Beratertätigkeit

Tönnies bezahlte Gabriel

Ex-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel war von März 2020 bis Ende Mai 2020 für den Fleischkonzern Tönnies als Berater tätig. Als Minister hatte Gabriel die Fleischindustrie noch scharf kritisiert.

Clemens Tönnies selbst hat sich um die Personalie Sigmar Gabriel bemüht. Das soll aus Dokumenten hervorgehen, die dem ARD-Magazin Panorama vorliegen. Demnach war der ehemalige Bundewirtschaftsminister vom 1. März 2020 bis Ende Mai 2020 als Berater für Deutschlands größten Fleischproduzenten tätig. Dafür erhielt er offenbar ein Honorar von 10 000 Euro im Monat sowie ein vierstelliges Honorar für jeden Reisetag.

Tätigkeit offenbar beendet

Gabriel sagte gegenüber der ARD, dass er das Unternehmen im Rahmen von drohenden Exportproblemen im Zusammenhang mit der afrikanischen Schweinepest beraten habe. Mittlerweile sei die Tätigkeit, die auf zwei Jahre ausgelegt war, aber beendet: "Diese Tätigkeit musste ich aufgrund einer schwierigen Erkrankung und einer dadurch für mich notwendig gewordenen komplizierten Operation zum 31. Mai 2020 beenden. Für mich war zum damaligen Zeitpunkt nicht klar, ob und gegebenenfalls wann ich meine beruflichen Tätigkeiten wieder aufnehmen kann", so Gabriel.

Ministerium und China

In einer der ARD vorliegenden Präsentationsfolie aus der Sitzung des Konzernbeirats vom 26. Februar 2020 heiße es: "Es ist Clemens Tönnies gelungen, Herrn Sigmar Gabriel als Berater zu verpflichten. Er wird seine weiten Kontakte für die Tönnies Gruppe zur Verfügung stellen und aktiv Projekte begleiten." Dem Dokument nach gehe es insbesondere um den chinesischen Markt. Der ehemalige Minister solle neue Transportmöglichkeiten mit der Eisenbahn nach China eruieren. Außerdem solle er die Verhandlungen mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium und China im Falle eines Ausbruchs der "Afrikanischen Schweinepest" führen.

Freiwillige Selbstverpflichtung

2015 hatte Gabriel in seiner Funktion als Bundeswirtschaftsminister das System der Ausbeutung in der deutschen Fleischindustrie als "Schande für Deutschland" bezeichnet. Seinerzeit beklagte er vor allem die häufig desolaten Arbeits- und Wohnbedingen der osteuropäischen Werkvertragsarbeitnehmer. In diesem Zusammenhang besuchte Gabriel auch das Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück. Firmenchef Clemens Tönnies führte ihn persönlich durch die Produktion.

Unter Federführung von Gabriel und Tönnies einigten sich die sechs größten deutschen Fleischkonzerne auf eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Einhaltung sozialer Standards in der Fleischwirtschaft. Künftig sollten alle Werkvertragsarbeitnehmer nach deutschem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht beschäftigt werden. Die Zahl der Werkverträge sollte reduziert und in Unterkünfte investiert werden.

Zu einer Stellungnahme gegenüber dem Wochenblatt war beim Unternehmen Tönnies niemand bereit.

Das Erste berichtet am 02. Juli 2020 um 21:45 Uhr in der Sendung "Panorama".

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