Wo Deutschland ausdünnt

Die Zahl der dünn besiedelten Landkreise nimmt zu, Kleinstädte schrumpfen, einen generellen Ärztemangel gibt es aber noch nicht: All das steht im aktuellem Raumordnungsbericht 2017. Wir stellen weitere Ergebnisse vor.

Seit der deutschen Wiedervereinigung sind etwa fünf Millionen Menschen vor allem in Großstädte und Ballungsräume zugewandert. In vielen ländlichen Regionen nimmt die Bevölkerungszahl hingegen stetig ab. Neben diesem vielleicht nicht ganz überraschenden Ergebnis gehen aus dem Raumordnungsbericht 2017, den die Bundesregierung nun dem Bundestag zugeleitet hat, weitere interessante Statistiken hervor:

  • Derzeit weisen 68 von 401 Kreisen einschließlich kreisfreier Städte in Deutschland weniger als 100 Einwohner pro Quadratkilometer auf und gelten damit als „dünn besiedelt“. Bis 2035 könnten Regierungsangaben zufolge 51 Kreise und damit jeder siebte in den alten und 45 Kreise in den neuen Ländern in diese Kategorie fallen. Damit wäre dann die Hälfte der ostdeutschen Landkreise dünn besiedelt.
  • Wie die Bundesregierung weiter berichtet, haben zwischen 2005 und 2015 periphere Landgemeinden überwiegend Bevölkerung verloren. Dagegen hätten vor allem die Großstädte und Großstadtregionen mehr als 1,4 Millionen Einwohner hinzugewonnen.
  • Im gleichen Zeitraum seien 37 % der Mittelstädte und 52 % der Kleinstädte geschrumpft. Die zugrundeliegenden Wanderungsmuster dürften nach Ansicht der Regierung auch künftig Bestand haben. Insgesamt fänden pro Jahr etwa 2,6 Millionen Zu- oder Fortzüge über Kreisgrenzen hinweg statt; das sind etwa 32 Wanderungen pro 1 000 Einwohner.

Raumordnungsberichte (ROB) werden vom deutschen Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) in regelmäßigen Abständen erstellt.

Der Raumordnungsbericht behandelt die der räumlichen Entwicklung Deutschlands zugrunde liegenden Tatsachen (Trends und Entwicklungstendenzen), raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie Einflüsse der Politik der Europäischen Gemeinschaft auf die Raumentwicklung in Deutschland.

  • Laut Bericht liegt das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland derzeit bei 44,3 Jahren: im Jahr 2035 werde es bei 47,3 Jahren liegen. Während die meisten Großstädte ihre Altersstruktur durch Zuwanderung stabil halten könnten, steige der Altersdurchschnitt in vielen ländlichen Regionen und Umlandregionen der Großstädte im Verhältnis stärker an. Insgesamt würden 2035 knapp sieben Millionen Menschen über 80 Jahre alt sein.
  • Immer mehr Beschäftigte wohnen in einer anderen Gemeinde als der, in der sie arbeiten: Während im Jahr 2000 noch 53 % aller Arbeitnehmer pendelten, waren es 2015 bereits 60 %. Auch die durchschnittliche Länge des Arbeitsweges stieg: von 14,6 km im Jahr 2000 auf 16,8 km im Jahr 2015.
  • Bundesweit können 28 % der Bevölkerung, vor allem in den dünn besiedelten ländlichen Regionen, einen Lebensmittelmarkt nicht fußläufig erreichen.
  • 90 % der Bevölkerung in den Großstädten kann eine Apotheke fußläufig erreichen, bundesweit ist dies etwa zwei Drittel der Bevölkerung möglich.
  • Der Regierung zufolge gibt es bislang in Deutschland keinen generellen Ärztemangel. Allerdings bestünden regionale Unterschiede bei den Entfernungen zum Haus- und Facharzt sowie in der Versorgung. In den Landgemeinden hätten derzeit knapp 20 % der Bevölkerung einen Hausarzt in einer fußläufigen Erreichbarkeit von einem Kilometer.
  • Insgesamt erreichen in Deutschland knapp 90 % der Bevölkerung ein auch hinsichtlich der Bedienungshäufigkeit gutes Angebot des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in fußläufiger Entfernung. Bundesweit können jedoch über 9 Millionen Menschen ein ÖPNV-Angebot nicht fußläufig erreichen bzw. finden nur wenige Fahrtmöglichkeiten vor. Dies betrifft oftmals Menschen, die in ländlichen Regionen leben.
  • Die Breitbandversorgung mit mindestens 50 Mbit/Sek. ist heute für 75 % der Haushalte verfügbar. Während der Versorgungsgrad in Großstädten mehr als 90 % beträgt, liegt er in strukturschwachen ländlichen Räumen lediglich bei 31 %. (BBSR/ep)