Die Neugründung bzw. Erweiterung eines Pferdebetriebes müssen gut geplant sein. Die Branche ist im Wandel. Zunehmend gefragt sind mehr Bewegungsangebote für das Pferd sowie ein Rundum-sorglos-Paket für den Besitzer. Entscheidender Faktor ist der Standort. Für Freizeitreiter sind Ausreitmöglichkeiten wichtiger als für Turnierreiter.
Kalkulieren statt spekulieren
Unabhängig davon, ob ein Pensionspferdebetrieb neu gegründet werden soll oder die Frage nach der Erweiterung in einem bestehenden Betrieb aufkommt – strukturiertes Handeln und die Beantwortung betriebswirtschaftlicher Fragen bilden stets den ersten Schritt zum Erfolg. Dabei kann es darum gehen, den Mindestpreis für das Pensionspferd bzw. den Aufzuchtplatz zu ermitteln oder die Kosten für weitere Dienstleistungen wie den Weideservice oder die Nutzung der neuen Reithalle zu kalkulieren. Um verlässliche Antworten zu finden und richtige Entscheidungen zu treffen, gilt es, das Betriebskonzept sorgfältig zu planen und die Zahlen des eigenen Betriebes sachgerecht zu verarbeiten. Neben der Wirtschaftlichkeit spielen aber auch noch andere Dinge eine Rolle.
Passt der Standort?
Einen wichtigen Beitrag zum Betriebserfolg leistet der Standort. Pferdehaltung ist – den Flächennutzungsplänen des jeweiligen Gebietes entsprechend – fast ausschließlich im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes im Außenbereich möglich. Zur Landwirtschaft im baurechtlichen Sinne zählen ausschließlich die Haltung von Pensionspferden und die Pferdezucht, nicht jedoch die Pferdehaltung zu gewerblichen oder ausschließlich privaten Zwecken.
Zur Privilegierung von Bauvorhaben für die Pferdehaltung müssen im Wesentlichen drei Voraussetzungen erfüllt sein.
- Die wichtigste ist ausreichend eigene oder langfristig gepachtete Fläche, um die Pferde auf überwiegend eigener Futtergrundlage zu halten. Baurechtlich wird hier von mindestens 0,35 ha/Pferd ausgegangen. Ferner muss der Betrieb gewinnorientiert und sachkundig bewirtschaftet werden.
- Auch wenn der Betriebsstandort oft unweigerlich feststeht, kann eine ungünstige Verkehrsanbindung dazu führen, dass beispielsweise Kinder und Jugendliche keine Möglichkeit haben, den Betrieb ohne öffentliche Verkehrsmittel oder mittels Fahrrad zu erreichen. Können sie nicht auf das „Eltern-Taxi“ zurückgreifen, fallen sie als potenzielle Zielgruppe weitestgehend aus.
- Das Einzugsgebiet erstreckt sich, je nach Verkehrsanbindung, in einem Radius von maximal 50 km um den Betrieb, da die Eigentümer der Pferde in der Regel nicht mehr als eine halbe Stunde Fahrzeit dauerhaft in Kauf nehmen, um ihr Hobby in den Alltag zu integrieren.
Hinweis: Besteht in diesem Einzugsgebiet eine hohe Dichte an Pferdebetrieben, empfiehlt es sich, den bestehenden Preisdruck durch Spezialisierung abzumildern, zum Beispiel durch das Angebot einer alternativen Haltungsform oder die Fokussierung auf eine spezielle Reitweise bzw. Zielgruppe. Eignet sich das Umfeld des Betriebes nicht für Ausritte, wird dies von Reitern mit turniersportlichen Ambitionen eher toleriert als von reinen Freizeitreitern.
Rassen und Reitweisen
Im Vergleich zum früheren homogenen „Prototyp des Reiters“ unterliegt die Pferdebranche bereits seit Jahren einem Wandel, der viele Betriebe vor eine Herausforderung stellt. Die heutigen Ansprüche an moderne Pferdehaltung führen zu einer hohen Nachfrage nach artgerechten Haltungssystemen sowie mehr Platz und Bewegungsangeboten für das Einzeltier. Zudem besteht immer häufiger der Wunsch nach einem Komplettservice, der den berufstätigen Pferdeeigentümern die Haltung eines eigenen Reitpferdes zeitlich überhaupt ermöglicht.
Auch hinsichtlich der Nutzung der Pferde haben über die Jahre verschiedene Reitweisen und Pferderassen Einzug gehalten, die wiederum unterschiedliche Ansprüche an das Haltungssystem stellen. Treffen innerhalb eines Betriebes verschiedene Ansprüche von Pferden und Reitern aufeinander, stehen die Betriebsleiter nicht nur in der Gruppenhaltung vor einem organisatorischen Mehraufwand. Diese Situation sachkundig zu managen, erfordert neben Fachkompetenz und Pferde-Erfahrung auch ein hohes Maß an Sozialkompetenz, Kommunikationsstärke und Motivation des Betriebsleiters.
Wirtschaftlichkeit eines Betriebs beurteilen
Um die Wirtschaftlichkeit eines Betriebs zu beurteilen, müssen neben dem Gewinn die Vollkostendeckung und der Unternehmergewinn als Kriterien herangezogen werden. Bei der Vollkostenrechnung wird die Faktorentlohnung für die eingesetzten Produktionsfaktoren vom ermittelten Gewinn abgezogen: Als Alternative zur Nutzung im eigenen Betrieb ist die Eigentumsfläche mit einem Pachtansatz zu bewerten. Der Zinsansatz berücksichtigt die Alternative des Eigenkapitals als Geldanlage.
Und nichtentlohnte familieneigene Arbeit wird mit einem Lohnansatz zum Beispiel anstelle eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gleichgesetzt.
Vollkostenrechnung aufstellen
Durch die Vollkostenrechnung lässt sich die Wirtschaftlichkeit des Pferdebetriebes besser beurteilen. Die reine Gewinnermittlung kann nur einen Hinweis auf eine gegebene Wirtschaftlichkeit liefern. So kann ein niedriger Gewinn je Wirtschaftsjahr hoch wirtschaftlich sein, wenn zu seiner Erzielung lediglich wenige Stunden familieneigene nichtentlohnte Arbeit im Nebenerwerb auf einer geringen Fläche und mit wenig Eigenkapital eingesetzt werden mussten. Andererseits kann ein hoher Gewinn je Wirtschaftsjahr zu einem negativen Unternehmergewinn führen, wenn zu seiner Erzielung ein hohes Maß an Flächen, Eigenkapital und nichtentlohnte Arbeit notwendig waren.
Zu berücksichtigen sind auch die Kosten für die Sozialversicherung, die als abhängig Beschäftigter im Rahmen der Sozialversicherungspflicht nur einen Arbeitnehmeranteil ausmachen, während diese andernfalls vollständig vom Gewinn getragen werden müssen. Ist das Betriebsergebnis über die Vollkostendeckung hinaus positiv, wurde ein Unternehmergewinn erzielt. Er steht zur Entlohnung des unternehmerischen Risikos und zur Weiterentwicklung des Betriebes zur Verfügung.
Was noch zu beachten ist
Ist die Übernahme eines bestehenden Betriebes geplant, ist zunächst die Legalität baulicher Anlagen zu prüfen: Entsprechen Abmessungen und Größen von Boxen, Liegeflächenm und Ausläufen den 2009 vom Bundeslandwirtschaftsministerium herausgegebenen „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“?
Reicht die Größe des Mistlagers?
Wer neu baut, sollte von vornherein gegebenenfalls später notwendige Modernisierungsmaßnahmen und Erweiterungsmöglichkeiten im Hinterkopf haben.
- Vor Aufnahme des Betriebes muss dieser bei der Veterinärbehörde,
- der Tierseuchenkasse (Vergabe der Betriebsstätten-Nummer) und
- der Berufsgenossenschaft (Landwirtschaft bzw. Verkehr) gemeldet werden.
Die Vergabe der Unternehmernummer zur Beantragung von Flächenprämien erfolgt über die Landwirtschaftskammer NRW, die auch bei zentralen Pflichten wie Düngebedarfsermittlung oder Nährstoffvergleich behilflich ist. Neben steuerrechtlichen Aspekten gilt es, den Betrieb adäquat zu versichern und an die eigene Sozialversicherung zu denken.