Kitzaufzucht im Doppelpack

Alina Austermann ist frisch gebackene Kitzmama. Gleich zwei Rehkitze zieht sie aktuell auf - und dabei muss die angehende Landwirtin einiges beachten.

Für Alina Austermann aus Müssingen, Kreis Warendorf, waren in den vergangenen drei Wochen die Nächte kurz. Denn die 17-Jährige musste in dieser Zeit alle drei Stunden zwei Rehkitze, die Austermanns zurzeit in einer Pferdebox beherbergen, mit Milch versorgen. Die Ricke, Mutter der Kitze, war an der nahe gelegenen Bundesstraße tot aufgefunden worden. „Leider hatte der Unfallverursacher weder die Polizei noch die örtlichen Jagdpächter informiert“, berichtet Alinas Vater August Austermann, einer der drei Revierpächter vor Ort. Da die Ricke Milch im Gesäuge hatte, stand fest: Sie hat Nachwuchs. Also begaben sich Vater und Tochter am Abend auf Kitz­suche. Zum Glück fiepen diese, wenn sie hungrig sind, nach ihrer Mutter. So wurde schnell ein Kitz in einem Roggenfeld gefunden, gefangen und zum Hof gebracht. Doch da Rehe in der Regel Nachwuchs in Form von Zwillingen haben, fuhren Vater und Tochter anschließend erneut zum Feld. Mit viel Glück wurde tatsächlich das zweite Kitz gefunden. „Aber auch nur, weil ich zufällig in derselben Fahrgasse wie das Kitz stand und dieses gerade zweimal gefiept hat“, berichtet Alina Austermann.

Die richtige Versorgung

Nun mussten die beiden, zum Zeitpunkt des Fundes etwa zwei Wochen alten Jungtiere versorgt werden. Doch wie erfolgt dies richtig? Wertvolle Informationen dazu liefert das Internet, beispielsweise die Seite rehkitzrettung.de. Dort findet sich etwa der Hinweis, dass Kitze keine Kuh-, sondern Ziegenmilch erhalten sollten. „Diese hatte zum Glück unser örtlicher Supermarkt im Regal“, erinnert sich die junge Frau. Fläschchen mit extralangem Sauger hatte der örtliche Raiffeisen-Markt vorrätig, wobei aktuell nur ein Kitz aus der Flasche trinkt und das Fütterungsintervall auf fünf Stunden ausgedehnt werden konnte. „Das andere Kitz war von Anfang an deutlich scheuer und nimmt die Milch derzeit aus der Schale auf. Bei bzw. spätestens nach der Milchaufnahme müssen die Jungtiere angeregt werden, Kot und Urin abzusetzen. Die Ricke tut dies, indem sie ihre Kitze während des Säugens leckt. Ersatzweise verwendet Alina Austermann dafür ein feuchtes Tuch.

Neben Stroh und etwas Erde befindet sich in der Box zudem pflanzliche Nahrung, in diesem Fall Zweige von Weide, Weißdorn und Obstbäumen sowie Gras und Kamille. Denn bereits in der ersten Lebenswoche beginnen die Kitze, an frischem Grün zu knabbern. „Es ist erstaunlich, aber in der Regel haben die beiden bis zum nächsten Tag alles aufgefressen“, sagt die junge Frau, die sich gerade im ersten Ausbildungsjahr zur Landwirtin befindet und vor rund zwei Jahren ihren Jagdschein gemacht hat.

Als Nächstes wollen Austermanns ein Außengehege bauen. Ziel ist es, die Kitze zum Herbst hin auswildern zu können. Mithilfe einer Ohrmarkenkennzeichnung hoffen Vater und Tochter, die Rehe dann auch später noch wiederzuerkennen.

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