Ökofeldtage in Frankenhausen

Weidetierhaltung mit Wolf?

Noch gibt es kein Wolfsrudel in Hessen. Aber es ist nur eine Frage der Zeit bis sich ein Rudel ansiedelt. Ist das das Ende für die Schafhaltung? Darüber wurde auf den Ökofeldtagen in Frankenhausen diskutiert.

In Deutschland gibt es aktuell ungefähr 100 Wolfsrudel. In Zukunft werden sich die Raubtiere in der Fläche weiter ausbreiten und es wird mehr Territorien geben. Für Hessen erwartet Peter Blanche von der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe, dass sich in nächster Zeit ein Rudel ansiedelt. Seiner Meinung nach ist der Umgang mit einem festen Rudel einfacher, als mit durchstreifenden Wölfen.

Für Weidetierhaltung

Die Schäfer in Hessen fragen sich, wie die Schafhaltung mit dem Wolf funktionieren soll. „Wir sind nicht gegen den Wolf, aber für die Weidetierhaltung“, erklärte Hubertus Dissen, Vollerwerbsschäfer mit 1000 Mutterschafen in Hessen und Mitglied im Vorstand der Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL). In Hessen gibt es 5500 Schafhalter, für alle stellt der Wolf eine existenzielle Herausforderung dar. „Unsere Zäune sind in Ordnung“, versicherte der Schäfer, „wenn bei mir etwas passierte, war dies immer mit Einwirkungen von außen verbunden.“ Der zusätzliche Herdenschutz ist in seinen Augen nicht zu leisten: „Wir sind arbeitstechnisch absolut am Limit, da geht nichts mehr.“ Mit seinen 1000 Mutterschafen müsste er eine Person mehr alleine für den Herdenschutz einstellen. Dissen betonte: „Der Mehraufwand muss zu 100 % entschädigt werden, jeder Cent.“ Für seine Herde bräuchte er beispielsweise vier Herdenschutzhunde, diese würden ihn jährlich rund 15 000 € kosten. Die jährliche Förderung von 30 € pro Schaf/Ziege helfe nicht weiter.

Blanche, der den Wolf gerne in Deutschland beheimatet sieht, stimmte dem Schäfer zu. Auch er möchte, dass die Weidetierhalter von der Allgemeinheit entschädigt werden.

200 € pro Hektar

Aus dem Publikum kam die Frage, wie viel Entschädigung überhaupt notwendig sei. Dazu antwortete der Dritte auf dem Podium, Arnd Ritter vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH): „Als Entschädigung sind 200 € pro Hektar notwendig.“ Das Problem sieht er aber darin, dass die Kleinstschäfer keine Prämien beantragen würden. „Dabei machen sie Artenschutz zum Nulltarif.“ Schäfer Dissen schlug etwas sarkastisch vor: „Eine charmante Lösung wäre, wenn die Leute, die den Wolf wollen, auf die Schafe aufpassen.“

Die Gedanken des Vollerwerbsschäfers gingen noch weiter. Er mache sich Sorgen, was passiere, wenn seine Schafe wirklich wegen dem Wolf durch den Zaun gingen und dann als Herde auf die Autobahn rennen. „Ich möchte nicht damit leben müssen, dass Menschen ihr Leben durch meine Schafe verlieren.“ Und weiter: „In so einem Fall würde ich mir wünschen, dass der Wolf ein Schaf reißt, damit klar zu erkennen ist, dass er der Verursacher für die Panik war und nicht meine Zäune unzureichend.“ Er habe Angst, dass er als Halter für solche Schäden verantwortlich gemacht würde.

Eine weitere Zuhörerin fragte, was mit den Rinderhaltern sei. Ritter vom LLH antwortete: „Rinderzäune mit zwei Litzen sind kein Grundschutz und halten keinen Wolf fern.“ Außerdem müsse auch bei dem Wissen, dass ein Wolf in der Nähe sei, der Zaun wolfssicher gemacht werden. Blanche fügte hinzu: „Kälber sind außerhalb der Weide eine leichte Beute für den Wolf.“ Die Zäune müssen so konstruiert sein, dass die Kälber nicht darunter durchschlüpfen können.

Eine weitere Frage aus dem Publikum: „Wie können wir einen sinnvollen Schutz für eine kleine Schafherde mit vorhandenen Mitteln erreichen?“, richtete sich an Schäfer Dissen. Dieser betonte, dass er in Siedlungsnähe niemals einen Herdenschutzhund einsetzen würde. Sie seien einfach zu scharf und Mütter würden immer wieder ihre Kinder zu den Lämmern über den Zaun setzen. Bei einer Herde unter 300 Schafen sei ein Herdenschutzhund ebenfalls nicht denkbar.

Schnelle Tötung

Dissen vertritt die Meinung, dass übergriffige Wölfe direkt entnommen werden müssten. Das dürfe auch nicht lange dauern, da die Tiere sehr lernfähig seien und andere Tiere aus dem Rudel sich das Verhalten abguckten. „Es darf nicht Monate dauern, bis der Beschluss zur Entnahme eines übergriffigen Wolfes erfolgt.“

Nachdenklich stimmte die Position einer jungen Frau am Ende der Podiumsdiskussion: „Wir haben zu Hause eine Vollerwerbsschäferei. Durch den Wolf muss ich mich jetzt schon entscheiden, ob ich diese mit dem Wolf weiterführen will.“

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