Interview

Wenn Zwischenfrüchte Pflicht werden

In den nitratbelasteten Gebieten könnte der Zwischenfruchtanbau vor Sommerungen künftig zur Pflicht werden. Außerdem sollen diese Zwischenfrüchte ohne Dünger auskommen: Das ist eine Herausforderung!

Wochenblatt: Herr Gievers, Herr Deilke, die Wasserkooperationen Höxter und Lippe haben in diesem Jahr zusammen mit einem Praxis­betrieb verschiedene Varianten des Zwischenfruchtanbaus ohne Düngung getestet. Was steckt dahinter?

Georg Gievers, Berater bei der Wasserkoope­ration Höxter. (Bildquelle: Waldeyer)

Gievers: Der Zwischenfruchtanbau ist ein wichtiger Baustein des Grund­wasserschutzes. Die Pflanzen binden freie Nährstoffe, insbesondere Stickstoff (N), und vermeiden deren Auswaschung über Winter. Besondere Bedeutung hat dies aktuell für die Flächen im Bereich der sogenannten Roten Grund­wasser­körper. Hier will die Politik künftig einen obligatorischen Zwischenfruchtanbau vor Sommerungen einführen. Der Anbau soll dort außerdem ohne Düngung erfolgen. Um zu sehen, ob und wie das funktionieren könnte, haben unsere ­beiden Wasserkoope­rationen eine Demonstrations­fläche mit verschiedenen Saatgutmischungen und unterschiedlichen Anbautechniken von der Direkt- bis hin zur Pflugsaat angelegt.

Welche Varianten haben Sie verglichen? Wie haben sich die Bestände im trockenen Spätsommer entwickelt? Mit welchen Kosten können die Landwirte überschlägig je ha Zwischenfruchtanbau kalkulieren?

Gunrad Deilke, Berater bei der Wasserkoope­ration Höxter. (Bildquelle: Waldeyer)

Deilke: Bei der Aussaattechnik wurden Anfang August nach Wintergerste vier Varianten getestet: Eine Schlitz-Direktsaat ohne jegliche Bodenbearbeitung, eine Ausbringung mit Grubber und integrierter Sätechnik sowie die Aussaat mittels Kreiselegge und Drillmaschinen nach Grubber bzw. Pflug. Als Zwischen­frucht wurde hier durchgängig eine speziell für Wasserschutzgebiete entwickelte Mischung eingesetzt. Sie enthält Arten wie Ramtillkraut und Phacelia, die in kurzer Zeit sehr viel Biomasse bilden und so Nährstoffe binden, Unkraut unterdrücken und Erosionsschutz leisten.

Auf einer zweiten Fläche haben wir bei einheitlicher Bestelltechnik (Direktsaat) verschiedene Mischungen ausgesät.Mit der Trockenheit ist die Anbauvariante „Pflug plus Kreiselegge und Drillmaschine“ am besten klargekommen. Hier haben wir deutlich höhere Biomasserträge gemessen als bei den anderen Varianten. Aller­dings gab es auf dem Standort im Juni ein Hagelereignis mit vielen ausgeschlagenen Ähren. Damit hatte die Zwischenfruchtmischung vor allem bei den Varianten mit reduzierter Bodenbearbeitung massive Konkurrenz durch Ausfallgetreide. Die Kosten für das Zwischenfruchtsaatgut sind durchgängig mit 65 bis 85 €/ha zu veranschlagen. Die Aussaatkosten ohne Lohnansatz reichen von 65 €/ha bei der Direkt­saat ohne jegliche vorhergehende Bodenbearbeitung bis 150 €/ha bei der Aussaat mit Kreiselegge/Drillmaschine nach dem Pflugeinsatz.

Zwischenfrüchte verursachen aber nicht nur Kosten ...

Deilke: Genau – der Zwischenfruchtanbau ist aktueller denn je. Er ist gut für die allgemeine Bodenfruchtbarkeit und fördert das Bodenleben und die Humusbildung. Die Nährstoffbindung über den Winter wurde schon angesprochen. Und die anschließende Aussaat von Sommerungen wie Mais kann vielfach mit reduzierter Bodenbearbeitung erfolgen. Hinzu kommen Effekte wie die Nema­toden­be­kämp­fung in Rübenfruchtfolgen sowie die Unkrautunter­drückung durch einen dichten Zwischen­frucht­bestand. Letztlich sind Zwischen­früchte zudem eine Möglichkeit, ökologische Vorrang­flächen (Greening) zu schaffen. Eine gute und vielfältige Zwischenfrucht, die zum Ende blüht, bietet überdies im Spätsommer Insekten Nahrung und lockert das Landschaftsbild auf.

Zurück zur geplanten Anbaupflicht vor Sommerungen. Wo sehen Sie fachliche Grenzen? Gibt es Ausnahmen, beispielsweise bei spät räumenden Früchten wie Silo- oder Körnermais? Welche Zwischenfrüchte wären hier noch möglich?

Deilke: Wenn die Sommerungen auf früh geerntete Kulturen wie Getreide folgen, ist ausreichend Zeit, eine ordentliche Zwischenfrucht zu etablieren. Anders sieht es bei spät räumenden Früchten wie Mais aus. Deshalb ist geplant, dass auf diesen Flächen keine Zwischenfrucht angebaut werden muss, wenn die Hauptfrucht nach dem 1. Oktober geerntet wird.

Erfolgt die Ernte jedoch beispielsweise im September, so bleibt letztlich nur der Anbau von Grünroggen oder Senf/Ölrettich. Alternativ könnten die Betriebe auch über Untersaaten nachdenken. Regionen, in denen nachweislich weniger als 650 mm Jahresniederschlag fallen, sollen ebenfalls vom obligatorischen Zwischenfruchtanbau vor Sommerungen ausgenommen werden.

Für die Zwischen­früchte in den „Roten Gebieten“ ist ein Dünge­verbot im Herbst geplant. Damit wäre eine Startgabe zur Stärkung der Bestände nicht mehr möglich. Wie sehen Sie das?

Gievers: Zwischenfrüchte sollen aus den genannten Gründen im Herbst viel Trockenmasse bilden. Dafür benötigen sie Nährstoffe, die aus dem Boden nachgeliefert oder vom Landwirt über eine Düngung zugeführt werden müssen. Ob eine Düngung erforderlich ist, hängt von der Situation vor Ort ab. Regel­mäßig organisch gedüngte Flächen haben oftmals größere Nährstoffreserven als reine „Mineral­dünger-­Standorte“. Dort können die Zwischenfrüchte dann womöglich ihr Potenzial nicht entfalten.

Auf der Demofläche haben wir kürzlich die Stickstoffwerte im ­Boden erfasst: Die ungedüngten ­Varianten lagen bei weniger als 10 kg Nmin/ha. Hier hat die Zwischenfrucht den Boden zielorientiert entleert. Die gedüngten Teilflächen erreichten mit weniger als 20 kg Nmin/ha jedoch ebenfalls sehr gute Werte – und das bei gleichzeitig höherer Trockenmassenbildung! Herbstdüngung und Gewässerschutz müssen daher kein Gegensatz sein: Allerdings muss die Höhe der Herbstdüngung mit Augenmaß und unter Einhaltung der Gewässerschutzkriterien erfolgen. Zudem sind alle Anstrengungen (Sorte, Aus­saattermin und -technik) zu unternehmen, um eine gute und kräftige Zwischenfrucht zu etablieren. Weil die Nährstoffe nicht verloren gehen, sind diese aber selbstverständlich bei der Düngeplanung zur Folgefrucht voll in Ansatz zu bringen.

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