Wie der WDR Münster eine Nachricht "dreht"

"Mehr Pestizide in Lebensmitteln" – unter dieser Überschrift meldet am heutigen Donnerstag, 13. August, das Lokalstudio des WDR in Münster, dass das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe 2014 "mehr Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln" entdeckt habe. Die Nachricht des WDR stützt sich auf den jüngsten Jahresbericht des Amtes für 2014. In diesem Bericht steht allerdings in weiten Teilen etwas anders als vom Lokalsender gemeldet.

Was die Behörde tatsächlich schrieb

Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Münsterland-Emscher-Lippe hat 2014 insgesamt 918 Lebensmittelproben untersucht. Davon mussten laut Jahresbericht 3 Prozent beanstandet werden, doppelt so viel wie im Vorjahr. Diese auffällige Steigerung sei vor allem durch einen Stoff verursacht, erklärt das Amt: durch "Chlorat", das seit 1998 nicht mehr als Pflanzenschutzmittelwirkstoff zugelassen ist, aber bei der Desinfektion von Trink- oder Brauchwasser mit chlorhaltigen Substanzen entstehen kann. "Der genaue Eintragsweg von Chlorat in Lebensmitteln ist nicht bekannt, eine direkte Behandlung mit chlorhaltigen Reinigungsmitteln ist in der EU verboten", schreibt das CVUA Münsterland-Emscher-Lippe ausdrücklich in seinem Jahresbericht.

Anders der WDR: Er meldet in seinen am Donnerstag stündlich ausgestrahlten Nachrichten: "Wie der Stoff in die Lebensmittel kommt, ist unklar. Vielleicht dadurch, dass Obst und Gemüse mit chlorhaltigem Trinkwasser gewaschen werden, vermutet die Lebensmittelwirtschaft."

CVUA: "Rückstände nicht aus Pflanzenschutzmitteln"

Diese Vermutung, die der Lokalsender als Nachricht (!) ohne jeden Beleg ausstrahlt, und auch seine Anspielungen auf die Landwirtschaft werden vom CVUA-Jahresbericht nicht gestützt. Vielmehr heißt es dort, es sei "offensichtlich, dass die Chlorat-Rückstände nicht aus Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln stammen".

Die Kontrollbehörde stellt sogar ausdrücklich fest: Ohne die Berücksichtigung von Chlorat habe der Anteil an Lebensmitteln, die auf Grund von Höchstgehaltsüberschreitungen beanstandet werden mussten, bei knapp 1 % gelegen. Und wörtlich: "Dies bestätigt den bereits in den Vorjahren festgestellten, erfreulichen geringen Anteil an Gesetzesverstößen."

Von einem "erfreulichen geringen Anteil" indes ist in der WDR-Nachricht nicht die Rede, wohl aber von: "mehr Pestiziden in Lebensmitteln". Str.