Traditionell lädt das Westfälische Pferdestammbuch zu den jährlichen Rasseversammlungen im Januar ein. Doch Corona-bedingt trafen sich die Züchter von Reitponys, Shetlands, Haflingern, Kaltblütern und weiteren Rassen in der vergangenen Woche im Pferdezentrum in Münster-Handorf bzw. in der Deutschen Reitschule in Warendorf.
Wichtigste Information für alle war die Entscheidung des Vorstands, die Geschicke des Pferdestammbuchs zukünftig in die Hände von zwei Zuchtleitern zu legen. Stimmen die Delegierten bei ihrer Versammlung im September für die Satzungsänderung, wären zukünftig der derzeitige kommissarische Zuchtleiter Thomas Münch und seine Stellvertreterin Katrin Tosberg gleichberechtigte Zuchtleiter.
Reitponys
Bei den Reitponyzüchtern standen wichtige Entscheidungen an. So muss ein neuer Termin für die Hauptkörung her, denn mit der Leitlinie zum Tierschutz im Pferdesport kommt die Forderung, Pferde nicht mehr vor dem 30. Lebensmonat gezielt auszubilden. Das führt dazu, dass der bisherige Körtermin Ende November nicht beibehalten werden kann. Die Reitponyzüchter sprachen sich für eine Körung im März mit angeschlossener Hengstschau aus. Dafür soll die Infrastruktur der Reitpferdekörung genutzt werden, die ab 2023 höchstwahrscheinlich Anfang April stattfinden wird. In diesem Jahr bleibt jedoch noch alles wie in den Vorjahren.
Thomas Münch schlug den Züchtern vor, die Vermarktungskonzepte für Reitponys zu überarbeiten und auszubauen. Voraussetzung für eine langfristig erfolgreiche Strategie sei aber die Bereitschaft der Züchter, ihre guten und sehr guten Reitponys vom Stammbuch vermarkten zu lassen. „Wir sollten nicht auf andere Aktivitäten schielen und uns über deren Erfolg wundern, sondern unsere tollen Ponys selber anbieten, dann stellen sich auch sicher Erfolge ein“, so Münch. Geplant ist als erster Schritt eine Elite-Auktion für Reitponys am 10. Oktober, für die noch geeignete Kandidaten gesucht werden. Eingeschlossen in die Vermarktung werden sollen zudem ungerittene Youngster und Fohlen.
Shetland
Ein neuer, zusätzlicher Zuchtausschuss für Reitponys und weitere Rassen innerhalb des Pferdestammbuchs soll die Stimme der „Kleinen“ stärken. So sieht es eine geplante Satzungsänderung vor, die Katrin Tosberg den Züchtern der Shetland-Rassen, Classic, Welsh und weiterer Kleinpferderassen präsentierte.
Für die Farben der Deutschen Classic Ponys gibt es einen neuen Farbschlüssel von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Aus „Fuchs, helles Langhaar“ wird nun „Rappsilber“ oder „Braunsilber“.
Eine „never ending story“ ist die Kontroverse zwischen den deutschen Shetlandponyzüchtern und dem Ursprungszuchtbuch. Nach wie vor werden einige Ponys bzw. Abstammungen nicht von diesem anerkannt. Ein weiteres Problem: Das Stammbuch darf nach dem Brexit in England generell keine Pferde und Ponys mehr registrieren.
Thema Körung: Die Züchter der Kleinpferderassen werden sich den Reitponyzüchtern anschließen und ebenfalls zukünftig Ende März den Körtermin haben. 2021 wird aber Ende November noch eine Körveranstaltung nach bekannter Mach-art stattfinden. Eine zusätzliche Hengstanerkennung wird es beim Handorfer Kleinpferdetag geben.
