Wiederaufforstung

Neuer Wald mit Wildlingen?

Die Naturverjüngung bietet einen nahezu unerschöpflichen Vorrat junger Forstpflanzen. Als sogenannte Wildlinge genutzt, sind die Sämlinge eine ­lohnende Alternative zur Baumschulpflanze – oder doch nicht?

Miese Holzerlöse verursachen hinsichtlich der bevorstehenden Wiederbewaldung in den Forstbetrieben schon jetzt hohen Kostendruck. Vielfach fehlt den Waldbauern das Geld für die Anpflanzungen neuer und vor allem artenreicher Forsten. Wo sich Naturverjüngung einstellt, ist das Problem deutlich kleiner, weil sie den Bedarf von Baumschulpflanzen senkt. Aus sehr dichter Verjüngung lassen sich zudem Wildlinge für den eigenen Betrieb werben. Wie genau das funktioniert und welche Vorteile die Wildlinge mit sich bringen, weiß Martin Rogge, Saat- und Pflanzgutexperte bei Wald und Holz NRW.

Ziel: Wenige Ausfälle

Wesentliches Ziel bei der Pflanzung neuer Bestände ist eine geringe Ausfallquote der jungen Sämlinge. Ein weiterer Aspekt sind die Kosten der Maßnahme. Martin Rogge betrachtet hierbei nicht nur die Preise bzw. Kosten der einzelnen Pflanze, sondern sämtliche Kosten bis zur gesicherten Kultur. Dazu zählt der Forstwissenschaftler die Beträge und Aufwendungen für:

  • die Pflanzen,
  • die Pflanzarbeit,
  • Waldschutzmaßnahmen – beispielsweise Zaunbau oder Verbissschutzmittel,
  • die Kulturpflege,
  • sowie den Anwuchserfolg der Kultur, der mitunter Kosten für Ausbesserungen bei erheblichen Ausfällen nach sich zieht.

Ein Kernproblem des Wildlings ist dabei die vergleichsweise hohe Ausfallquote. Hierbei gibt es artspezifische Unterschiede.

„An der Wurzel packen“

Wildlinge sind normale Naturverjüngungspflanzen, die in keinster Weise auf das Umpflanzen vorbereitet sind. Beim „Ziehen“ des Wildlings reißen unvermeidbar Feinwurzeln ab. Je nach Baumart kann die junge Pflanze diese Verletzung mehr oder weniger gut verkraften. Nach dem Umpflanzen des Wildlings wird der gesamte Stoffwechsel für die Regeneration des Wurzelwerks genutzt. Der im Vergleich zur Baumschule deutlich geringere Feinwurzelanteil erschwert die Wurzelheilung – der Pflanze fehlen unter anderem wichtige Nährstoffe. Der Fachmann bezeichnet das als Pflanzschock. Zerrt die Wundheilung zu stark an den Kräften der jungen Pflanze, stirbt sie ab.

Grundsätzlich eignen sich für die Wildlingswerbung Baumarten, deren Wurzelsystem vergleichsweise robust ist. Dazu zählen nach Rogges Einschätzung vor allem Buche, Hainbuche und Bergahorn. Sehr sensible Wurzeln haben hingegen die Eichenarten sowie Tannen, Lärche und Douglasie. Mit dem richtigen Verfahren gelingt aber auch das Werben von Wildlingen dieser Baumarten.

Lockern und ausstechen

Damit möglichst wenig Feinwurzeln abreißen, muss der Forstwirt den Boden vor der Wildlingswerbung lockern. „Ziehen ohne mechanische Vorbereitung ist rausgeschmissenes Geld“,...