Herr Lingemann, wie stellt sich in Ihrem Betrieb die Rohholzversorgung aktuell dar – sind die Lieferketten eingeschränkt?
Mit den aktuell getroffenen Beschränkungen in vielen europäischen Ländern ergeben sich Herausforderungen für alle Wirtschaftstreibenden. Bisher funktionieren unsere Lieferketten noch sehr gut. Lediglich bei Maschinenersatzteillieferungen aus dem Ausland kann es zu Verzögerungen kommen, die jedoch unseren Betrieb nicht gefährden. Insbesondere die Käferkalamität in den heimischen Wäldern erfordert, dass wir nach wie vor ein verlässlicher Partner sind und die Holzmengen aus der Region abnehmen wollen.
Sind bei Egger zurzeit alle Produktionslinien voll ausgelastet?
Aus heutiger Sicht und im Rahmen der gesetzlichen Rahmenbedingungen sind alle Produktionslinien im Egger Sägewerk voll ausgelastet und wir werden auf absehbare Zeit weiterhin produzieren. Dabei stehen der Schutz und die Gesundheit unserer Mitarbeiter stets im Mittelpunkt. Krankenstände innerhalb der Belegschaft sind auf einem gewöhnlichen und damit stabilen Niveau.
Wie läuft der Absatz Ihrer Produkte und gibt es Unterschiede bei den Absatzwegen oder dem Verkauf spezieller Produkte?
Wir haben das große Glück, als Sägewerk auf ein weltweites Vertriebsnetz zurückgreifen zu können, was uns ermöglicht, in rund 30 Länder liefern zu können. Schwankungen einzelner Länder können wir bisher so auffangen. Lediglich die Absatzkanäle für Rinde und Rindenmulch sind momentan unsicher, da diese vorwiegend über Baumärkte vertrieben werden.
Speziell am Standort Brilon profitieren wir sehr davon, dass unser Holzwerkstoffwerk unsere Sägenebenprodukte verwendet. In der Branche scheint der Absatz von Hackschnitzeln zum Teil ein größeres Problem zu sein. Insgesamt läuft der Absatz innerhalb Deutschlands auf Sicht stabil. Unter dieser Maßgabe setzen wir alles daran, dass das auch so bleiben kann, doch das ist letztlich derzeit nicht seriös vorhersagbar und hängt natürlich von politischen und behördlichen Entscheidungen ab. Es setzt beispielsweise voraus, dass die Verfügbarkeit von Transportkapazitäten und Fahrern ausreichend gegeben ist und Transporte nicht durch die ausgeweiteten Kontrollmaßnahmen übermäßig verzögert werden.
Inwieweit ist Kurzarbeit für Sie ein Thema?
Aktuell produzieren wir auf Volllast. Dennoch müssen wir uns unserer Verantwortung als Arbeitgeber bewusst sein und vorsorglich auch andere Szenarien prüfen, sodass wir geeignete Maßnahmen für möglicherweise reduzierte Auslastungen zumindest planen müssen. Bei Stillständen oder sehr stark gemindertem Arbeitsaufkommen werden wir bedarfsgemäß Kurzarbeit einsetzen müssen. Solange wir aber produzieren können und dürfen, werden wir dies tun, auch um den Wirtschaftszweig Forst und Holz aufrechtzuerhalten, damit die Holzmengen aus den Wäldern abfließen können.
Fehlen Ihnen durch die Einreisebeschränkungen Mitarbeiter aus dem Ausland?
Nein, da wir keine Mitarbeiter aus dem Ausland beschäftigt haben. Lediglich einzelne Arbeitseinsätze von Maschinenbau-Lieferanten aus dem europäischen Ausland mussten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
Laubholzeinschnitt läuft
Trotz Umsatzrückgängen läuft auch die Produktion beim Laubholzsäger Pollmeier in Creuzburg (Thüringen) uneingeschränkt, teilt Pressesprecher Jan Hassan im Gespräch mit dem Wochenblatt mit. Auch die Rohholzversorgung läuft unbehindert. „Wir bekommen derzeit eher zu viel Rundholz angeboten als zu wenig“, sagt Hassan. Unter anderem durch Beschränkungen wie Kurzarbeit im nachgelagerten Bereich ist Pollmeier aktuell mit Umsatzrückgängen von etwa 20 % konfrontiert.
Kurzarbeit ist aber kein Thema: „Wir beabsichtigen bis zum Sommer voll zu produzieren, um das angefahrene Rundholz verarbeiten zu können. Durch die Umsatzrückgänge produzieren wir einen Teil der Ware auf Lager“, erklärt Hassan.
Corona-Folgen für die Säger spürbar
Nach Informationen des Deutschen Säge- und Holzindustrie Bundesverbandes e. V. (DeSH) wirkt die Corona-Krise massiv auf die deutschen Sägebetriebe. Eine Umfrage des Verbands zeigt: 70 % der Werke kämpfen bereits mit den Folgen der Pandemie. Insgesamt nahmen an der DeSH-internen Umfrage 128 Unternehmen der Säge- und Holzindustrie teil. Überdurchschnittlich betroffen sind Betriebe in Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie Laubholzbetriebe.
Eigene Corona-Fälle in der Belegschaft melden derzeit nur einzelne Sägewerke. Auf Unsicherheiten beim Absatz von Schnittholz- und Sägenebenprodukten reagieren die Betriebe durch Produktionsrücknahmen. Ursachen sind Schließungen, Kurzarbeit und Stornierungen im Handwerk und Bausektor sowie sprunghafte internationale Märkte.
Überwiegend uneingeschränkt ist indes die Rundholzversorgung. Unklar ist, wie die Branche unter den gegebenen Umständen eine drohende Käferholzwelle im Frühjahr bewältigen könnte.
Kurzarbeit dürfte wie in vielen Branchen in den nächsten zwei Wochen auch in der Holzwirtschaft zunehmen.