Wachstum begrenzen?

Das Wachstum landwirtschaftlicher Betriebe steht vielerorten in der Kritik – sowohl im landwirtschaftlichen Berufsstand selbst, als auch in der Öffentlichkeit. Zur Diskussion über Dimension und Geschwindigkeit des Wachstums und die Bedeutung privilegierten Bauens hatte der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) am Montag nach Münster, ins Zentrum der Veredlungsregion Münsterland, eingeladen.

Die Politik befinde sich in einer Entscheidungsfindungsphase – der Berufsstand müsse deutlich machen, was er wolle, verdeutlichte WLV-Präsident Franz-Josef Möllers in seinem Eröffnungsvortrag. Grundsätzlich dürfe die im Baurecht in Paragraph 35, Absatz 1.1. verankerte Privilegierung landwirtschaftlichen Bauens im Außenbereich nicht angekratzt werden, so der Präsident. Verschärfungen bei den Anforderungen an die Futtergrundlage seien „ein Anschlag auf die arbeitsteilige Wirtschaft und ein reines Ärgernis“. Sie stellten einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit dar, so Möllers weiter.

Grenzen definieren

„Boden und Kapital gehören in bäuerliche Hand“, forderte er. Der Vorschlag, das Baurecht dahingehend zu ändern, gewerbliche Stallbauten von der Privilegierung im Außenbereich auszuschließen, sei allerdings nicht zielführend. Damit würde flächenarmen Familienbetrieben ihre Existenzgrundlage entzogen, warnte Möllers. Allerdings gelte es, Grenzen für gewerbliches Wachstum zu definieren. So müsse bei gewerblichen Bauvorhaben einlandwirtschaftlicher Ursprungsbetrieb vorhanden sowie ein räumlicher und funktionaler Zusammenhang des Bauvorhabens zum Betrieb gegeben sein.

GV-Grenze ist keine Lösung

„Paragraph 35, Absatz 1.1. wird von uns nicht in Frage gestellt“, versprach der in Münster am Montag sichtlich auf Dialog und Ausgleich bedachte NRW-Umweltminister Johannes Remmel. Es sei aber Aufgabe des Ministeriums, gewerblichen Investitionen mit landwirtschaftsfremden Kapital einen Riegel vorzuschieben. Dem Vorschlag seines niedersächsischen Amtskollegen Gert Lindemann, die Privilegierung von Stallbauten an den Viehbesatz einer Region zu knüpfen und eine Grenze bei beispielsweise 2,0 GV/ha einzuführen, erteilte er aber eine Absage. Eine solche Grenze führe lediglich zu einem Verdrängungswettbewerb, löse aber nicht das Grundsatzproblem, so Remmel. Der vom WLV vorgeschlagene „räumliche und funktionale Bezug“ von Bauvorhaben zu einem Ursprungsbetrieb müsse aber noch genauer definiert werden.

Die Landesregierung habe kein fertiges Konzept wie mit der Wachstumsdynamik landwirtschaftlicher Betriebe umzugehen sei, machte er deutlich. Zwar habe sich der Tierbestand in NRW seit 1990 ingesamt verringert – die Zahl von Schweinen und Geflügel habe sich im gleichen Zeitraum in einigen Regionen aber deutlich erhöht. Und das schaffe regionale, aber ernstzunehmende Probleme, die es gemeinsam zu lösen gelte.

Unabhängig von der Bestandsgröße sei es in der Vergangenheit zu „systematischen Fehlentwicklungen“, wie dem routinemäßigen Schwänzekürzen oder dem betäublungslosen Enthornen von Kälbern gekommen, führte Remmel aus. Ein weiteres Problem sei außerdem der übermäßige Nährstoffeintrag durch Wirtschaftsdüngern in Boden, Grundwasser und Atmosphäre. Er würde gerne die Zwischenverwertung von Gülle in größeren Anlagen unterstützen, erklärte der Landwirtschaftsminister mit Blick auf das Biogasprojekt von WLV und RWE im Kreis Borken. DQ

Den ausführlichen Bericht zur Veranstaltung lesen Sie in der Wochenblatt-Ausgabe 39/2011 auf Seite 13.


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