Corona am Schlachthof Coesfeld

Westfleisch: Laumann zeigt klare Kante

Während die Zahl der Infizierten in Coesfeld weiter steigt, fordert NRW-Gesundheitsminister Laumann von Westfleisch ein Hygienekonzept, statt sich vor Gericht zu verzetteln.

Ein „in sich schlüssiges“ und „lückenloses“ Hygienekonzept für die Zeit nach der derzeitigen Schließung des Schlachthofes in Coesfeld hat NRW-Gesundheitsminister Karl Josef Laumann vom Genossenschaftsunternehmen Westfleisch als Betreiber gefordert. Auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf sagte Laumann heute, ein solches Hygienekonzept zu entwickeln sei besser, als sich damit zu beschäftigen, die Schlachthof-Schließung vor Gericht rückgängig zu machen.

Die Zahl der Infizierten steigt

Laumann gab auch bekannt, dass die Zahl der nachgewiesenen Fälle von Corona-infizierten Personen im Schlachthof Coesfeld weiter gestiegen ist. Derzeit sind 249 Mitarbeiter infiziert. 476 Beschäftigte sind ohne Befund, weitere 278 Testergebnisse stehen derzeit noch aus.

Die Infizierten sowie die Kontaktpersonen 1. Grades seien nach den geltenden Bestimmungen unter Quarantäne zu stellen, betonte Laumann vor der Presse. Es sei auch sicherzustellen, dass das „in einer angemessenen Form“ passiere.

Ich habe den Schutz der Bevölkerung in den Mittelpunkt meiner Arbeit zu stellen und nicht die Interessen der Schlachtindustrie.“ NRW-Gesundheitsminister Karl Laumann

Die Entwicklung im Kreis

Nach dem jüngsten Stand (Montag, 11. Mai, 16 Uhr) ist die Zahl der Infizierten im Kreis Coesfeld nach Mitteilung des dortigen Gesundheitsamtes auf 805 gestiegen. Die Zahl der "aktiv Erkrankten" im Kreis, die Ende April noch bei 63 gelegen hatte, ist binnen weniger Tage auf 328 hochgeschnellt.

Nach einer Phase der Erholung steigt seit einigen Tagen im Kreis Coesfeld die Zahl der Infizierten wieder steil an (Grafik mit Stand vom 16. Mai 2020, 16 Uhr). (Bildquelle: Kreis Coesfeld - Bildschirmfoto: Wochenblatt)

Rücken damit Lockerungen im Kreis in weiter Ferne? Dazu sagte Gesundheitsminister Laumann in Düsseldorf: Wenn sich die Zunahme der Infektionen auf den Schlachthof konzentrieren und außerhalb keine weiteren Infektionen hinzukommen, sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass man den Lock-down im Kreis Coesfeld „zum Wochenende hin lockert“.

"Westfleisch auch für die Unterkünfte verantwortlich"

In Sachen Infektionsschutz gebe es derzeit „erhebliche Mängel“ in einem Teil der Unterkünfte der Schlachthof-Beschäftigten. Diese Unterkünfte, so erläuterte Laumann weiter, könnten vom Arbeitsschutz aus rechtlichen Gründen nicht überprüft werden, denn es handele sich um privat angemietete Wohnungen, nicht um Werkswohnungen.

Gleichwohl sieht der Minister das Schlachtunternehmen Westfleisch in der Verantwortung. Das von Westfleisch geforderte Hygienekonzept müsse nicht nur den Schlachthof als Betrieb in den Blick nehmen, sondern auch den Transport von den Wohnungen zum Schlachthof und die Wohnungssituation selbst. Ein Abschieben der Verantwortung auf die Subunternehmer – „das geht nicht“, so Laumann wörtlich.

Laumann: Die Problematik liegt im System

Der Minister betonte überdies, dass an der derzeitigen Situation nicht die Werkvertrags-Arbeitnehmer Schuld seien – „wenn man überhaupt von ,Schuld’ bei einer Infektion reden kann“. Wörtlich fuhr Laumann fort: „Die Problematik liegt im System. Und für das System verantwortlich sind die Betreiber der Schlachthöfe.“

Auf den Vorwurf, die Schlachtbranche werde unter einen Generalverdacht gestellt, antwortete Laumann: Die derzeitige Situation rechtfertige ein gesundes Misstrauen des Gesundheitsministers. Und weiter: „Ich habe den Schutz der Bevölkerung in den Mittelpunkt meiner Arbeit zu stellen und nicht die Interessen der Schlachtindustrie.“

Er hoffe sehr, dass die landesweiten Kontrollen zeigten, dass alles in Ordnung sei. Falls nicht, sei er sicher, dass auch die anderen Bundesländer ähnliche Schritte einleiten würden.

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