Velen: Gülle-Aufbereitung läuft

Nach langer Vorbereitungszeit ist die Gülle-Aufbereitungsanlage der NDM Naturwertstoffe GmbH in Velen in Betrieb. Die Nährstoffe aus 200.000 m3 Gülle sollen, zu marktfähigen Wertstoffen aufbereitet, die Region verlassen.

Noch läuft die Anlage nicht auf Volllast. Doch der Start ist geschafft: Die Gülle-Aufbereitungsanlage der NDM Naturwertstoffe GmbH in Velen, Kreis Borken, hat ihren Betrieb aufgenommen.

Gülle wird Wertstoff

Unter Volllast sollen jährlich die Nährstoffe aus 200  000 m3 Gülle zu hygienisierten, transportwürdigen und marktfähigen Wertstoffen für Landwirtschaft und Industrie aufbereitet werden. Ziel ist es, in der mit Gülle hoch belastenden Region eine Lösung für die bestehenden Phosphor(P)- und Stickstoff-(N)-Überschüsse zu schaffen. So soll eine Tierhaltung auch bei den inzwischen deutlich verschärften Gülleauflagen weiterhin möglich sein.

Die Anlage erzeugt mithilfe der ­Abwärme der Biogas-BHKWs Dampf, der bei der Stickstoff-Strippung benötigt wird. (Bildquelle: Dr. Block)

Das Aufbereitungsverfahren ist komplex. Es verläuft über folgende Schritte:

  • Die Anlieferung der Gülle ist an ein externes Unternehmen ver­geben. Sie erfolgt mit Sattelauf­liegern, die keine andere Gülle transportieren dürfen. Die Transportentfernung liegt bei durchschnittlich 23 km. Angelieferte Schweinegülle ist in den Betrieben durch Schwerkraft vorbehandelt: Nur die dicke, abgesetzte Gülle gelangt in die Anlage. Die verbleibende Dünngülle mit wenig Phosphat und Stickstoff bringen die Betriebe vor Ort aus. Der Landwirt zahlt für die „Entsorgung“ 8 €/m3 bei 10 % TS. Bei dünnen Güllen steigt der Preis auf 13 € bei 5 % TS. Es werden pro Woche etwa 3850 m3 angeliefert, wenn die Jahresmenge von 200  000 m3 erreicht wird.
  • Die Gülle wird nach der Anlieferung mit einem Schneckenseparator in eine dünne und dicke Phase getrennt und bei unterschiedlichen Verweilzeiten in getrennten Biogasanlagen vergoren. Das anfallende Biogas wird in zwei BHKWs mit je 1,5 MW Leistung bei 100 % Überbauung in Strom umgewandelt. Die Abwärme dient der Dampferzeugung für die weiteren Verfahren.
  • Die dünne Biogasgülle wird anschließend mit Flockungsmitteln versetzt und über zwei Dekanter abermals in eine feste und eine flüssige Phase aufgeteilt. Hier entstehen eine leicht gelbliche Flüssigkeit, die fast frei von Feststoffen ist, und eine feste Phase, die zusammen mit den vergorenen Feststoffen getrocknet wird.
  • Nach der Trocknung wird diese feste Phase in vier 500- bis 700-kW-Drehrohröfen der Firma Werkstätten verbrannt. Diese Heizkessel liefern gleichzeitig die Wärme für die Trocknung der Feststoffe. Das Rauchgas wird mit Tuchfiltern gereinigt. Die Asche hat einen Gehalt von 35 % P2O5. Sie enthält den gesamten Phosphor. Weitere Untersuchungen müssen nun zeigen, wie bioverfügbar dieser Phosphor ist und ob er als Futtermittel, als industrieller Grundstoff oder Düngemittel eingesetzt werden kann. Er ist aber, im Gegensatz zu den importierten Phosphor- Handelsdüngern, fast frei von Schwermetallen.
  •  In der flüssigen Phase sind überwiegend der Stickstoff und das Kali aus der Gülle in gelöster Form enthalten. In weiteren Verfahrensschritten wird dieser flüssigen Phase Natronlauge zugesetzt, sodass der pH-Wert steigt. Bei der Verrieselung über einen Füllkörper wird im Gegenstrom Dampf zugegeben und das Ammonium (NH4) der Gülle als gasförmiges Ammoniak (NH3) ausgetrieben.
  • In einer nachgeschalteten Waschkolonne reagiert das ammoniakhaltige Gas mit Schwefelsäure und wird zu Ammoniumsulfat ausgefällt. Dieses kann als ASL-Lösung vermarktet werden. ASL-Lösung ist im Preis aber derzeit nicht sehr attraktiv. Es ist auch denkbar, Ammoniakwasser zu produzieren, das industriell verwertet werden kann und in großen Massen bei der Rauchgasreinigung von Kraftwerken Anwendung findet.
  • Es verbleibt eine ­Kali-Lösung, die derzeit noch zu den Landwirten zurücktransportiert wird. Diese soll aber in einem letzten, noch fehlenden Schritt durch eine Umkehrosmose zu 60 % von Wasser befreit werden, sodass sie dann auch als Flüssigdünger mit einem Gehalt von 12 kg K2O transportwürdig ist. Somit wird für die abgenommene Gülle dann eine komplette Entsorgung für die Landwirte geboten.

