Wie bemisst man "Tierwohl"?

Wie lässt sich messen, ob Nutztiere tatsächlich gesund sind und sich wirklich wohl fühlen? Das Braunschweiger Thünen-Institut hat nach Antworten gesucht: in Milchviehbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern und NRW.

Nutztiere sollen tiergerecht gehalten werden. Doch wie lässt sich messen, ob die Tiere tatsächlich gesund sind und ob sie sich wirklich wohl fühlen? Um diese Leitfrage drehte sich ein Workshop des Thünen-Instituts in Braunschweig.

Die Richtlinien des ökologischen Landbaus, aber auch Maßnahmen, die tiergerechte Haltungsformen unterstützen sollen, seien zurzeit "ausschließlich handlungsorientiert", teilt das Thünen-Institut mit. Vorgesehen seien ausschließlich Vorgaben zu Haltung und Management, so etwa die Haltung der Kühe im Sommer auf der Weide, das Platzangebot je Tier oder spezifische Bodenbeläge wie Einstreu in Ställen. "Die Vorgaben können zwar gute Voraussetzungen für ein verbessertes Tierwohl schaffen, der tatsächliche Zustand der Tiere, ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen, bleibt aber unberücksichtigt.

Noch genauer aufs Tier schauen

Das von Forschern, Praktikern, Vertretern des Berufsstandes und der Tierschutzverbände entwickelte Indikatoren-Set für die Milchviehhaltung soll eine objektive Einschätzung ermöglichen. Es umfasst zehn tierbezogene Indikatoren zur Euter- und Stoffwechselgesundheit, zum Ernährungszustand, zu Lahmheiten, Veränderungen an Klauen- und Gliedmaßen, Verschmutzung, Verletzungen und Verhalten der Tiere sowie zur Zahl der verendeten Kühe und Kälber.

In 115 Landwirtschaftsbetrieben – 32 konventionell und 30 ökologisch bewirtschafteten Betrieben in Nordrhein-Westfalen sowie 36 konventionellen und 19 Öko-Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern – haben die Wissenschaftler die tierbezogenen Indikatoren erstmals angewandt. Die Ergebnisse zeigen: Das Tierwohl hängt stark vom Management des einzelnen Betriebes ab. So liegt der Anteil lahmer Kühe im Durchschnitt der Betriebe bei 14,7 Prozent, schwankt aber von 0 Prozent lahmen Kühen (öko und konventionell) bis 46,3 (ökologisch) bzw. 68,8 Prozent (konventionell).

Zuspruch bei den Landwirten

Das Thünen-Instituts empfiehlt, die zurzeit ausschließlich handlungsorientierten Richtlinien für eine tiergerechte Milchviehhaltung um tierbezogene Indikatoren zu erweitern. Dies findet bei den Landwirten, in den Verbänden und in der Forschung großen Zuspruch. Das zeigte die rege und konstruktive Diskussion während des Workshops in Braunschweig.

Rege diskutiert wurden auch mögliche Grenzwerte und Zielgrößen für die Honorierung in der Milchviehhaltung. Auf Basis der erhobenen Daten empfahlen die Forscher, sich an den besten 25 Prozent aller Betriebe zu orientieren. idw/Str.