Eine Geburt ist spannend und wirft viele Fragen auf. Was ist im Vorfeld zu beachten? Wie kündigt sich die Geburt an? Wie läuft sie ab? Was ist danach wichtig? Was tun bei Komplikationen?
Tipps rund um die Geburt
Stute und Fohlen meistern die Geburt in der Regel gut. Dennoch ist einiges zu beachten. Infos und Tipps gab Dr. Anna Tönissen, Tierärztliche Hochschule Hannover, im Rahmen einer Online-Seminarreihe von „ReproTraining“, Verl, Kreis Gütersloh.
Nummern und Zuständigkeiten: Bevor die akute Phase beginnt, klären:
- Wer übernimmt Nachtwache bzw. Kameraaufsicht/Telefon?
- Wer hilft, ggf. auch nachts?
- Wer entscheidet im Notfall, falls die Abfohlung für Einsteller überwacht wird.
- Wer überwacht Stute und Fohlen nach der Geburt?
Der Tierarzt sollten im Vorfeld informiert sein. Seine Nummer bzw. des Bereitschaftsdienstes und der Klinik sollten parat liegen.
Sechs Wochen vorher
Die Vorbereitungen: Sechs Wochen vor der Geburt kommt die Stute in die Abfohlbox, damit sich ihr Immunsystem an den neuen Stall anpasst. Die Box sollte geräumig und großzügig mit viel Stroh eingestreut und desinfizierbar sein.
Überwachung vor der Geburt: Es ist ratsam, tragende Stuten in den Tagen vor der Geburt zu überwachen. Geeignet sind Kamerasysteme, Brustgurte, Chip-Systeme (Sender in der Schamlippe) oder die eigene Sichtkontrolle. Die Stute darf durch die Überwachung nicht gestört werden.
Anzeichen für die Geburt
Erste Anzeichen: Einige Tage vorher kündigt sich die Geburt an:
- Die Beckenbänder fallen ein.
- Die Stute eutert auf, an den Zitzen bilden sich „Harztropfen“.
- Der Bauch wird birnenförmig.
- Die Scheidenöffnung wird länger. Die Vulva ist gefältelt.
Wie die Geburt abläuft
Der physiologische Ablauf: Die Geburt unterteilt sich in drei Phasen.
Phase 1: Die Geburt beginnt mit der Öffnungsphase. Diese dauert etwa zwei Stunden. Die Wehen setzen ein. Der Geburtsweg weitet sich. Der Fetus wird in den Fruchthüllen in den Geburtskanal transportiert. Die Stute ist unruhig, legt sich wiederholt hin und steht wieder auf.
Phase 2: Mit Öffnen der Fruchtblase und dem abgehenden Fruchtwasser beginnt die zweite Phase (Austreibung). Die Stute legt sich meist auf die Seite. Starke Presswehen setzen ein und drücken das Fohlen heraus. Zwischen den Schamlippen erscheint die weiß-bläuliche innere Fruchtblase mit den Vorderhufen, Maul und Nase des Fohlens. Die geschlossenen Eihäute müssen geöffnet und der Schleim von Kopf und Nüstern entfernt werden, damit das Fohlen frei atmen kann. Die Austreibungsphase dauert etwa 30 Minuten.
Geburtshilfe: Erfahrene Personen können in der Austreibungsphase vorsichtig mit Zug unterstützen, wenn es stockt. Normalerweise sind die Vorderbeine des Fohlens und leicht versetzt das Maul zu sehen. Ist das anders, muss der Tierarzt helfen. Womöglich steckt das Fohlen im Geburtskanal fest. Es drohen innere, lebensbedrohliche Verletzungen von Mutter und Fohlen. Auch wenn sich der Allgemeinzustand der Stute verschlechtert, ist der Tierarzt zu rufen.
Phase 3: Die dritte Phase ist die Nachgeburtsphase. Diese dauert gut zwei Stunden. Die Stute hat Nachwehen, um die Nachgeburt auszutreiben. Sollte die Nachgeburt nach zwei Stunden noch nicht oder unvollständig abgegangen sein, ist tierärztliche Hilfe erforderlich. Bleibt Gewebe in der Gebärmutter, kann es zu lebensbedrohlichen Entzündungen und Intoxikationen kommen. Mit dem Abgang der Nachgeburt endet die Geburt.
Was tun beim "Red Bag"?
Notfall „Red Bag“: Beim sogenannten „Red Bag“ (englisch für „Roter Sack“) löst sich die Plazenta verfrüht ab. Für das Fohlen besteht Lebensgefahr, weil die Sauerstoffversorgung unterbrochen ist. Der Halter bzw. Züchter muss den „Red Bag“ mit einem scharfen Messer oder Skalpell aufschneiden, damit das Fohlen nicht erstickt. Ein „Red Bag“ ist nicht zu verwechseln mit der Blase. Charakteristisches Merkmal des „Red Bags“ ist ein deutlich erkennbarer „heller Stern“, außerdem lässt sich das Fohlens in dem Sack ertasten.
Nach der Geburt
Nach dem Abfohlen: Nach der Geburt ist der Nabel zu desinfizieren und eventuell restlicher Schleim aus den Nüstern zu entfernen. Das Fohlen sollte bei der Mutter liegen, damit sie es trockenleckt. Bald sollte das Fohlen aufstehen, die lebensnotwendige Biestmilch trinken und nach drei Stunden Darmpech absetzen. Jetzt brauchen Stute und Fohlen Ruhe.
Es ist wichtig, beide im Blick zu behalten und das Verhalten der Stute gegenüber dem Fohlen zu beobachten und mögliche Komplikationen wie Nachgeburtsverhalten oder Blutungen zu erkennen und zu behandeln.
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