Fleischkonsum und Qualität

Tierwohl-Produkte wollen viele, aber kaufen nur wenige

Kaufen Kunden statt konventioneller Ware lieber Tierwohl-Fleisch? Legen sie tatsächlich dafür mehr Geld hin? Das klärten Marketingforscher kürzlich in 18 Discountermärkten der EDEKA-Gruppe Minden-Hannover. Das Ergebnis fiel "verhalten" aus.

Nur jeder sechste Kunde kauft, wenn er die Wahl hat, im Einzelhandel ein Fleischprodukt mit „Tierwohl“-Siegel anstelle konventionell erzeugter Ware. Das geht aus einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie der Hochschule Osnabrück hervor. Ein weiteres Ergebnis: Bei einem Schweinefleischartikel mittlerer Preislage, der nach Tierwohl-Standards produziert ist, akzeptieren Kunden je nach Ausgangspreis des Artikels Preisaufschläge von 9 bis 13 %. Bei höheren Preisaufschlägen (zum Beispiel 26 % für Gulasch) gingen die Absätze „deutlich zurück“.

Praxistest in 18 Discount-Märkten

Gemessen an den häufig geäußerten Erwartungen an die Kaufbereitschaft für Tierwohlprodukte mit moderaten Preisaufschlägen sei die Reaktion der Verbraucher "in diesem Realexperiment verhalten" ausgefallen, urteilt Ulrich Enneking, Professor für Agrarmarketing an der Universität Osnabrück. Enneking hatte die Studie konzipiert, die von der Initiative Tierwohl unterstützt und finanziell gefördert worden ist.

Die EDEKA-Regionalgesellschaft Minden-Hannover stellte für das Experiment 18 Discount-Märkte sowie die getestete Ware zur Verfügung. Der Test fand vom 15. Oktober bis 15. Dezember vergangenen Jahres statt. Verglichen wurde der Abverkauf von Selbstbedienungsware bei Bratwurst, Minutensteak und Gulasch aus Schweinefleisch der Preiseinstiegsmarke „Gut und Günstig“ und der Bio-Premiummarke „Bio Janssen“ mit einem neuen Produkt im mittleren Preissegment mit Tierwohl-Siegel.

Nach der Hälfte der Testzeit wurde die Tierwohlware mit Siegel sowie „Vor-Ort-Informationen“ in Form von Deckenhängern und Flyern zum Tierwohl neu präsentiert. Der Preis wurde in drei Stufen verändert, um die Reaktion der Kunden herauszufinden.

Der Geist ist willig...

Eine wissenschaftliche Befragung im Kassenbereich ergänzte den Verkaufstest. Dort gaben deutlich mehr Kunden an, Tierwohl-Produkte zu bevorzugen – das geringe Kaufinteresse steht also im Widerspruch zu den Ergebnissen der parallel durchgeführten Befragung.

„Wir wissen jetzt, dass die beobachtete Realität beim tatsächlichen Kaufverhalten differenzierter und komplexer ist", so Professor Enneking. "Die grundsätzliche Bereitschaft, im Test mehr Geld für solches Fleisch auszugeben, ist nur bedingt ausgeprägt.“