WLV-Positionen zu lasch?

Kreisverbandstag Münster: DBV-Vizepräsident Werner Schwarz begrüßt Nachhaltigkeitsinitiative des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), hält einige Forderungen aber für überholt.

Ob Bauland für bezahlbare Wohnungen, das neue Gefängnis oder jetzt das Preußen-Stadion – die Stadt Münster wächst und benötigt an allen Ecken und Enden Flächen.

Auf dem Kreisverbandstag auf Gut Havichhorst in Handorf appellierte Vorsitzende Susanne Schulze Bockeloh an den Rat und die Verwaltung der Stadt Münster, mit Augenmaß zu planen und intelligente Lösungen beim Landschaftsausgleich zu finden. „Der Boden ist Existenzgrundlage für 600 Bauernfamilien in Münster. Er ist nicht vermehrbar, daran sollten Sie immer denken.“

Viel getan für Berufsstand

In punkto Öffentlichkeitsarbeit steht der kleine Kreisverband bundesweit an erster Stelle. In ihrem Jahresbericht bedankte sich Susanne Schulze Bockeloh bei allen Bäuerinnen und Bauern, die 2016 so kräftig mitgeholfen haben. Der Ortsverband Nienberge zum Beispiel hat anlässlich des Giro-Radrennens den Prinzipalmarkt mit Strohpuppen nachgebaut. Vier Höfe in Wolbeck haben ihre Tore zum Tag des offenen Hoftores geöffnet.

An vielen Straßen stehen die WLV-Plakate („Herzkampagne“). Und zu brisanten Themen (Milchkrise, Gewässerbelastung) hatte der Kreisverband die Medien kurzfristig auf die Höfe eingeladen und informiert. „Wir lieben unseren Beruf und unsere Höfe und schützen die Umwelt. Doch die Verbraucher müssen auch wissen, dass wir Geld verdienen müssen, um unsere Betriebe zu erhalten“, sagte die Vorsitzende.

Mucksmäuschenstill im Saal war es beim Vortrag von DBV-Vizepräsident Werner Schwarz. Der Schweinezüchter aus Bad Oldesloe, verheiratet, drei Kinder, setzte sich kritisch mit den Medien und der Öffentlichkeitsarbeit des Berufsstandes auseinander. Wie solle man auf die von Tierschutzorganisationen inszenierte Medienhetze reagieren? Totschweigen oder ähnlich grob zurückschlagen? „Wir sind in eine Kommunikationsfalle geraten. Dem Bauernverband glaubt man nicht. Und die Wissenschaft wird nicht mehr gefragt“, sagte Schwarz.

11% Verluste im Sauenstall

Der Schweinehalter hat seit Anfang 2013 eine Webcam im Sauenstall installiert und überträgt die Bilder ins Internet. Die Verluste in seinem Abferkelstall betragen etwa 11 % (unter anderem Totgeburten). Über diese und andere Fakten diskutiert Schwarz regelmäßig auch mit den vermeintlichen Tierschützern, die ihn angreifen und aus den Bildern PR-Kampagnen stricken wollen. Schwarz: „Bei den Wildschweinen betragen die Ferkelverluste 50 %. In der freien Natur geht es oft sehr grausam zu. Das aber wird totgeschwiegen.“

Als „Drahtseilakt“ bezeichnete Schwarz die vom WLV vorgestellte Initiative zur Nachhaltigkeit. Er wolle keine Kritik üben, doch einige Positionen seien ihm persönlich zu lasch, weil sie ohnehin zur guten fachlichen Praxis gehörten oder per Gesetz vorgegeben seien. Zum Beispiel fordere der WLV, dass die Gruppenhaltung bei den Sauen im Deckzentrum erst 2036 Standard sein solle. Schwarz: „Diese Frist halte ich für zu lang.

Eine neue Stalleinrichtung zum Beispiel wird in der Regel in zehn Jahren abgeschrieben.“
Auch die WLV-Forderung, dass die Pflanzenschutzspritze nach jedem Einsatz gründlich zu reinigen sei, kritisierte der Ackerbauer. „Auf meinem Betrieb lernt das jeder Azubi im ersten Lehrjahr.“

Problem „Schwarze Schafe“

Schwarz wollte indes nicht mißverstanden werden. Auf Nachfrage erklärte der Präsident des Bauernverbandes Schleswig Holstein: Mein Landesverband hat es leider noch nicht geschafft, so ein Positionspapier zu beschließen. Das WLV-Papier wird beim Deutschen Bauernverband (DBV) in Berlin gewiß hohe Wellen schlagen, teils auf Zustimmung, teils auf Ablehnung stoßen.

Ein Dachverband wie der DBV erziele in strittigen Fragen oft nur einen Minimalkonsens, erklärte Schwarz, Deutschland sei eben sehr groß, die Interessen der Bauern von Flensburg bis Obersdorf seien unterschiedlich. „Am Ende der Diskussionen landen wir doch wieder bei den schwarzen Schafen in den eigenen Reihen. Wie wir mit ihnen umgehen, das wurde schon bei Präsident Heereman kontrovers diskutiert.“ Armin Asbrand