Hof direkt: Wie haben Sie auf die Nachricht zum Einreisestopp reagiert?
Henner Erpenbeck: Ehrlich gesagt bin ich davon ausgegangen, dass die Politik verstanden hatte, dass die Erntehelfer-Frage die generelle Lebensmittelversorgung betrifft. Für uns als Betrieb ist natürlich der Spargel wichtig, aber es geht ja auch ums Pflanzen von Gemüse, Salat usw. Wird jetzt kein Salat gesetzt, gibt es im Mai nichts zu ernten.
Wie sieht es aktuell bei Ihnen auf dem Betrieb aus?
Die erste Fläche ist erntereif, am vergangenen Freitag (27. März) hat der Verkauf bei uns im Hofladen begonnen, In der kommenden Woche dann auch an drei Verkaufsstellen. Einige Erntehelfer waren dafür schon angereist. Aktuell arbeiten fünf draußen auf dem Feld und drei in der Halle zum Sortieren und Konfektionieren. In der Hautsaison sind wir mit 35 bis 40 Personen draußen bei der Ernte und weiteren 12 in der Halle.
Wie können sie die Situation verbessern? Suchen Sie auf anderen Wegen nach Erntehelfern?
Die Erntehelfer, die schon da sind, werden länger bleiben. Die kurzfristige Beschäftigung ist ja auf 115 Tage ausgeweitet worden. Wir haben uns auch auf den Ernteretter-Börsen angemeldet. Die Resonanz auf unsere Anzeige ist super. In kurzer Zeit haben sich mehr als 40 Personen gemeldet, die uns bei der Ernte unterstützen möchten. Viele kommen von weiter weg, aus Berlin oder Dortmund. Allerdings stellt uns das vor die nächste Herausforderung. Wie können wir sie unterbringen? Sind die Personen gesund?
In Deutschland ist das Risiko, sich anzustecken, größer als beispielsweise in Rumänien. Es geht ja auch um die Gesundheit unserer Familie und Mitarbeiter. Aktuell sind wir mit Familie, Festangestellten und Erntehelfern rund 20 Personen auf dem Hof. Hier sind wir gerade dabei, uns aufzustellen.
Wir haben uns in Gruppen eingeteilt, damit im Fall des Falles möglichst wenige Personen betroffen sind. Deshalb werden wir in erster Linie auf Mitarbeiter aus der Umgebung setzen, die wir nicht auf dem Hof unterbringen müssen. Wir sind auch noch in Kontakt mit unseren langjährigen polnischen Mitarbeitern. Vielleicht können sie später doch noch einreisen.
Welche Auswirkungen wird das auf Ihre Ernte haben?
Unsere langjährigen Erntehelfer wissen, wie man Spargel sticht. Die „Neuen“ müssen erst einmal eingewiesen werden. Deshalb haben wir unsere festangestellten Mitarbeiter, die sonst andere Arbeiten auf dem Hof erledigen, noch mal als Vorarbeiter in Sachen Spargelernte geschult. Es geht ja auch darum, Schäden an der Spargelanlage durch falsches Stechen zu verhindern. Außerdem werden die Erntekosten steigen, weil die Ernte langsamer vonstatten geht. Es ist fraglich, ob wir das an die Kunden weitergeben können, angesichts der wirtschaftlichen Folgen durch Corona für jeden Einzelnen. Unterm Strich gehen wir von einer stark reduzierten Ernte aus. Auf eine Prozentzahl festlegen möchte ich mich aber nicht.
Eins möchte ich zum Schluss noch sagen: Ich finde es super, dass sich so viele Menschen bereit erklären in der Landwirtschaft zu arbeiten. Aber im Moment steht die Gesundheit an oberster Stelle. Wir bauen im 99. Jahr Spargel an. Wir halten den Kopf über Wasser und ich bin zuversichtlich, dass wir die 100 vollmachen.
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