Uns reicht‘s, Herr Minister!

Was Johannes Remmels Agrarpolitik für ihre Familien bedeutet, haben Bäuerinnen aus dem Kreis Soest dem NRW-Landwirtschaftsminister geschrieben. Wir stellen drei der Frauen vor.

Als die NRW-Bundesratsinitiative für mehr Tierschutz bekannt wurde, war für Elisabeth Humpert aus Möhnesee-Hewingsen das Maß voll: „Ich war so sauer, dass ich mir in einer Stunde den Frust von der Seele geschrieben habe.“ Denn Humperts hatten gerade ihre vorhandenen Mastställe mit 600 Plätzen renoviert. Zudem war ein neuer Stall für 430 Plätze im Bau, weil Sohn Benedikt nach seinem Agrarstudium in den elterlichen Betrieb einsteigen will.

Dass im frisch genehmigten Stall, der allen Tierschutzanforderungen Genüge tut, nach Minister Remmels Vorstellungen nur noch 339 Schweine eingestallt werden sollen, macht Elisabeth Humpert fassungslos: „Will die NRW-Agrarpolitik unsere bäuerlichen Betriebe herauskegeln?“

Den betroffenen Landwirten ein Gesicht geben

Gemeinsam mit Kolleginnen aus dem Bäuerinnen-Arbeitskreis des Kreislandfrauenverbands Soest entwarf sie einen Plan: Sie wollten Minister Remmel einen persönlichen Brief schreiben, wie sie und ihre Familien von seinen agrarpolitischen Plänen betroffen sind.

Gemeinsam entwickelten sie ein Raster für ihre Briefe: Möglichst kurz Betrieb und Familie vorstellen und die Folgen der geplanten Tierschutzverschärfungen. Um ihrem Anliegen ein Gesicht zu geben, legten sie ihren Briefen ein Foto ihrer Familie bei. Über ihre persönliche Kontakte versuchten sie, möglichst viele Frauen ins Boot zu holen.

Viel investiert, doch jetzt fehlt die Planungssicherheit

So wie Marlies Frank aus Bad Sassendorf. Mit vier Generationen lebt Familie Frank von dem Ackerbaubetrieb mit 85 ha, 360 Sauen und 220 kW-Biogasanlage. „Nach vierjähriger Bauphase, die alle unsere Kräfte beansprucht hat, wissen wir nicht, wie es weitergehen soll“, fällt es der agilen Bäuerin schwer, positiv nach vorn zu schauen. „Wir haben einen siebenstelligen Betrag investiert, aber keinerlei Planungssicherheit.“

Wenn Minister Remmel seine Pläne durchsetzt, passt Familie Franks Konzept nicht mehr. Abstocken aufgrund des höheren Platzanspruchs kommt nicht in Frage, da die Finanzierung auf der genehmigter Betriebsgröße fußt. Aber zum Neubau der dann fehlenden Stallplätze fehlt den Franks der Mut.

Auch Margret Dietz aus Möhnesee-Westrich hat in einem Brief an Minister Remmel ihrem Frust Luft gemacht. Sohn Robert hat nach dem Landwirtschaftsstudium einen mutigen Investitionsschritt gewagt und einen 540er Sauenstall mit Ferkelaufzucht neu gebaut.

Der moderne Stall mit viel Platz und Licht ist gerade ein Jahr in Betrieb. Drei Mäster aus dem Kreis Soest werden auf kurzen Wegen mit den Ferkeln beliefert. „Wenn die NRW-Bundesratsinitiative beschlossen wird, steht unsere Existenz auf dem Spiel“, befürchtet Margret Dietz. Denn das Finanzierungskonzept ist auf 15 Jahre ausgerichtet.

Ihre Antwort, Herr Remmel?

Die Frauen wünschen sich weitere betroffene Bäuerinnen, die Briefe schreiben. Enttäuscht sind sie bislang von der Resonanz der Politiker. Nur die CDU- und FDP-Vertreter ihres Kreises in Landes-, Bundes- und EU-Parlament haben auf ihren Brief reagiert.

Und Minister Johannes Remmel? Trotz der sehr persönlich gehaltenen Briefe hat keine der Bäuerinnen eine Antwort erhalten, obwohl ihn alle eingeladen hatten, sich vor Ort ein Bild zu machen. Dass ein Landwirtschaftsminister die Sorgen bäuerlicher Familienbetriebe so offensichtlich ignoriert, finden die Bäuerinnen traurig – aber auch bezeichnend für die grüne Politik. sb