Koppen, Magengeschwüre, Verletzungen – Fehler bei der Pferdehaltung wirken sich negativ auf die Gesundheit der Vierbeiner aus. Details dazu standen im Mittelpunkt einer Veranstaltung der Landwirtschaftskammer NRW.
Wie sieht die richtige Haltung aus?
Pferde benötigen bestmögliche Haltung und Betreuung. Doch wie sieht die aus? Fakt ist: Nur 11 % aller Sportpferde werden älter als 14 Jahre. Und rund ein Drittel der Pferde in Boxenhaltung zeigen Verhaltensauffälligkeiten. Diese Zahlen nannte Dr. Karsten Zech, Fachtierarzt für Pferdegesundheit bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, anlässlich einer Online-Veranstaltung der Landwirtschaftskammer NRW. Die Gruppenhaltung bedeute aber damit nicht die Lösung aller Probleme. „Auch hier kommt es auf das Management an – und das Platzangebot“, betonte der Referent.
Die Bedürfnisse der Steppentiere
Die ursprüngliche Heimat des Pferdes ist die Steppe. Das heißt, sie benötigen von Natur aus viel Licht, frische Luft, Bewegungsmöglichkeit, aber auch Temperaturschwankungen. „Pferde benötigen Klimareize. Sie stärken das Immunsystem“, informierte der Tierarzt. Und sie benötigen frische Luft. „Diese beinhaltet 150 Bakterien und Partikel pro m3, schlechte Stallluft hingegen 700 000“, nannte der Pferdefachmann eindrucksvolle Zahlen. Zech: „Husten ist ein Alarmsystem.“
Auf Stallgeräusche achten
Die Vierbeiner müssen ihr komplettes Verhaltensprogramm einschließlich sozialer Kontakte ausleben können. Wo dies nicht der Fall ist, kommt es zu Verhaltensstörungen wie Koppen, Weben oder Stangenwetzen. Aufschlussreich bei einem Betriebsbesuch sei es daher, nicht nur dem Betriebsleiter zuzuhören, sondern auch auf die Geräusche im Stall zu achten.
In der freien Wildbahn legen Pferde pro Tag 10 bis 20 km zurück. In einem gegliederten Offenstall sind es 4,8 km, auf der Tagesweide 3,7 km und in der Einzelbox knapp 0,2 km, nannte der Referent Vergleichszahlen. Für die Sehnen und Bänder sei aber nicht nur die Dauer, sondern auch die Qualität der Bewegung (geradeaus/drehend wie in der Box) wichtig.
Nur kurze Fresspausen
Das angeborene Verhalten und das Verdauungssystem des Pferdes sind auf eine kontinuierliche Nahrungsaufnahme eingestellt. „Pferde sind bis zu 18 Stunden am Tag mit der Futteraufnahme beschäftigt“, informierte Zech.
Fresspausen, beispielsweise durch zeitgesteuerte Heuraufen, sollten maximal vier Stunden betragen. Denn im Pferdemagen wird kontinuierlich Magensäure produziert. Ist der Magen leer, greift die Säure die Magenwände an. Die Folge: Magengeschwüre.
Ebenso wichtig ist die freie Verfügbarkeit von Wasser. „Pferde lieben offene Wasserflächen, an denen sie zusammen trinken können“, so Zech. Bei Selbsttränken sollten Stallbetreiber beachten, dass die Schalen nicht zu klein sind, stets sauber sind und das Ventil nicht spritzt. Ansonsten könne dies bereits die Wasseraufnahme einschränken.
Verletzungsgefahren im Stall und auf der Weide
Nicht zu unterschätzen sind die Verletzungsgefahren, die im Stall und auf der Weide lauern. Mitunter sind es nur vermeintliche Kleinigkeiten. Das kann der nicht mehr benötigte, aber auch nicht entfernte Isolator am Zaunpfahl oder der Torriegel sein, an dem Pferde mit dem Halfter hängen bleiben können. Zudem geht von scharfen Gitterkanten Marke Eigenbau, herausstehenden Nägeln oder unzureichend geschützten elektrischen Einrichtungen erhebliches Verletzungspotenzial aus.
Stichwort „gefährliche Abstände“: Für Stababstände gilt der Grundsatz: entweder kleiner als 5 cm sein (zum Beispiel bei Heuraufen) oder größer als 30 cm (zum Beispiel bei Fressgittern). Durch spezielle Sicherheitsfressgitter wird verhindert, dass sich Pferde mit dem Kopf im Gitter „einfädeln“ und sich dann aus der misslichen Lage nicht mehr befreien können.
Leitlinien als Richtwerte
Wichtige Richtwerte für die Haltung von Pferden beinhalten die „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“. 1995 wurden sie seitens des Bundeslandwirtschaftsministeriums erstmals herausgegeben. Ein erstes „Update“ folgte 2009, und auch aktuell befinden sich die Leitlinien in der Überarbeitung. Doch die Richtwerte und der „letzte Zentimeter“ sind es nicht alleine. „Was am Ende des Tages zählt, ist der Betriebsleiter und die Umsetzung“, zog Zech das Fazit. Pferdehaltern riet er, höchst selbstkritisch zu sein und sich zu fragen: Wie zukunftsfähig ist mein Haltungssystem?
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