Die Sommer werden immer trockener, die Winter moderater. Das hat Einfluss auf die Pferdegesundheit. Immer mehr Pferde leiden an Husten. Und im Gegensatz zu früheren Zeiten verlagert sich der Therapiebedarf vom Winter auf den Sommer. Diesen Eindruck hat Dr. Tobias Niebuhr, leitender Fachtierarzt für innere Medizin an der Pferdeklinik Nindorf, Niedersachsen. Er nimmt seit einigen Jahren einhergehend mit den klimatischen Veränderungen ein gehäuftes Aufkommen von chronischen Atemwegserkrankungen bei Pferden wahr. Er nennt das Equine Asthma (früher "COB"). Es geht nicht um eine akute Infektion, sondern um chronischen Husten. Weitere Symptome sind Nasenausfluss, Leistungsschwäche und Atembeschwerden. Vor allem zeigen sich die Symptome, wenn die Pferde in der Box stehen. Besonders Staubpartikel mit einer Größe bis 5 µm sind problematisch.
Staubvermeidung ist das A und O
„Im Allgemeinen ist auf eine möglichst staubarme und hygienische Haltung zu achten“, betont der Veterinärmediziner. Der Schlüssel für eine Besserung der Symptome des stallstaubinduzierten Asthmas ist die Haltungsoptimierung. Beispielsweise:
- staubarme Einstreu verwenden,
- staubarmes Kraftfutter, Heu oder Heulage füttern,
- Heu und Heulage wässern oder bedampfen,
- kein Stroh oder Heu in der Stallgasse aufschütteln. Und wenn, dann warten, bis sich die Partikel wieder gesetzt haben. Faustformel: Ein Staubpartikel von der Größe 5 µm braucht 100 min., um wieder auf dem Boden zu liegen.
- Pferde während des Mistens auf den Paddock stellen,
- das Pferd draußen putzen,
- Bewegung,
- auf Luftzirkulation im Stall achten,
- Offenstall bevorzugen,
- Inhalation mit Kochsalz oder Sole.
Tagung „Gesunde Haltung – gesunde Pferde“
Atemwegserkrankungen und das damit einhergehende Krankheitsmanagement sind nicht die einzigen künftigen Anforderungen, auf die sich Pferdehalter einstellen müssen. Das wurde auf der 21. Tagung „Gesunde Haltung – gesunde Pferde“ vorige Woche in Hannover deutlich. Diese hatte der Veranstalter, die Fachberatung für Pferdebetriebe Schade und Partner aus Verden, unter das Motto „Was bedeutet der Klimawandel für die Pferdehaltung?“ gestellt.
Pferdeweide im Stress
Eine der großen Herausforderungen wird in Zukunft die Bewirtschaftung des Grünlandes und die Futtergewinnung sein. Gerade Trockenheit in Kombination mit dem tiefen Verbiss der Pferde und Trittspuren bedeutet für das Grünland Stress. Wertvolle Futtergräser sterben ab. Es entstehen Lücken in der Grasnarbe. In der Folge können sich insbesondere der Stumpfblättige Ampfer, Disteln, gemeine Quecke oder das giftige Jakobskreuzkraut nahezu konkurrenzlos ausbreiten. Hubert Kivelitz, Landwirtschaftskammer NRW, empfiehlt Pferdehaltern im Herbst eine gezielte Nach- bzw. Übersaat mit geeigneten Gräsern wie dem Wiesenlischgras im Herbst. Zudem sollten Pferde, wenn möglich bei extremer Trockenheit zum Schutz der Grasnarbe und nachwachsender schmackhafter Gräser nicht ganztägig auf der Weide bleiben, damit die Weide nicht noch mehr gestresst wird. Weitere Pflegemaßnahmen, auf die der Grünlandexperte hinweist, sind Striegeln, Mulchen, eine standortangepasste Düngung, und regelmäßiges Abäppeln sowie eine gezielte Unkrautbekämpfung. „Letztlich hängt die Regenerationsfähigkeit des Grünlandes von ausrechende Niederschlägen ab“, betont Kivelitz.
Regenwasser zum Bewässern nutzen
Wasser ist das große Thema von Andreas Ackermann, Landschaftsarchitekt, und Carsten Rindfleisch, Wasserbauingenieur, beide aus Hannover. Sie fordern einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser. Eine Möglichkeit, um den Verbrauch von Trinkwasser zu reduzieren, ist vermehrt Regenwasser oder Grauwasser zu nutzen, etwa für die Bewässerung von Reit- und Grünflächen oder zum Säubern der Stallungen. Die Experten setzen auf Zisternen. Das ist eine Technik aus der Antike. Sie wurde eingesetzt, um bei unregelmäßigen Regenfällen Wasser zu speichern. Offenbar wird sie jetzt neu gedacht. Rindfleisch kommentierte: „Die klimatischen Veränderungen fordern zum Umdenken und vorausschauenden Handeln auf.“
Futterpreise unter Druck
Umdenken, das betonte auch Olaf Krause, Geschäftsführer von Equovis, Münster. Die Herstellung von Pferdefutter in Zeiten der Klimaveränderung, der Verknappung von Rohstoffen und hoher Energiekosten stelle die Unternehmen vor hohe Herausforderungen. Es erfordere viel Anstrengung, die Pferdefütterung zu vertretbaren Preisen zu sichern. „Normal“ werden die Preise vermutlich so schnell nicht wieder werden. „Gleichzeitig beschleunigen diese Rahmenbedingungen erforderliche Innovationen“, betonte Krause mit einem Blick nach vorn.
Diese Botschaft spiegelten auch die Veranstalter der Tagung in ihrem Fazit wider: „Alle Bereiche müssen ,neu gedacht‘ werden. Vieles was lange Zeit selbstverständlich erschien, wird in Zukunft deutlichen Schwankungen unterworfen sein.“
Lesen Sie mehr: