NRW-Landgestüt & Video-Affäre

Neues zur Video-Affäre am NRW-Landgestüt: Heinen-Esser: "Es geht um Aufklärung"

Zu den Vorwürfen angeblich tierschutzwidrigen Trainings im NRW-Landgestüt hat das zuständige Umweltministerium eine interne Kommission eingerichtet. Ministerin Heinen-Esser: Es geht um die Aufklärung.

Was ist am 13. April 2021 im NRW-Landgestüt beim Training eines vier- und eines fünfjährigen Hengtes passiert? Wurden die beiden jungen Hengste, die sich in der renommierten Anlage an der Ems in der Reiterstadt Warendorf in Ausbildung befinden, "nicht pferdegerecht", gar tierschutzwidrig geritten? Hat Gestütsleiterin Kristina Ankerhold (44) die Reiterin derart angeleitet, dass die jungen Pferde in zu enger Stellung ("Rollkur") trainiert wurden? Eine Kommission soll es klären. Was auch nötig ist, denn es neben tierschutzrelevanten Gesichtspunkten gibt es Unstimmigkeiten.

Unstimmigkeiten und Widersprüche

Laut Stellungnahme des Landesgestüts NRW vom 14. Mai nach Bekanntwerden der "Video-Affäre" am 12. Mai liegt keine tierschutzrechtliche Relevanz vor. "Diese Einschätzung wird nach einem fachlichen Austausch und Prüfung der kurzen Videosequenzen grundsätzlich auch von den Fachleuten des Landwirtschaftsministeriums geteilt", berichtet das Landgestüt am 14. Mai.

Was insofern zum einen im Gegensatz zu dem steht, wie die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) die Trainingssituation einordnet - nämlich als Verstoß gegen den Tierschutz (FN-Stellungnahme vom 12. Mai). Und zum anderen unstimmig erscheint, weil das für das Landgestüt NRW zuständige Landwirtschaftsministerium in Düsseldorf die Videos am 14.5. (Freitag) laut offiziellen Aussagen noch nicht erhalten haben kann. Denn wie die FN heute gegenüber dem Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben bestätigt, sind die Videos erst am Samstag (15. Mai) der Kreisveterinärbehörde Warendorf übergeben worden. Auch habe die FN vorher dem Ministerium keine Videos übermittelt. Unabhängig davon hat die FN die zuständige Landeskommission Westfalen - die Kommission für Pferde-Leistungsprüfungen in Westfalen (KLW) - am 6. Mai zunächst mündlich über die Vorkommnisse informiert, damit die Landeskommission prüfen kann, ob ein Ordnungsverfahren einzuleiten ist.

Kommission soll den Vorfall aufklären

Gestern (18. Mai) teilte das Landwirtschaftsministerium in Düsseldorf mit, eine Kommission zur Aufklärung und Bewertung der Trainingseinheit einzurichten. Die interne Kommission setzt sich zusammen aus dem Leiter des für das Landgestüt zuständigen Fachreferates, der Leiterin des Tierschutzreferates, der Landestierschutzbeauftragten sowie dem Leiter des Justitiariats, auch externer Sachverstand soll eingebunden werden, berichtet das Ministerium.

"Es geht derzeit um die Aufklärung und Bewertung einer Trainingssituation am 13. April im Landgestüt", erläutert Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser (CDU), "alle sind gut beraten, die Ergebnisse der tierschutzrechtlichen Überprüfung des vor Ort zuständigen Veterinäramtes sowie der internen Kommission abzuwarten. Das nordrhein-westfälische Landgestüt Warendorf hat eine Vorbildfunktion in allen Fragen um die Themen Zucht, tiergerechte Haltung und Ausbildung von Pferden. Dies ist das Selbstverständnis der Landesregierung und des Landgestüts."

Video-Affäre erreicht politische Ebene

Neben einem wahren Shitstorm in zahlreichen Sozialen Medien hat die Video-Affäre mittlerweile aber auch die politische Ebene erreicht. Wie die Tageszeitung "Die Glocke" für Kreise Warendorf und Gütersloh am Montag (17.5.) ebenfalls berichtete, fordern die agrarpolitischen Sprecher der Regierungsfraktion im Düsseldorfer Landtag, Bianca Winkelmann (CDU) und Markus Diekhoff (FDP) eine schnelle Aufklärung des Sachverhaltes. SPD und Grüne fordern einen Bericht der Landesregierung zum Thema in der Umwelt-Ausschusssitzung am 9. Juni.

