reduzieren. Auch sollte das Stroh möglichst mit Heu oder Heulage vermischt gefüttert werden, um weiterhin für die Darmbakterien über das Heu bzw. Heulage genügend fermentierbare Substrate zur Verfügung zu stellen.

Mittels Getreidestroh lässt sich ein Teil des Heus ersetzen – zumal viele Pferde und Ponys gerne Stroh fressen. Wichtig dabei: genügend Bewegung und Wasser. (Bildquelle: Petercord)

Beim Einsatz von Stroh ist zudem auf ausreichende Bewegung und eine uneingeschränkte Wasseraufnahme zu achten. Zu bedenken ist ferner, dass Stroh im Vergleich zu Heu und Heulage deutlich energie- und proteinärmer ist, sodass vielfach weitere Ergänzungen, beispielsweise von Aminosäuren, notwendig sind.

Ähnliche Voraussetzungen wie Stroh bietet Heu aus dem Gras­samenanbau. Nach dem Dreschen der Grassamen verfügen die Halme über ein ähnliches Nährstoffprofil wie Getreidestroh, sodass oben gemachte Anmerkungen auch für Heu aus dem Grassamenbau gelten.

Maissilage: Nur frisch

Bei kombinierter Rinder- und Pferdehaltung stehen eventuell Maissilagen zur Verfügung, die bei den Pferden, insbesondere bei schwerfuttrigen, ein Teil des Heus bzw. der Heulage ersetzen können. Maissilagen werden von Pferden sehr gerne gefressen. Sie sollten aber grundsätzlich nur frisch vom Silo gefüttert werden. Eine längere Lagerung (mehr als 12 bis 24 Stunden) außerhalb des Silos kann zu einer erheblichen Vermehrung von Hefen führen. Gaskoliken können die Folge sein.

Einige Reiter berichten, dass ihre Pferde bei der Fütterung von Maissilage vermehrt schwitzen. Dies steht im Zusammenhang mit der Fermentationswärme der Bakterien im Dickdarm, die während des Abbaus der Nährstoffe entsteht. Bei kühlen Temperaturen im Herbst und Winter stellt das Schwitzen aber kein gravierendes Problem für die Pferde dar.

Frische Maissilage kann täglich bis zu rund 1 kg pro 100 kg Körpermasse gefüttert werden, höhere Mengen sind aufgrund der Stärkegehalte in der Maissilage nicht sinnvoll. Zu beachten ist, dass Maissilagen zwar energiereich, aber proteinarm sind, sodass vielfach eine Proteinergänzung zum Beispiel in Form von Sojaextrak­tionsschrot oder Erbsenflocken sinnvoll ist. Eine Kombination aus 1 kg Heu oder Heulage pro 100 kg Körpermasse und 1 kg frischer Maissilage pro 100 kg Körper­masse stellt somit eine gute Alterna­tive bei schwerfuttrigen Pferden dar.

Möhren, Rote Bete, Rüben

Auch Möhren, Rote Bete und Rüben sowie Rübenschnitzel aus der Zuckerrübenverarbeitung können zumindest teilweise knappe Heu- bzw. Heulagereserven kompensieren. Bei gesunden, normalgewichtigen Pferden (z.  B. 600 kg Körpermasse) können täglich Möhren, Rote Bete oder Futterrüben bis zu 10 kg und Zuckerrüben bis zu 5 kg gefüttert werden, in Einzelfällen (z.  B. bei Abmagerung) sind auch höhere Mengen möglich.

Möhren sind vorm Verfüttern gründlich zu säubern. Sie sollten Pferden ganz angeboten werden, um das Risiko einer Schlundverstopfung zu mindern. (Bildquelle: Schildmann)

Bei Möhren, Rote Bete und Rüben ist darauf zu achten, dass diese vorm Verfüttern gründlich gereinigt werden. Möhren sollten ganz und Rote Bete sowie Rüben sollten zur Fütterung halbiert werden, damit Pferde und Ponys abbeißen können. Klein geschnittene Futterwürfel erhöhen das Risiko für Schlundverstopfungen.

Getrocknete Rübenschnitzel, die aus der Zuckerrübenverarbeitung stammen und hohe Pektingehalte enthalten, stehen sowohl melassiert als auch unmelassiert zur Verfügung. Der Markt bietet in Bezug auf das Quellvermögen der Rübenschnitzel unterschiedliche Produkte an. Die Empfehlungen zum notwendigen Einweichen sind auf jeden Fall zu beachten.

Die Fütterung von melassierten Rübenschnitzeln ist bei schwerfuttrigen Pferden sowie bei Pferden mit einem hohen Energiebedarf sinnvoll, wohingegen unmelassierte Rübenschnitzel eher bei leichtfuttrigen Pferden und Ponys zum Einsatz kommen können. Tägliche Mengen von 0,2 bis 1 kg (trocken gewogen) sind insbesondere bei Heu-Stroh- Kombinationen sehr gut möglich.

Heucobs/Grünmehlpellets

Weiterhin bietet der Handel Trockengrünprodukte wie Graswürfel, Heu- oder Luzernecobs, Grünmehlpellets sowie Esparsette- oder Maiscobs an. Cobs können bei Pferden durchaus ein Teil des Heus bzw. der Heulage ersetzen, obwohl die Partikellängen und somit die Kauvorgänge bei den Cobs nicht vergleichbar mit denen bei Heu oder Heulage sind. Trotzdem bieten sie Beschäftigung mit der Futteraufnahme und für die Darmbakterien ein adäquates Futtermittel. Bei sehr knappen Heu- oder Heulagevorräten ist täglich ein 40- bis 50%iger Ersatz denkbar; auch in Kombination mit zusätzlichem Stroh.

Bei alten Pferden mit erheblichen Gebiss- bzw. Futteraufnahmeproblemen ist häufig der vollständige Ersatz von Heu durch eingeweichte Trockengrünprodukte sinnvoll und notwendig.

Auch Grünhafer, der vielfach in gehäckselter Form vorliegt, kann bei schwerfuttrigen Pferden teilweise im Austausch zum Heu bzw. Heulage gefüttert werden. Hier sind ebenfalls Kombinationen aus Heu (zum Beispiel 1 bis 1,2 kg Heu bzw. Heulage pro 100 kg Körpermasse), Stroh (0,3 kg pro 100 kg Körpermasse) und Grünhafer (0,2 kg pro 100 kg Körpermasse) möglich.

Mehr zum Thema:

Bildergalerie

"PferdeStark" in Dörentrup

von Britta Petercord

Zum „Mekka“ der Kaltblutfreunde verwandelte sich am vergangenen Wochenende das Gelände rund um Schloss & Gut Wendlinghausen im lippischen Dörentrup. Ein Höhepunkt der „PferdeStark“ waren...

Die Raupen des Eichenprozessionsspinners sorgen für Probleme. Auch bei Pferden, Hunden und Katzen sind allergischen Reaktionen möglich. Tierärztin Ines Kretschmer erklärt, worauf zu achten ist.

Einem bei der Westfälischen Hauptkörung prämierten Reitpferdehengst wurden das Körurteil und die Prämierung nach einer positiven Medikation aberkannt.