Änderung der Düngeverordnung

Unterschiedliche Reaktionen auf Dünge-VO

Der Bundesrat hat die neue Düngeverordnung gebilligt - und damit ganz unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Wo die einen fachliche und rechtliche Mängel kritisieren, geht der Beschluss anderen hingegen noch immer nicht weit genug.

Am Freitag vergangener Woche (27. März 2020) hat der Bundesrat die Änderung der Düngeverordnung beschlossen (wir berichteten). Das Echo aus Politik und Verbänden fiel geteilt aus.

Bundestagsfraktionen uneinig

Rainer Spiering, agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hat sich lobend gegenüber der Bundesratsentscheidung geäußert. Nachdem es bei der Verordnung bis zuletzt Spitz auf Knopf gestanden habe, habe eine Mehrheit der Länder den Mut für eine zukunftsweisende Agrarpolitik aufbringen können, sagte der SPD-Politiker. "Der hat Bundesrat die Chance genutzt, die begangenen Fehler zu korrigieren." In etlichen, vor allem viehintensiven Regionen werde mittelfristig kein sauberes Wasser mehr geschöpft werden können, wenn der Nitrateintrag durch die Gülle nicht reduziert werde.

Kritisch äußerte sich hingegen der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Gero Hocker. Seiner Einschätzung nach hat der Bundesrat mit seiner Zustimmung „das unsägliche Zeitspiel der Regierung“ unterstützt. Die verabschiedete Düngeverordnung weise nach wie vor zahlreiche fachliche und rechtliche Mängel auf. Hocker wirft der Bundesregierung und der Mehrheit der Länder vor, die Landwirtschaft „mit teuren Auflagen zu überziehen, ohne beim Nitratproblem auch nur einen Schritt voranzukommen“. Damit verlasse man den Pfad verantwortungsvoller Politik.

Der agrarpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion Stephan Protschka bezeichnete die erneute Verschärfung der Düngeverordnung als „einen Schlag ins Gesicht für die heimische bäuerliche Landwirtschaft“. Die beschlossenen Maßnahmen seien unverhältnismäßig und gefährdeten die wirtschaftliche Existenz von zehntausenden bäuerlichen Betrieben. Es werde zu Humusabbau und einem Verlust der Bodenfruchtbarkeit kommen.

Rukwied: "Falsches Signal"

Joachim Rukwied, Präsident des Deutsches Bauernverbandes, kritisiert den Beschluss als "falsches Signal an die Landwirtschaft". „Wir stehen eindeutig zum Gewässerschutz, aber diese Verordnung ist fachlich mangelhaft“, erklärte er. Eine bedarfsgerechte Düngung der Kulturpflanzen und Zwischenfrüchte sei zukünftig nicht mehr möglich. Dies werde die Qualität und Erntemenge negativ beeinflussen und letztendlich die gesamte Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung schwächen.

„Die Chancen für notwendige Korrekturen wurden vertan“, wandte sich Rukwied an Bund und Länder. Er warf ihnen vor, die Verordnung im Eiltempo und ohne fachliche Diskussion und Abwägung durchgeboxt zu haben. Die beschlossene Fristverlängerung sei in Anbetracht der aktuellen Corona-Pandemie zwar richtig, ändere aber nichts an der grundsätzlichen Bewertung der Düngeverordnung. Bund und Länder seien jetzt gefordert, unverzüglich die Binnendifferenzierung umzusetzen.

WLV: "Beste aus Situation machen"

Enttäuscht vom Bundesratsbeschluss zeigte sich auch Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV). „Wir haben bis zuletzt versucht, mit guten Argumenten für eine praxisnahe und fachlich überzeugende Umsetzung der Düngeverordnung des Bundes zu werben, müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass wir damit kaum Gehör gefunden haben." Jetzt komme es darauf an, so Beringmeier weiter, den Blick nach vorne zu richten und notgedrungen das Beste aus der schwierigen Situation zu machen.

Erfreulich sei laut WLV dagegen die ausgehandelte Fristverlängerung: Verschärfungen in nitratbelasteten Gebieten, wie das Verbot der Düngung von Zwischenfrüchten ohne Futternutzung und die Reduzierung der maximal zulässigen Stickstoffdüngung um 20% treten erst zum 01.01.2021 in Kraft. Dies sei auch ein Verdienst der NRW-Landesregierung.

Land schafft Verbindung: "Falsche Düngeverordnung, die uns nicht weiterhilft"

Verärgert meldete sich Dirk Andresen, Sprecher von "Land schafft Verbindung Deutschland", zu Wort. "Wir haben jetzt eine falsche Düngeverordnung, die uns nicht weiterhilft", so Andresen in einer Videobotschaft. "Akzeptieren wie die Düngeverordnung in ihrer jetztigen Form, werden wir einen Strukturbruch in der Landwirtschaft erleben, der einen Teil der Lebensmittelproduktion ins Ausland verlagert."

Umweltverbände begrüßen Bundesratsbeschluss

Als überfällig hingegen begrüßte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) den Bundesratsbeschluss. Nachdem Deutschland seit über 25 Jahren die EU-Vorgaben zum Gewässerschutz nicht eingehalten habe, müsse „nun endlich gehandelt werden“, so der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt.

Auch der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Jörg-Andreas Krüger, begrüßte das Ende der „jahrzehntelangen Hängepartie“, wertete die Verschärfungen aus Umweltsicht aber als unzureichend. Erneut werde versäumt, die in Teilen Deutschlands zu intensive Tierhaltung zu verringern und damit das Problem der Überdüngung an der Wurzel zu packen. Entscheidend sei, die Zahl der gehaltenen Schweine, Hühner und anderer Tiere pro Hektar klar zu begrenzen, mit zusätzlichen Obergrenzen für jeden Landkreis. Zusätzlich müsse eine Hoftorbilanz für jeden Betrieb kommen, die klar mache, „wie viele Nährstoffe in einen Betrieb hineingehen und wie viele ihn verlassen“.

Mehr zum Thema:

Verschärfungen gelten ab 2021

Bundesrat stimmt Düngeverordnung zu

von Anselm Richard

Am Freitag hat der Bundesrat der neuen Düngeverordnung zugestimmt - unter der Bedingung, dass die Länder bis Ende des Jahres Zeit zur Ausweisung von besonders belasteten Gebieten erhalten.

Landesdüngeverordnung Nordrhein-Westfalen

Rote Gebiete in NRW jetzt viel kleiner

von Anselm Richard

Neue Landesdüngeverordnung verabschiedet: Grundwasserqualität hat sich verbessert, nur noch 26 statt 42 % der Grundwasserkörpergebiete sind nitratbelastet. Binnendifferenzierung reduziert Rote...