Wertstoffe für die Industrie?

Die entstehenden, hygienisierten Endprodukte Phosphor, ASL- oder Ammoniakwasser und die konzentrierte Kalilauge sind alles Düngemittel. Sie sollen aber möglichst höherpreisiger an die Industrie verkauft werden und so zur Wirtschaftlichkeit der Anlage beitragen.

Weiterhin wird der Strom im EEG 2017 mit einem Preis von 14,8 Cent/kWh vermarktet. Rechnerisch benötigt die Anlage etwa 50% des produzierten Stroms. Bei Strombezug profitiert die Anlage als Düngemittelhersteller von vergünstigten Stromtarifen ohne EEG-Umlage und Stromsteuer.

In den grünen Containern trocknen die separierten Feststoffe. Die nach der anschließenden Verbrennung zurückbleibende Asche lagert in den roten Containern. (Bildquelle: Dr. Block)

Beim Start der Anlage mussten erst einmal alle Prozesse und Verarbeitungsschritte einzeln geprüft und abgenommen werden. Dies ist weitgehend geschehen. Als Nächstes gilt es, die Verfahrensschritte zu verbinden und mithilfe der steuernden EDV zu optimieren. Zum Zeitpunkt des Besuches im Rahmen einer Exkursion des NaRoTec e. V. Ende September lief die Anlage mit einer Leistung von gut 60%.

NDM-Geschäftsführerin Doris Nienhaus hat mit der Anlage eine Pionierleistung in NRW erstellt. Es gehörte viel Mut vonseiten der Geschäftsführung und der Landwirte dazu, das Projekt in Angriff zu nehmen und aufrechtzuerhalten. Dazu gehörte zum Beispiel, über 2000 Seiten Anträge und Fachgutachten auf den Weg zu bringen. Hilfreich bei der jetzt laufenden Erprobung ist, dass das Team von sieben Mitarbeitern die Anlage zum großen Teil selbst mit aufgebaut hat und sich entsprechend gut auskennt. Erschwerend waren und sind teure Auflagen, wie eine kontinuierliche Überwachung der Rauchgase bei der Verbrennung der Feststoffe. Eigentlich wäre diese bei einem Monobrennstoff, der kaum variiert, nicht unbedingt notwendig.

Das KTBL (Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft) ist mit eingebunden und begleitet die Anlage.

Es bleibt zu hoffen, dass weiterhin alles wie geplant und gut verläuft und die Anlage somit eine Referenz für weitere Anlagen zur Be­hebung der Gülleproblematik werden kann. Allein im Kreis Borken geht es immerhin um über 1 Mio. m3 Gülle, die derzeit teilweise weit wegtransportiert werden muss.

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