Interview

Entwicklung von Fohlen: Bewegung ist wichtig

Weidegang ist entscheidend für das gesunde Heranwachsen eines Fohlens. Doch dabei sind einige „Spielregeln“ zu beachten.

Ein Interview mit Dr. Enrica Zumnorde-Mertens, Abteilung Veterinärmedizin und Tierschutz der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) in Warendorf.

Warum ist Weidegang bzw. Bewegung für Fohlen so wichtig?

Gerade für Fohlen und Jungpferde ist der Weidegang bzw. die freie Bewegung entscheidend für eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung. Nur wenn die Jüngsten täglich so lange wie möglich Zeit zur Bewegung im Freien, idealer Weise auf der Weide, erhalten, bekommen beispielsweise Sehnen, Bänder und Gelenke das notwendige Training, um den späteren Belastungen während des Einsatzes als Reitpferd standzuhalten. Ebenso wird Fehlstellungen vorgebeugt. Lange Stehzeiten im Stall in Verbindung mit punktuellem Laufenlassen des Fohlens sind hingegen Gift für ein gesundes Heranwachsen.

Wie sind Fohlen am besten an den Weidegang zu gewöhnen?

Im Prinzip geht es schon mit der Haltung der Zuchtstute vor der Geburt des Fohlens los. Ist diese an Weidegang gewöhnt, wird es in der Regel auch unkompliziert verlaufen, Stute und Fohlen gemeinsam auf die Weide zu bringen. In den ersten Tagen sollte man allerdings etwas Vorsicht walten lassen.

Es empfiehlt sich, mit kürzeren Abschnitten, je nach Situation auch mehrmals pro Tag, zu beginnen und dabei die Stute eventuell zunächst am Strick zu behalten. Grast sie zufrieden und verhält sich das Fohlen gut, kann das Halfter der Stute abgenommen werden. Gerade in den ersten Tagen sollten Stute und Fohlen auf der Weide im Blick behalten werden, um bei Problemen reagieren zu können. Spätestens nach ein paar Tagen wird der Weidegang dann zur Routine und Gewohnheit für Stute und Fohlen.

Ab welchem Alter können Stute und Fohlen mit anderen Stuten und deren Fohlen auf die Weide?

Generell ist zu sagen, dass die Aufzucht in der Gruppe sehr wichtig für die soziale Entwicklung ist. Beim Zusammenführen mehrerer Stuten und Fohlen sind zwei Aspekte von Bedeutung. Zum einen ist es gut, wenn sich die Zuchtstuten bereits vor der Geburt der Fohlen kennen – so werden Auseinandersetzungen beim Zusammenführen weitestgehend vermieden.

Zudem ist die „Prägung“, also die Verbindung zwischen Stute und Fohlen, wichtig. Beide müssen nach der Geburt lernen, dass sie zusammengehören. In der Regel geht die Prägung beim Pferd recht schnell vonstatten, kann aber bis zu zwei Tage benötigen. Der Abschluss der Prägung lässt sich unter anderem daran erkennen, dass das Fohlen der Stute aktiv folgt. Ist dieser Prozess abgeschlossen, kann ein behutsames Zusammenführen erfolgen.

Gibt es Zaunsysteme, die sich besonders für Fohlenweiden eignen, Stichwort: Verletzungsgefahr?

Grundsätzlich gelten die allgemeinen Anforderungen an einen Weidezaun auch bei Fohlen: Die Einzäunung muss gut sichtbar, sta-bil und möglichst ausbruchsicher sein. In den „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums finden sich Richtwerte für die Außenzaunführung in der Pferdehaltung.

Bei der Höhe der ersten Querabgrenzung über dem Grund und den Abständen darauffolgender Querabgrenzungen sind 40 bis 70 cm anzusetzen. Je nach Größe der Fohlen kann es erforderlich sein, den Abstand zu verringern.

Kann eine frei zugängliche Tränke für Fohlen zum Problem werden? Und was ist mit Lecksteinen auf der Weide?

In der Regel machen frei zugängliche Tränken oder Lecksteine auf der Weide keine Probleme. Wird jedoch beobachtet, dass das Fohlen über den natürlichen Bedarf ­hinaus immer wieder Wasser bzw. Salz aufnimmt, können gesundheitliche Konsequenzen wie Durchfall die Folge sein. In derartigen Fällen gilt es nach den Ursachen für dieses Verhalten zu forschen. Gibt die Stute ausreichend Milch? Lässt die Stute das Fohlen trinken? Haben Stute und Fohlen Stress, zum Beispiel durch bestimmte Konstellationen in der Herde? Im Zweifelsfall ist der Tierarzt zurate zu ziehen.

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