Haflinger
Was wird aus den „Haflinger-Tagen“, die in diesem Jahr noch einschließlich Körung am 11. und 12. September in Handorf stattfinden? Das war bei der Züchterversammlung das wesentliche Diskussionsthema. Denn auch für die Haflinger muss ein neuer Körtermin gefunden werden. Denkbar wäre ein Körtermin im Frühjahr (Februar), möglicherweise sogar mit dem Verein Original Haflinger Pferde Deutschland zusammen, oder die Körung der Junghengste erst dreieinhalbjährig. „Dann blieben die Haflinger-Tage in der jetzigen Form erhalten und man ginge der Tierschutz-Diskussion komplett aus dem Weg“, merkte ein Züchter an. Bei der Abstimmung zur Erfassung eines Meinungsbilds sprachen sich die Züchter mehrheitlich für einen Körtermin im Frühjahr aus.
Sollte es innerhalb des Pferdestammbuchs zukünftig neben denen für Reitpferde und Kaltblüter einen dritten Zuchtausschuss für Reitponys und weitere Rassen geben – wo würden sich die Haflinger-Züchter dann zugehörig fühlen: bei den Kaltblütern oder bei den Kleinpferden? Mehrheitlich sprachen sich die Züchter für die Kaltblüter aus.
Laut der neuen Farbschlüsseltabelle der FN sind Haflinger/Edelbluthaflinger nicht mehr „Fuchs“, sondern „Fuchs, helles Langhaar“.
Ab 2022 werden Influenza- und Tetanusimpfungen für alle Pferde, die an westfälischen Zuchtveranstaltungen teilnehmen, zur Pflicht.
Kaltblut
Auch die Kaltblutzüchter müssen sich Gedanken über einen neuen Körtermin machen. Rund 30 Aktive trafen sich dazu in der Deutschen Reitschule in Warendorf. Übereinstimmung herrschte darüber, dass die Körung weiterhin eine NRW-Veranstaltung bleiben soll. Zudem wünschen sich die Züchter die Abstimmung mit den Machern der Kaltblutkörung in Krumke. Als Wunschtermin wurden Februar oder März genannt. Nun soll in enger Abstimmung mit den beiden anderen Verbänden der neue Körtermin für NRW gefunden werden. Katrin Tosberg stellte klar, dass bereits in fremden Verbänden gekörte Hengste, die bei der NRW-Körung zur Anerkennung vorgestellt werden, nicht prämienberechtigt sind.
Um die Rasse zu fördern, gibt es die Überlegung, in den Sommermonaten einen Rassetag für Kaltblut einzurichten. Eingeladen wären Stuten und Fohlen. Damit soll eine bessere Vergleichbarkeit der Pferde erreicht und den Bewertungskommissionen ein größerer Überblick über die Population ermöglicht werden. Auch erhoffen sich die Züchter von so einem Tag mehr Aufmerksamkeit für ihre Rassen.
Die derzeit laufende Studie der FN und der Universität Göttingen zu PSSM I – eine erbliche Stoffwechselkrankheit, bei der es zu einer vermehrten Speicherung von Glykogen in der Skelettmuskulatur kommt – hat erste Ergebnisse hervorgebracht. Insgesamt konnten 800 Proben für die Untersuchung ausgewertet werden. Nach derzeitiger Datenlage sind bei den Haflingern nur 10 % der Probanden PSSM I-positiv. In der Stichprobe der Schwarzwälder und Süddeutschen Kaltblüter fanden sich 20 % Anlageträger. Beim Rheinisch-Deutschen Kaltblut sind zwei Drittel der untersuchten Pferde positiv. Bisher konnte kein Leitsymptom für PSSM I ermittelt werden. Anscheinend sind Symptome zum Teil rassespezifisch. Beim Rheinisch-Deutschen Kaltblut fanden sich am häufigsten Bewegungsunlust, Muskelzittern, Schwitzen oder Wetterfühligkeit.
Das laufende Forschungsprojekt zur Mauke beim Kaltblut, an dem sich auch viele westfälische Züchter beteiligten, wird von den Auswirkungen der Corona-Auflagen ausgebremst, sodass bisher keine Ergebnisse vorliegen.