"Wegen Notstand gerechtfertigt"

Dieses Urteil dürfte rege Debatten auslösen: Das Landgericht Magdeburg hat drei Tierschützer freigesprochen, die vor vier Jahren in eine Schweinezuchtanlage eingedrungen waren, um Missstände in der Tierhaltung zu filmen.

Dieses Urteil dürfte rege Debatten auslösen: Nach dem Amtsgericht Haldensleben hat nun auch das Landgericht Magdeburg drei Tierschützer freigesprochen, die vor vier Jahren in eine Schweinezuchtanlage eingedrungen waren, um Missstände in der Tierhaltung zu filmen.

Das Landgericht Magdeburg hat am gestrigen MIttwoch drei Tierschützer freigesprochen, die 2013 in eine Schweinezuchtanlage in Sachsen-Anhalt eingedrungen waren, um Missstände in der Tierhaltung zu filmen. Die achte Strafkammer des Landgerichts bestätigte damit ein Urteil des Amtsgerichts Haldensleben aus dem vergangenen Jahr, gegen das die Staatsanwaltschaft Magdeburg Berufung eingelegt hatte.

Rechtfertigender Notstand
Der § 34 des Strafgesetzbuches, auf den sich die Richter des Amtsgerichtes und nun auch des Landgerichtes im Kern berufen, hat folgenden Wortlaut:

„Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.“

Die Richter des Amtsgerichts stellten damals zwar einen Hausfriedensbruch fest, wollten aber keine Strafe aussprechen, „da das Handeln der Angeklagten wegen Notstandes nach § 34 Strafgesetzbuch (StGB) gerechtfertigt gewesen ist“. Die Tierschützer hätten deshalb in die Stallungen eindringen und die dortigen Zustände filmen dürften, um auf Missstände bei der Haltung von rund 63.000 Schweinen aufmerksam machen zu können. So habe es Verstöße gegen Regelungen der Tierschutznutztierverordnung gegeben, insbesondere, weil die Kastenstände zu klein gewesen seien.

Eindringen ist "das mildeste Mittel"

Das Eindringen in die Ställe sei auch das mildeste Mittel gewesen, da sich nach den Erfahrungen der Angeklagten eine Anzeige bei den zuständigen Behörden nicht als erfolgversprechend erwiesen hätte, argumentierte das Amtsgericht. Bei vorherigen Kontrollen der zuständigen Behörden seien die Missstände nicht moniert worden.

Auch hätten sich die Angeklagten entsprechend vorbereitet, indem sie etwa Einwegkleidung benutzt, Mundschutz getragen und die Kameras desinfiziert hätten, so dass keine Keime von außen in die Ställe getragen worden seien. In diesem Fall überwiege das Interesse der Tiere an ihre Unversehrtheit entsprechend den Regeln der Tierschutznutztierverordnung gegenüber dem Interesse der Betreiber der Anlage an seinem Hausrecht, urteilte das Amtsgericht.

Wenn die staatlichen Kontrollen versagen

Dem schloss sich laut Presseberichten der Vorsitzende Richter des Landgerichtes, Ulf Majstrak, im Berufungsverfahren an. Er erklärte, dass die Angeklagten zwar Hausfriedensbruch begangen hätten, solche Taten aber gerechtfertigt seien, wenn staatliche Kontrollen versagten. Ziel sei das Tierwohl gewesen, das in Gefahr gewesen sei. „Sie haben genau das getan, was nötig war und was als mildestes Mittel zur Verfügung stand”, erklärte Majstrak. AgE