Bauern-Proteste: Hunderte Traktoren rollen durch NRW-Städte

Einen Tag vor der bundesweiten Demo in Berlin haben hunderte Landwirte aus NRW heute gegen die aktuelle Agrarpolitik demonstriert. Das Wochenblatt war dabei und fasst den Tag zusammen – mit Video und Bildergalerie.

„Um es salopp zu sagen: Wir haben die Schnauze voll!“ Landwirt Georg Biedemann, Pressesprecher von „Land schafft Verbindung NRW“ und Mitorganisator der heutigen Traktoren-Sternfahrt durch sieben NRW-Städte brachte es gleich mit seinen ersten Worten auf den Punkt. „Redet mit uns, nicht über uns!“, sagte er vor mehreren hundert Berufskollegen auf dem Düsseldorfer Messeparkplatz und richtete er seinen Appell dabei an die Politik.

Mit dem Schlepper nach Berlin

Die Organisation „Land schafft Verbindung“ fordert „Dialog statt Konfrontation“. Deshalb hat sie morgen (Dienstag, 26. November) zu einer Großkundgebung in Berlin aufgerufen. Landwirte aus ganz Deutschland haben sich gestern und heute mit ihren Schleppern auf die Reise in die Hauptstadt gemacht. Etliche weitere Landwirte reisen morgen per Bahn oder Bus an.

Sternfahrt durch NRW

Bereits heute gab es eine Traktoren-Sternfahrt durch sieben NRW-Städte. Los ging es heute Morgen gegen 7.30 Uhr vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium. Der Schlepper-Konvoi rollte dann weiter durch die Städte Köln, Düsseldorf, Essen, Dortmund, Hamm und kommt voraussichtlich gegen 19 Uhr in Bielefeld an. In den einzelnen Städten stoßen immer wieder neue Schlepper hinzu, anderen verlassen den Konvoi. Auf einigen Straßen kam es zu deutlichen Verkehrsbeeinträchtigungen.

Bildergalerien zur NRW-Sternfahrt finden Sie hier.

Stimmen aus Düsseldorf

In Düsseldorf hatten die Organisatoren zu einer Gesprächsrunde eingeladen. Dort machte zunächst Junglandwirt Bernd Helmig aus dem Kreis Kleve auf die aktuelle Situation aufmerksam: „Landwirt ist der schönste Beruf, aber im Moment verlieren wir die Lust daran.“ Er ärgert sich besonders über die praxisfremden Vorschriften der neuen Düngeverordnung sowie dem Agrarpaket sowie der Doppelzüngigkeit der Politiker beim Mercosur-Handelsabkommen. Er forderte die Politiker auf, ihre Entscheidungen wieder auf Fakten und wissenschaftlichen Ergebnissen zu basieren und nicht auf Ideologie. Helmig: „Auch andere Bauernkinder sollen noch die Möglichkeit haben, den elterlichen Betrieb weiterzuführen!“

Besonders an der verschärften Düngeverordnung sowie der Einteilung der roten Gebiete (Grundwasser mit mehr als 50 mg/l Nitrat belastet) übten die Landwirte scharfe Kritik. Ihr Vorwurf: Deutschland habe falsche bzw. nicht vergleichbare Zahlen zur EU gemeldet. Zudem blieben beispielsweise die Stickstoffeinträge aus Kläranlagen nahezu unberücksichtigt.

Heinen-Esser: Nitratmessstellen prüfen

NRW-Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser stellte sich der Diskussion und zeigte Verständnis für die Sorgen der Landwirte. Sie versprach: „NRW ist das einzige Bundesland, dass die Nitratmessstellen noch einmal prüft und zudem eine Binnendifferenzierung durchführen will. Durch die Binnendifferenzierung könnten sich die roten Gebiete um bis zu 30 % reduzieren.“ Zudem will sie sich dafür einsetzen, dass Berlin beispielsweise bei den Insektenschutzprogrammen mehr auf Anreize statt auf Verbote setzt.

„Wir werden die Politik beim Wort nehmen“, machte Georg Biedemann am Ende der Kundgebung klar. Diese Forderung dürften die Landwirte mit auf den Weg nach Berlin nehmen.

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