Auf dem Feld von Hubert Anxel am Dorfrand von Neubeckum summt und brummt es. Auf seinen 3 ha hat der Landwirt eine Blühmischung ausgesät. Anfang August wird der Aufwuchs geerntet und zu einer Biogasanlage transportiert. Anxel hat den Jagdbezirk in Neubeckum (303 ha) mit Kollegen gepachtet. Die 3 ha am Dorfrand hat er freiwillig und vorrangig mit dem Ziel angelegt, neuen Lebensraum für Feldhasen, Fasane, Lerchen und viele andere bedrohte Tierarten zu schaffen.
Fünf Jahre geerntet
Heute, im zweiten Standjahr, präsentiert sich die Fläche in leuchtenden Farben. Der Landwirt wird den Aufwuchs insgesamt fünf Jahre nutzen. „Die Blühmischung kann den Maisanbau nicht voll ersetzen. Doch ab dem zweiten Jahr fallen keine Anbaukosten mehr an, es wird nur noch geerntet“, erläutert Hendrik Specht von der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft den Vorteil der Blühfläche.
Specht leitet das neue Projekt „LEPUS NRW – Lebensräume erhalten, planen und schützen“, das landesweit bedrohten Tierarten und Vögeln in Ackerbauregionen helfen soll. Die NRW-Stiftung Naturschutz,Heimat- und Kulturpflege (NRW-Stiftung) fördert das Projekt in den nächsten drei Jahren mit 747.000 €. Umgesetzt wird es von Mitarbeitern der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft und der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft, hinter beiden Stiftungen stehen Landwirte.
WLV-Präsident Hubertus Beringmeier zum Beispiel ist ehrenamtlicher Vorsitzender der Westfälischen Stiftung.
Ziele und Umsetzung
Auf dem Hof von Familie Anxel erläuterten Hubertus Beringmeier, Eckhard Uhlenberg (Präsident der NRW-Stiftung) sowie Hendrik Specht die Ziele des Projektes und wie man es umsetzen will:
- In landesweit bis zu 100 Jagdrevieren wollen Specht und seine Kollegen aus dem Rheinland Landwirte, Jäger und Revierinhaber in puncto Artenschutz beraten: An welchen Stellen sollte man sinnvollerweise zum Beispiel einen Blühstreifen anlegen? Das kann am Waldrand, entlang einer Hecke oder eines Gewässers geschehen. An anderen Stellen kann man Getreidestreifen bei der Ernte als Rückzugsflächen etwa für Rebhühner stehen lassen oder auch eine kleine Wasserfläche (Tümpel) für Flora und Fauna anlegen.
- Die Reviere sollen in typischen Ackerbauregionen liegen, etwa der Soester oder Warburger Börde, im Kreis Lippe oder der rheinischen Bucht. Alle Maßnahmen sind freiwillig. Die Revierinhaber bzw. Landwirte melden sich bei der Westfälischen oder Rheinischen Stiftung und fragen nach, ob eine Beratung in puncto Artenschutz in ihrem Revier möglich ist.
- Die NRW-Stiftung finanziert im Wesentlichen die Mitarbeiter der zwei Kulturlandschaftsstiftungen. Die Landwirte werden nicht direkt gefördert. Specht und seine Kollegen informieren Landwirte und Revierinhaber jedoch über die verschiedenen Fördertöpfe, die Bund und Land für derartige Maßnahmen zur Verfügung stellen.
- Doch in jedem Jagdrevier sieht es etwas anders aus. Es gibt verschiedene Böden und Tierarten. Sie muss man stets im Blick haben, wenn es um die Frage geht, welche Blühmischung man zum Beispiel aussäen sollte. Specht: „Einige Landwirte legen Wert auf viel Blühendes, anderen reicht es aus, wenn am Gewässerrand ein Grasstreifen liegen bleibt.“
- Auch die Pflege der Blühfläche will Specht mit den Landwirten besprechen: Mulchen ja oder nein? Wenn ja, jedes Jahr oder nur alle zwei Jahre?
Es geht nur mit Vertrauen
Auf dem Pressegespräch bei Familie Anxel wurden verschiedene Dinge diskutiert: Das Projekt LEPUS NRW wird nur dann erfolgreich, da waren sich alle einig, wenn Landwirte und Jäger (Revierinhaber) vor Ort vertrauensvoll zusammenarbeiten. „Der Artenschutz“, brachte es Hubertus Beringmeier auf den Punkt, „ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir müssen uns um Feldhase, Rebhuhn, Hase und Co. kümmern, sonst tun es bald womöglich andere Leute, die uns und den Jägern weniger wohlgesonnen sind.“
Beringmeier wies auf zwei weitere wichtige Punkte hin: Gerade beim Vertragsnaturschutz seien die Bestimmungen verwirrend. Viele Landwirte wüssten gar nicht, was gefördert werde und welche Auflagen sie dann erfüllen müssten. Daneben sorge noch ein Punkt in der Praxis für Verunsicherung. Freiwillige Maßnahmen, etwa im Rahmen des Vertragsnaturschutzes, dürften nicht dazu führen, dass Landwirte am Ende bestraft werden, indem das Land NRW oder der Kreis eine Fläche unter Naturschutz stellten. Dagegen meinte Hendrik Specht: „Der Ackerstatus einer Vertragsfläche bleibt grundsätzlich erhalten. Das wird von uns auch so kommuniziert. Alles andere wäre ein Vertrauensbruch.“
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