Sorge um Fichtenwälder

Flugverbot für Borkenkäfer

Der Borkenkäfer hat viele Fichtenwälder fest im Griff. Mit den steigenden Temperaturen startete der Käferflug, was den Bekämpfungsdruck erhöht. In Siegen-Wittgenstein testen die Förster jetzt eine neue Strategie gegen den Käfer.

Die Sorge der Waldbesitzer und Förster um die heimischen Fichtenwälder wächst stetig, denn der Käferflug ist in vollem Gange. Sämtliche Waldschutz­experten rechnen mit einer enormen Massenvermehrung, weshalb bei der Käferbekämpfung fast jedes Mittel recht scheint. Statt aber in großem Maße Insektizide einzusetzen, testen die Förster in Siegen- Wittgenstein, die Käfer mit Folie zu bekämpfen.

Bremsen ja, abwehren nein

Der Borkenkäfer macht auch vor den Fichtenwäldern in Siegen- Wittgenstein keinen Halt. Im zurückliegenden Herbst hat der Buchdrucker hier Fichten befallen, die zwischen 400 und 800 m über Meereshöhe wachsen. Für Forst­amtsleiter Diethard Altrogge ist das ein Indiz, dass so gut wie keine Wälder vor dem Käferfraß sicher sind. Im vergangenen Sommer und Herbst sind in seinem Forstamtsbereich bereits mehr als 200  000 fm Schadholz angefallen.

Mit Pflanzenschutzmitteln können wir die jetzige Katastrophe nur verlangsamen, aber nicht abwehren.“ Diethard Altrogge

In diesem Jahr befürchtet Altrogge noch größere Schadholzmengen. Gemeinsam mit seinen Kollegen in den Revieren bereitet der Förster seit Wochen den Schutz der Fichtenwälder vor. Eines steht für Altrogge dabei fest: „Der flächige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist in Siegen-Wittgenstein kein Thema.“ Der Forstamtsleiter bewertet Kosten und Nutzen der Polterbehandlung mit Insektiziden als unverhältnismäßig. Die Mittel sind teuer und müssen seiner Erfahrung nach mehrmals ausgebracht werden, damit die Käfer effektiv absterben. Für Altrogge ist außerdem die mögliche Gefährdung anderer Waldinsekten – besonders der Nützlinge – unkalkulierbar. „Mit Pflanzenschutzmitteln können wir die jetzige Katastrophe nur verlangsamen, aber nicht abwehren“, sagt Altrogge.

Diethard Altrogge kontrolliert mit Forststudent David Andermahr die Holzlager, um Schäden an der Folie auszuschließen. (Bildquelle: Schlotmann)

Viele Privatwaldbesitzer im Regionalforstamt scheinen ähnlicher Ansicht zu sein, denn bislang sind keine Pflanzenschutzmitteleinsätze in den betreuten Revieren bekannt.

Holz „käferfest“ verpacken

Für die Förster in Siegen-Wittgenstein hat die Ernte des frisch befallenen Holzes als Waldschutzmaßnahme Priorität. Allerdings ist das Holz zurzeit kaum zu vermarkten. Altrogge und seine Kollegen haben sich darum etwas einfallen lassen, um die noch stehenden Bestände zu schützen. Ihre Lösung ist Folie. Nach der Ernte lassen die Förster das Holz an der Waldstraße aufpoltern – wenn möglich an sonnigen Orten. Anschließend wird das mit Käfern befallene Holz mit herkömmlicher Silofolie abgedeckt. Das Ziel: die sich im Holz entwickelnden Käfer vor dem Ausfliegen hindern. Durch die Sonnen­einstrahlung und den sinkenden Sauerstoffgehalt erhofft sich Altrogge zudem, dass die jungen Käfer absterben – ganz ohne Pflanzenschutzmittel.

Die warmen Temperaturen in den zurückliegenden Tagen haben zum Beginn des Borkenkäferfluges geführt. (Bildquelle: Schlotmann)

Manfred Gertz, zuständig für den Staatswald im Forstamt, hat bislang etwa 1000 fm Fichtenabschnitte und Industrieholz unterschiedlicher Poltergrößen mit Folie abgedeckt. Die Kosten für die Maßnahme: 3 bis 4 €/fm. Vor einigen Tagen verschaffte sich Waldschutzexperte Dr. Mathias Niesar einen ersten Überblick von den „Folienlagern“. In den kommenden Wochen wird Niesar das Projekt wissenschaftlich begleiten. Je nach Erfolg der Maßnahme könnte die Käferabwehr mithilfe der Folie sogar förderfähig werden.

Nasslager in Planung

Weil im Regionalforstamt besonders durch das Wettertief Eberhard Sturmholz angefallen ist, plant und organisiert das Forstamt derzeit die Anlage eines Nasslagers. Diese Holzlagerung eignet sich nur für frisches Holz – bereits mit Pilzsporen verseuchtes Käferholz würde durch die Bedingungen im Nasslager noch schneller durch Bläuepilze verfärben oder verfaulen. Die Nasslager werden soweit geplant, dass sie bei Bedarf sofort befüllt und in Betrieb genommen werden können. Genehmigungsverfahren oder Ähnliches sollen die Holzlagerung nicht bremsen.

Darüber hinaus sind die Nasslager ein Mittel, um den Holzmarkt zu entspannen. Gleichwohl werden die Sägebetriebe diesbezüglich stärker in die Pflicht genommen, denn eine längere Lagerung bedeutet auch eine planbare Versorgung mit Rohholz.

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