Landwirtschaft in den Niederlanden

Niederländische Schweinehalter: Wir machen weiter

Die niederländische Regierung möchte mit allen Mitteln den Stickstoffausstoß reduzieren. Trotzdem steht für Arjan Luiten-Vreeman und seinen Schwiegersohn Wiljon Ormel fest: Wir machen weiter.

Einen anderen Beruf? Den kann sich Arjan Luiten-Vreeman gar nicht vorstellen. ­Gemeinsam mit seiner Frau Ingrid und seinem Schwiegersohn Wiljon Ormel führt der Niederländer einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb.

Ihre Ferkel und Mastschweine halten sie in Südlohn-Oeding, also in Deutschland. 400 Sauen stehen auf dem Stammbetrieb im 20 km entfernten Aalten nahe Winterswijk. Hier im östlichen Gelderland sollen die Landwirte ihre Stickstoffemissionen bis 2030 um 12 % reduzieren. Vorausgesetzt, die niederländische Regierung bleibt bei ihren Plänen.

"Die Politik weiß nicht, was sie will"

Die Emissionskarten wirken auch auf niederländische Landwirte undurchsichtig. „Die Politik weiß selbst noch nicht, was sie will“, ist sich Wiljon Ormel sicher. Deshalb wird die Familie erst mal die Füße still halten – und ganz bestimmt nicht den Betrieb aufgeben. Schließlich haben sie in den vergangenen 20 Jahren noch ordentlich in die Schweinehaltung investiert.

Auf nach Deutschland

Vor 22 Jahren kauften Luiten-Vreemans einen Maststall auf der deutschen Seite der Grenze. Auf dem eigenen Hof war keine Erweiterung möglich. Ihr Sauenstall liegt eingeschlossen zwischen Häusern und Straßen. Im Jahr 2000 machte sich das Ehepaar noch keine Gedanken über Stickstoffauflagen. Allerdings mussten Schweinehalter in den Niederlanden schon damals sogenannte Varkensrechte kaufen. Diese Produktionsrechte für Schweinehalter schlugen mit rund 300 Gulden zu Buche. Heute sind es je nach Region und Marktlage zwischen 36 und 135 € pro Mastplatz.

So stand die Entscheidung schnell fest. Denn in Deutschland entfiel die lästige Zahlung. Und bis zum Stall in Oeding waren es nur 20 Minuten Fahrzeit. Für die Behördengänge und Büroarbeiten fühlte sich Ingrid Luiten-Vreeman als gelernte Fremdsprachenkorrespondentin gut gewappnet.

Stallbaumaßnahmen

Der Maststall war damals für 1999 Schweine genehmigt. 2004 erweiterten sie die bestehenden Gebäude. 2013 bauten sie einen Luftwäscher ein. 2015 kam ein ganz neuer Stall hinzu.

Mittlerweile kann die ­Familie dort 3300 Aufzuchtferkel und 3880 Mastschweine halten. Hinzu kommen die 400 Sauen in den Niederlanden. Nach dem Absetzen wechseln die Ferkel von Aalten nach Oeding.

Liebe zum Detail

14,1 abgesetzte Ferkel pro Sau und Wurf und eine Futterverwertung von 1 : 2,37 bei den Mastschweinen – Luiten-Vreemans wissen, was sie tun. Im April gewann ihr selbst gebauter Transportwagen für kranke Schweine den Innovationspreis der Initiative Tierwohl, an der sie mit dem deutschen Stall teilnehmen. Das Konzept überzeugte sie mit der regionalen Vermarktung und dem zusätzlichen Tierwohl.

Kein Ackerbau, nur Schweine

Aktuell arbeitet Wiljon Ormel noch drei Tage pro Woche beim Futtermittelhersteller Feijen-Geurts. Auf Dauer wird er den Schweinebetrieb seiner Schwiegereltern übernehmen.

Dass ihr Betrieb irgendwann vor dem Aus steht, glaubt Wiljon Ormel nicht. „Die Regierung will die Flächen unter Kontrolle bringen, auf denen Stickstoff ausgebracht wird“, erklärt er. „Wir betreiben aber gar keinen Ackerbau, sondern kaufen alle Futtermittel zu.“

Gülle an das Nährstoffbüro

Solange sie ihre Gülle noch über das Nährstoffbüro abgeben können, fühlen sie sich auf der sicheren Seite. Doch viele Berufskollegen haben schon jetzt die Nase voll. Immerhin müssen sie in Natura-2000-Gebieten bis zu 95 % Emissionen einsparen. Da hilft nur eins: Komplett aus der Produktion aussteigen.

Planungssicherheit? Fehlanzeige

Wie das bei den Landwirten ankommt, zeigen die aktuellen Proteste. Wiljon Ormel findet sie gerechtfertigt. „Andererseits müssen wir ­irgendwann die Entscheidung der Regierung akzeptieren und Lösungen suchen“, formuliert er diplomatisch.

Er und sein Schwiegervater erwarten von den politischen Parteien zumindest eine bessere Zusammenarbeit und schnellere Entscheidungen. „Ein Plan für die nächsten zehn Jahre wäre gut“, lacht Arjan Luiten-Vreeman. Aber das sei wohl Wunschdenken.

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