Geschäftsführender Vorstand Carsten Schruck zu Infektionen und Werkverträgen

Westfleisch und Corona: "Wir sind nicht das Schwarze Schaf!"

Das Schlachtunternehmen Westfleisch verwahrt sich dagegen, Arbeiter schlecht zu behandeln und auszubeuten. Auch die Zahl der Werkvertragsarbeitnehmer sinkt seit Jahren.

Eine Welle der Empörung schwappte durch Deutschland, nachdem in Westfleisch-Betrieben viele Beschäftigte Corona-positiv getestet worden waren. Ihren Ausgangspunkt nahm die Sache in Coesfeld.

Der Westfleisch-Vorstand sieht das Unternehmen zu Unrecht an den Pranger gestellt und teilweise auch als Opfer unsachlicher Berichterstattung in den Medien. „Wir sind nicht das Schwarze Schaf!“, fasst Carsten Schruck die Position der Genossenschaft zusammen.

Alles nicht angenehm

„Wir sind tief betroffen wegen der Konsequenzen, die die Corona-Ausbrüche für die Menschen und beispielsweise die Gastronomie-Betriebe im Kreis Coesfeld hatten“, sagt Schruck. „Auch unsere Kolleginnen und Kollegen hatten da einiges durchzustehen“.

Carsten Schruck, geschäftsführendes Westfleisch-Vorstandsmitglied (Bildquelle: A. Richard )

Das alles sei schon schlimm genug, aber dass die Genossenschaft jetzt auch noch als Paradebeispiel für ausbeuterische Arbeitsverträge und sorglosen Umgang mit Hygienevorschriften herhalten solle, sei unerträglich.

Im Gespräch mit der Wochenblatt-Redaktion stellt der geschäftsführende Vorstand klar, dass in allen Westfleisch-Betrieben strikte Infektionsschutz-Regeln gelten und auch früher schon gegolten haben. Bei der Ausbreitung der Infektion hätten offenbar die Unterkünfte eine Rolle gespielt. Mitarbeiter(innen) in „Werkswohnungen“ seien überdurchschnittlich betroffen. 40 % der Beschäftigten seien dort untergebracht, die Mehrheit dagegen in Privatunterkünften.

Als Konsequenz aus den Vorfällen hat sich Westfleisch von einem (deutschen) Vertragsunternehmen getrennt, welches Mitarbeiter in die Schlacht- bzw. Zerlegebetriebe entsandt hat. Diese rund 350 Personen sind nun direkt bei Westfleisch-Gesellschaften angestellt. Zwei Unterkünfte seien, weil „ungeeignet“, nach den Vorfällen nicht mehr genutzt worden.

Nach deutschem Recht

„Werkverträge per se sind nicht schlecht, aber sie müssen richtig gelebt werden“, betont Schruck und stellt gleichzeitig klar: „Wir werden wohl noch tiefer in die Mitverantwortung einsteigen müssen“. Auf diesem Weg sei Westfleisch anderen Unternehmen schon voraus: Rund 60 % aller Beschäftigten in den Betrieben seien mittlerweile fest angestellte, eigene Kräfte. So erkläre sich, warum seit 2015 die Zahl der Beschäftigten von 2170 auf mittlerweile 4200 gestiegen sei. Nur noch 40 % kämen über Werkvertragsunternehmen. Und auch die seien alle nach deutschem Sozialrecht versichert, also auch sämtlich Mitglied einer deutschen Krankenkasse.

Schruck leitet daraus ab, dass „sein“ Unternehmen wesentlich weniger Schwierigkeiten bekäme als andere, falls Werkverträge komplett verboten würden.

Ein flächendeckendes Verbot in Deutschland würde den Wettbewerb hierzulande nicht beeinflussen, weil dann alle „mitspielen“ müssen. Im internationalen Vergleich jedoch würden die deutschen Unternehmen kostenmäßig ins Hintertreffen geraten.

Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass sehr viele Menschen nicht bei der Genossenschaft selbst, sondern bei Tochtergesellschaften unter Vertrag stehen. Dort sind Löhne und Gehälter niedriger als bei der Muttergesellschaft.

„Sie finden niemanden“

Auf die Frage, warum überhaupt Menschen aus anderen Ländern in die Fleischbetriebe geholt werden, damit sie hier arbeiten, antwortet der Manager ganz einfach: Weil Sie hier niemanden mehr finden, der diese Arbeit machen will.

Mehrere Anläufe habe man mit den Arbeitsagenturen schon unternommen, um neue Kräfte zu gewinnen, doch letztlich alles erfolglos. Der Lohn, der gezahlt werden müsste, um hiesige Arbeitskräfte an die Schlacht- und Zerlegebänder zu bekommen, liege weit oberhalb dessen, was unter Wettbewerbsgesichtspunkten vertretbar sei. Damit wäre kein Werk mehr konkurrenzfähig.