Wiederbewaldung

Die Birke: Unkraut oder Alternative?

Die Fichte verabschiedet sich durch Stürme, Borkenkäfer und Trockenheit auf breiter Fläche. Die Suche nach Alternativen läuft auf Hochtouren. Dabei wird die Rolle der Birke oft unterschätzt.

Unmittelbar nach großen Schadereignissen sind die Baumschulen mit der gesteigerten Pflanzennachfrage häufig überfordert. Die Preise für geeignete und standortangepasste Baumarten und Herkünfte steigen enorm. Gleichzeitig schmilzt das Kapital der Waldbesitzer wegen niedriger Holzerlöse wie Schnee in der Sonne. Trotzdem ist eine Wiederaufforstung dringend nötig, um die Kahlflächen wieder zu bestocken. Hier kann die Birke buchstäblich Pionierarbeit leisten – und das kostenlos.

Neuer Wald wie angeflogen

Die Dynamik der Natur sorgt dafür, dass eine „verwüstete“ Waldfläche innerhalb kürzester Zeit durch natürliche Prozesse wiederbesiedelt wird. Häufig samen sich sogenannte Pioniergehölze wie Birke, Vogelbeere, Salweide, Aspe und Erle ohne Zutun des Menschen und somit kostenlos an – eine denkbare Alternative zu einer oft kostenintensiven Anpflanzung?

Pioniergehölze zeichnen sich durch ihre Unempfindlichkeit gegenüber Frost, Hitze und Trockenheit aus. Ihre Samenverbreitung erfolgt durch Wind (das gilt beispielsweise für Birke, Aspe und Weide) oder durch Vögel und Mäuse. Zudem sind sie „bodenvag“, das heißt, sie sind gegenüber dem pH-Wert des Bodens unempfindlich. Ihre Ansprüche an die Lichtversorgung sind sehr hoch – werden diese erfüllt, danken die Pioniergehölze es mit einem sehr raschen Jugendwachstum.

Warum also nicht die waldbauliche und betriebswirtschaftliche Chance nutzen, die sich mit dem „forstlichen Unkraut“ bietet? Insbesondere die Sandbirke bietet hierzu vielfältige Möglichkeiten:

  • Unter einem lockeren Birkenvorwald gedeihen Schattbaumarten wie Buche und Weißtanne, welche zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen des Voranbaus eingebracht werden können.

  • Konkurrenzvegetation wie Brombeere, Adlerfarn, Reitgras usw. ist unter Birkenschirm deutlich geringer ausgeprägt. Damit sinken die Gefahren für die vorangebauten Hauptbaumarten unter anderem durch Rüsselkäfer, Mäuse, Frost, direkte Sonneneinstrahlung und/oder starke Windeinwirkung – sogenannte biotische und abiotische Faktoren.
  • Die erzieherische Wirkung der Pionierbaumarten als Füll- und Treibhölzer fördert die Wipfelschäftigkeit, Feinastigkeit und natürliche Astreinigung der Hauptbaumarten.
  • In Löchern und Lücken ohne Vorwaldbaumarten können gruppen- und horstweise, durch Pflanzung eingebrachte Mischbaum­arten das Baumartenportfolio ergänzen. Auf schwach bis mäßig nährstoffversorgten, mäßig frischen Böden bieten sich je nach Höhenlage Traubeneiche, Douglasie, Roteiche und Edelkastanie an. Bei besserer Nährstoff- und Wasserversorgung eignen sich Spitz- und Bergahorn sowie Wildkirsche.
  • Einige Jahre nach der Kalamität ist die Versorgungslage mit qualitäts- und herkunftsgesichertem Vermehrungsgut wesentlich entspannter. Der Vorwald verschafft zeitlichen Spielraum.

Ökologisch wertvoll

Die Weichlaubhölzer bilden eine gut zersetzbare Streu und durch ihre intensive Durchwurzelung unterschiedlicher Bodenhorizonte werden Bodenlebewesen und die Bodenfruchtbarkeit gefördert.

Weichlaubhölzer stellen eine wichtige Futterpflanze für Raupen seltener Schmetterlinge (an Salweide: Großer und Kleiner Schillerfalter, Trauermantel, Großer Fuchs, an Aspe: Großer Eisvogel) und eine bedeutende Bienenweide dar.

Im Winter bilden die Samen eine wichtige Nahrungsquelle für verschiedene Singvögel darunter Birkenzeisig, Wacholderdrossel, Dompfaff, Kernbeißer, Seidenschwanz und Meisen.

Untersuchungen zufolge...