Woher kommen die Resistenzen?

Die Tierärzte sehen eine Schieflage in der öffentlichen Diskussion zur Entwicklung von antibiotikaresistenten Keimen beim Menschen.

Der Präsident des Bundesverbandes der praktizierenden Tierärzte (bpt), Dr. Hans-Joachim Götz, wies bei einem Pressegespräch die Kritik an einer angeblich laxen Verschreibungspraxis der Tierärzte entschieden zurück. Im bestehenden Arzneimittelgesetz (AMG) gebe es bereits strenge Regeln für das Verschreiben von Antibiotika. Man müsse aber als Tierarzt in dem bestehenden System arbeiten.

Tonnage sagt nichts

Bisher hätten Tierärzte die Bestände behandeln müssen und bei schlechten Haltungsbedingungen keinen Druck auf die Tierhalter ausüben können. Mit dem Therapiehäufigkeitsindex, der erhoben werde, sobald die 16. AMG-Novelle in Kraft trete, könnten dann die Halter, aber auch die Veterinäre erkennen, wie hoch der Mitteleinsatz im Betrieb im Vergleich zu den anderen Ställen sei, erläuterte der bpt-Präsident. Zugleich würden die Veterinärbehörden dann bei den schlechtesten Betrieben Veränderungen anmahnen.

Der bpt begrüße die neue Rolle der Veterinärbehörden, betonte Götz. Allerdings müsse sichergestellt werden, dass die erfassten Daten nicht nur statistisch, sondern auch fachlich ausgewertet würden. Zudem sei es wichtig, die Wirkstoffklassen getrennt zu behandeln und nicht ausschließlich die Tonnage der Antibiotikamenge zu vergleichen.

Der Erste Vizepräsident des bpt, Dr. Rainer Schneichel kritisierte die unterschiedliche Einstufung der Wirkstoffklassen zu Reserve­antibiotika im Veterinär- und Humanbereich. Schneichel stellte außerdem klar, der Antibiotikaeinsatz beim Tier führe nachweislich lediglich zu 2 % der multiresistenten Keime. Durch dem AMG nachgelagerte Verordnungen könnten zahlreiche Mittel verboten werden. Mit der Verwendung von alternativen Wirkstoffklassen würde der Mitteleinsatz dann aber deutlich steigen, mutmaßt Schneichel. Der Vizepräsident wies in diesem Zusammenhang erneut auf den Vorschlag seines Verbandes hin, in Deutschland eine vorsorgende Bestandesbetreuung einzuführen. Die Humanmediziner forderte er auf, vorsichtiger mit dem Verschreiben von Reserveantibiotika zu sein.

Hintergründe beachten

Die Entwicklungen in Dänemark und den Niederlanden beurteilte der Vorsitzende der bpt-Fachgruppe Schwein, Dr. Andreas Palzer. In den Niederlanden werde sichtbar, dass ein hoher Mitteleinsatz in der Tierhaltung nicht mit dem häufigen Auftreten von resistenten Keimen beim Menschen gleichzusetzen sei. Trotz eines hohen Antibiotikaeinsatzes im Veterinärbereich gebe es dort nur eine niedrige Resistenzrate beim Menschen. Palzer führt das auf die strengere Krankenhaushygiene im Nachbarland zurück, die seiner Meinung nach viel ausschlaggebender sei.

Mit Blick auf Dänemark erläuterte der Tierarzt, das Land habe wichtige Pionierarbeit beim Aufbau eines Monitoringsystems geleistet. Auch habe sich die Einsatzmenge nach Einführung des Gelbe-Karten-Systems, bei dem ein Betrieb bei Überschreiten einer bestimmten Mittelmenge verwarnt wird, verringert. Allerdings werde mehr Zinkoxid im Futter eingesetzt und es habe sich ein Schwarzmarkt für Arzneimittel aus osteuropäischen Ländern entwickelt.

Letztlich sei auch die offiziell eingesetzte Menge zuletzt wieder gestiegen. Um die Gelbe Karte zu vermeiden, hätten die Halter in den ersten Jahren auch auf nötige Maßnahmen verzichtet und kehrten nun zum alten Verhalten zurück. In den letzten Jahren hätten in Dänemark zudem die Resistenzen beim Menschen deutlich zugenommen, da dort deutlich mehr Reserveantibiotika verschrieben würden. AgE