USA-Serie

Und plötzlich war es still

Für Dr. Thomas Troxel und seine Ehefrau LuAnn waren die 150 Holsteins ihr Ein und Alles. Dennoch verkauften sie im Oktober 2016 ihre Herde. Zurück blieb „eine unerträgliche Stille“. Wir haben sie in Amerika besucht.

In lockerem T-Shirt mit der Aufschrift „Troxel Dairy“ führt mich LuAnn Troxel über den in Nordwest-Indiana gelegenen Betrieb. „Es tut mir so leid, dass ich dir jetzt keine Kühe zeigen kann“, sagt sie wehmütig. Denn Kühe und Technik wurden im Oktober 2016 auf einer Auktion direkt auf dem Hof verkauft. Übergeblieben sind die Nachzucht sowie einige Bullen, die sie nun nach und nach verkaufen. „Danach ist Schluss“, sagt die Landwirtin. Zunächst haben sie darüber nachgedacht, die Ställe mit Jungvieh zu füllen. „Aber die Besitzer wollten zu wenig zahlen“, begründet sie die endgültige Entscheidung.

Ein schwerer Schritt

„Ist es euch schwer gefallen, die Milchviehhaltung aufzugeben?“, frage ich. „Ja, sehr schwer“, antwortet LuAnn nachdenklich. „Milchviehhaltung ist mehr als nur ein Job. Das ist eine Lebenseinstellung. Der ganze Tag ist nach den Tieren ausgerichtet. Mir fehlt das sehr.“ Sie erklärt mir in den Stallungen, wie die täglichen Arbeitsabläufe vonstattengingen. „Eigentlich müssten hier überall Kühe stehen“, sagt sie zwischendurch immer wieder. „Das alles hier ist so still.“ LuAnn vermisst am meisten den Trubel, den ein Milchviehbetrieb mit sich bringt. „Es kamen immer so viele Leute vorbei. Nachbarn, die geholfen haben, Futtermittelvertreter und viele andere.“

Zwei Stunden zuvor: Es ist ein warmer, sonniger Morgen, als ich auf dem Weg zum Ehepaar Troxel bin. Sie leben etwa 1,5 Stunden Autofahrt südöstlich von Chicago entfernt. Die beiden haben mich zum Frühstück auf ihre Farm eingeladen.

Den Kontakt stellte ich bereits in Deutschland her. Ich war auf der Suche nach Milchviehbetrieben, die ich während meines Amerika-Aufenthaltes besuchen kann. Ein Freund empfahl mir den Betrieb. Per Facebook schrieb ich: „Hey, ich bin Kirsten und ich würde gerne bei Ihnen vorbeikommen, um zu sehen, wie amerikanische Milchviehhalter leben und arbeiten.“ Die Rückmeldung von LuAnn kam schnell, war jedoch anders als erwartet: Sie antwortete, dass sie seit Oktober 2016 keine Kühe mehr haben, mir aber trotzdem gerne alles zeigen würden. Alternativ könnte sie Kontakt zu „wirklich interessanten Betrieben mit Kühen“ herstellen. Ich überlegte nicht lange und entschied mich, die Einladung anzunehmen. Denn 2016 gaben auch in Deutschland viele Milchviehhalter auf. Warum also nicht auch die amerikanischen Beweggründe für eine solche Entscheidung...