- Die Zahl der Unfälle mit Pferden ist hoch. Gerade beim Auf-die-Weide-Bringen verletzten sich die führenden Personen oftmals. Was ist hierbei zu beachten?
Im Jahr 2020 erlitten allein mehr als 2000 Versicherte der SVLFG einen Unfall im direkten Kontakt mit einem Pferd, der so schwer war, dass dieser zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen führte. Unfälle von Versicherten anderer Berufsgenossenschaften oder minderer Schwere sind hier noch gar nicht erfasst.
Fast ein Drittel der 2000 Unfälle ereignen sich beim Führen. Es stellt somit einen Unfallschwerpunkt in der Pferdehaltung dar. Besonders auf dem Weg zur Weide ereignen sich viele Unfälle: Die Führperson wird vom Pferd getreten, umgerannt, umgerissen oder gestoßen. Besonders im Frühjahr, wenn es nach dem Winter für die Tiere wieder auf die Weide geht, sind viele Pferde recht „kernig“. Umsichtiges Verhalten der Führperson wird in den kommenden Wochen besonders gefordert sein. Denn häufig ist ein Fehlverhalten der Führpersonen aufgrund von Arbeitsdruck und Zeitstress ursächlich für einen Unfall. Aber auch durch tägliche Routine können Unfälle entstehen. Daher ist es wichtig, dass sich der Führende immer auf das Pferd konzentriert.
Leichtgängige Weidetore, die sich problemlos von einer Person in beide Richtungen öffnen und schließen lassen, tragen ebenfalls zu einem sicheren Weidegang bei. Ansonsten kann ein Helfer, falls vorhanden, am Weidetor positioniert werden, der das Tor bedient.
- Wie wird ein Pferd richtig zur Weide geführt?
Generell gilt es einige Verhaltensregeln beim Führen von Pferden einzuhalten, um die Unfallgefahr zu minimieren.
- Sicherheitsschuhe tragen.
- Handschuhe verwenden, denn diese können Handverletzungen verhindern.
- Pferd nie nur am Halfter führen.
- Die Führposition befindet sich zwischen Pferdekopf und -schulter.
- Die äußere Hand bleibt frei und kann das Pferd dirigieren.
- Pferde sollten sich sowohl von der linken als auch von der rechten Seite führen lassen, sodass sich die führende Person bei möglichen Schreckreizen auf der Seite der Gefahrenquelle befinden kann.
- Stets Sicherheitsabstand zu anderen Pferden halten.
- Aufmerksamkeit stets auf das Tier richten.
Was ist beim Halten des Führstricks zu beachten?
Der Führstrick sollte nie um die Hand oder um das Handgelenk gewickelt werden. Auch sollte der Strick nicht in Schlaufen aufgenommen werden, da sich diese zusammenziehen können, falls sich das Pferd erschreckt und losstürmen möchte. Auch auf einen Knoten im Strick sollte verzichtet werden. Ein zu langer Strick birgt die Gefahr einer Stolperquelle.
Welche Verhaltensregeln gelten beim Loslassen des Pferdes auf der Weide?
Vor dem Loslassen auf der Weide muss das Pferd umgedreht werden, wobei dies immer vom Führenden weg erfolgen sollte. Erst, wenn das Pferd mit dem Kopf zum Führenden steht, ist der Strick zu lösen. Manchmal drehen sich die Tiere ruckartig um und galoppieren buckelnd los. Um nicht von einem Hinterhuf getroffen zu werden, sollte die Führperson den Gefahrenbereich bereits beim Lösen des Strickes verlassen.
Werden mehrere Pferde gleichzeitig auf die Weide gebracht, sollten die Tiere auf gleicher Höhe und mit ausreichendem Abstand beim Drehen stehen, sodass sie nach Absprache gleichzeitig losgelassen werden können.
- Mitunter ist zu sehen, dass Pferde als „Handpferd“ am Fahrrad zur Weide gebracht werden? Was sagen Sie dazu?
Wenn man überlegt, dass Pferde Fluchttiere sind und bei drohender Gefahr dazu neigen, ihrem Urinstinkt zu folgen, also zu flüchten, erübrigt sich die Frage eigentlich. Jeder, der mit einem Pferd umgeht, sollte sich über die natürlichen Verhaltensweisen der Vierbeiner im Klaren sein. Auch ausgeglichene und ruhige Pferde können sich erschrecken und fluchtartig reagieren. Da hat man als „Bodenpersonal“ schon manchmal alle Hände voll zu tun, um das Pferd zu beruhigen. Wer auf einem Fahrrad sitzt, hat keine Einwirkung – selbst wenn das „Handpferd“ nur einen kleinen Sprung zur Seite macht. Ein Unfall wird vermutlich unvermeidlich. Außerdem erlaubt es die Straßenverkehrsordnung nicht, ein Pferd mit dem Fahrrad zu führen.
- Um sich Wege zu ersparen, hat mancher zwei Pferde – jeweils eins links bzw. rechts von sich – am Strick. Was sagen Sie dazu?
Aufgrund ihres Fluchtinstinktes sollten Pferde immer einzeln auf die Weide gebracht werden. Manchmal ergeben sich jedoch Situationen, in denen man zwei Pferde gleichzeitig von einer Weide holen oder zur Weide bringen muss. Denn nur wenige Tiere (Stichwort: Herdentier) tolerieren es, alleine auf der Weide zu stehen – sei es als Erstes oder als Letztes.
Der Königsweg lautet hier, dass die ersten bzw. die letzten beiden Pferde von zwei Personen gleichzeitig geführt werden. Ist dies mal nicht möglich, können in Ausnahmefällen auch zwei Pferde von einer Person gleichzeitig geführt werden. Dieses Verfahren sollte jedoch immer die Ausnahme darstellen und ist gut vorzubereiten. Besonders, wenn Arbeitnehmer von dieser Situation betroffen sind, muss vom Betriebsunternehmer klar definiert sein, welche zwei Pferde sich im Notfall gemeinsam führen lassen. Dies erfordert eine schriftliche Dokumentation in der Gefährdungsbeurteilung sowie eine entsprechende Unterweisung der Mitarbeiter.
- Insbesondere, wenn mehrere Pferde nacheinander auf eine Weide gebracht werden, stellt sich die Frage, wie sich verhindern lässt, dass Pferde, die bereits auf der Weide sind, beim Öffnen des Tores im Weg sind. Gibt es dazu gute Lösungen in der Praxis?
Durch Schleusen lässt sich manch brenzlige Situation am Weidetor entschärfen. Sie sind gute Hilfsmittel, die man sich zu Nutzen machen kann. Allerdings muss jeder Unternehmer seinen Betrieb individuell beleuchten und entscheiden, welche baulichen Möglichkeiten bestehen, um die Weidenutzung so gefahrlos wie möglich zu gestalten. Der zuständige Mitarbeiter des Präventionsdienstes kann hier mit Tipps unterstützen.
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