Die Video-Affäre in Kürze
Die Videoaffäre um Kristina Ankerhold wurde vergangene Woche Mittwoch bekannt (12. Mai 2021). Auf den Videos sollen die eingangs geschilderten Situationen in der Trainingseinheit am Landgestüt zu sehen sein. Denn während des Trainings seien auch mehrere angehende Pferdewirtschaftsmeister aus dem Lehrgang in der Reithalle gewesen. Diese beurteilen das, was sich im Training der jungen Hengste abspielte, als inakzeptabel und tierschutzrelevant. Einige Anwesende filmten die Trainingssequenzen. Auch eine FN-Mitarbeiterin der beobachtete den Vorfall und informierte den Leiter der FN-Abteilung Ausbildung, Thies Kaspareit. Dieser ordnet das Training nach Sicht der Videos aus fachlicher Sicht als „nicht pferdegerecht“ ein. In einem Gespräch zwischen ihm, der Reiterin und der Gestütsleiterin habe die Gestütsleiterin eingeräumt, dass die Situationen unglücklich und auch fachlich nicht richtig gewesen seien, sagt Thies Kaspereit.

Newsflash - was sonst in der Video-Affäre passiert ist

Anzeige gegen Ankerhold erstattet: Wie Felix Höltmann, Pressesprecher des Kreises Warendorf bestätigt, liegt eine Anzeige gegen Kristina Ankerhold vor. Diese werde derzeit vom Kreis als zuständiger Behörde umfassend bearbeitet und geprüft. Dazu gehört auch die Auswertung der vorhandenen Videoaufnahmen. Die Bewertung des Kreisveterinäramtes soll bis Ende dieser Woche vorliegen, so Höltmann. Das Ergebnis will auch das für das Gestüt zuständige Landwirtschaftsministierum in Düsseldorf abwarten.

Abzug bestätigt: Wie das Landgestüt bestätigt, hat das Gestüt Pramwaldhof, dessen Hengste Karim Doré und Sassicaia im Landgestüt als Pachthengste aufgestellt waren, aufgrund der Vorkommnisse die Tiere abgezogen.

Urlaub bestätigt: Kristina Ankerhold befindet sich laut Angabe des Landgestüts derzeit in Urlaub. Die Leitung am nordrhein-westfälischen Landgestütes übernimmt derzeit ihre Stellvertreterin Cordula Föhlinger, Verwaltungsleitung.

Fotografieren und Filmen: Kristina Ankerhold ließ als Reaktion auf die Video-Affäre auf dem Gelände des Landgestüts Schilder mit dem Hinweis „Fotografieren und Filmen verboten - Zuwiderhandlung wird zur Anzeige gebracht“ anbringen. Hierzu hat das Landgestüt am 16. Mai mitgeteilt, dass es sich um "Missverständisse" gehandelt habe. "Private Foto- und Filmaufnahmen sind grundsätzlich unter Beachtung der Privatsphäre bzw. der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeitenden oder Privatpersonen jederzeit möglich. Ausnahmen bestehen während der Stallruhe, zu bestimmten Zeiten in der Besamungsstation und bei Lehrgangsprüfungen in der Deutschen Reitschule.

Distanz und scharfe Kritik: Wegen der Video-Affäre und den Vorwürfen des Verstoßes gegen den Tierschutz um Kristina Ankerhold übt der Bundesverband der Deutschen Berufsreiter (BBR) scharfe Kritik: "Ich möchte mich in aller Form auch im Namen meiner Kollegen und Kolleginnen sowie der gesamten BBR distanzieren von den Vorkommnissen im Landgestüt Warendorf. Wir lehnen Trainingsmethoden jedweder Art ab, die gegen das Wohl des Pferdes gerichtet sind", bezieht Burkhard Jung, Präsident des BBR auf der BBR-Facebook-Seite Stellung.

Die bisherigen Beiträge zur Video-Affäre lesen Sie hier:

"Video-Affäre" beim Landgestüt NRW: Leiterin Kristina Ankerhold ließ vergangene Woche Schilder auf dem Gelände aufstellen, die das Filmen und Fotografieren verbieten. Das Landgestüt nimmt...

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Video-Affäre-Update: NRW-Gestütsleiterin - Einstieg in den Ausstieg?

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Update Video-Affäre am NRW-Landgestüt in Warendorf: Gestütsleiterin Kristina Ankerhold unter Druck. FN und Ministerium eingeschaltet. Berufsreiter distanzieren sich. Anzeige gegen Ankerhold.

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von Thomas Hartwig

Video-Affäre am NRW-Landgestüt um Leiterin Kristina Ankerhold weitet sich aus. Video soll tierschutzrelevante Inhalte zeigen. Ankerhold untersagt filmen und fotografieren im Landgestüt.